Nachhaltigkeit
Nachhaltig bauen und sanieren
Ratgeber / Lesedauer: 7 min

BAUEN & WOHNEN
Warum sollte ich nachhaltig sanieren oder neu bauen?
Wer nachhaltig saniert oder nachhaltig neu baut, kann nicht nur langfristig mit geringeren Energiekosten und einem höheren Immobilienwert rechnen, sondern tut auch etwas Gutes für Umwelt und Klima. Gebäude haben insgesamt einen gigantischen ökologischen Fußabdruck: Fast 40 Prozent des globalen Treibhausgasausstoßes gehen auf die Kappe von Bauen und Wohnen. Darin eingerechnet sind sowohl der Bau als auch der Betrieb (Heizen, Warmwasser, Strom) eines Gebäudes. Damit nicht genug: Bauabfälle machen mehr als die Hälfte des deutschen Müllaufkommens aus.
Nicht zu vergessen die sogenannte graue Energie. Das ist die Energie, die es braucht, um Baustoffe herzustellen und zu transportieren sowie ein Gebäude zu errichten.

Selbst Niedrigenergiehäuser, Passivhäuser oder klimaneutrale Häuser benötigen Baustoffe. Die müssen irgendwo abgebaut, verarbeitet und zu den Baustellen transportiert werden. Und schließlich trägt jedes neue Haus – sei es noch so klimafreundlich konzipiert – zum Flächenfraß und zur Bodenversiegelung bei. Es liegt also in unser aller Interesse und Verantwortung, die Schadstoff- und Umweltbelastungen zu reduzieren und den Energieverbrauch zu minimieren.
Was bedeutet nachhaltiges Bauen eigentlich?
Das Etikett „nachhaltig‟ wird inflationär auf alles geklebt, was irgendwie umweltfreundlich rüberkommen soll. Auch vor der Baubranche macht dieser Trend nicht halt. Doch was steckt wirklich hinter der Wendung „nachhaltig bauen‟?
Nachhaltiges Bauen nimmt den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes in den Blick – vom Bau über die Zeit der Nutzung bis zum Rückbau. Schon in die Planungsphase fließen ökologische Kriterien mit ein. Diese betreffen die verwendeten Baumaterialien, die Energieversorgung und schließlich die Lebensqualität der Bewohner, beispielsweise in Sachen Barrierefreiheit.
Ob Sie ein Haus sanieren oder neu bauen – nachhaltig bauen bedeutet den schonenden Einsatz von Ressourcen und berücksichtigt ökologische, wirtschaftliche und soziale Faktoren. Wenn Sie darauf achten, dass Sie natürliche Baustoffe einsetzen, die möglichst aus Ihrer Region kommen, regenerative Energien nutzen und für eine effektive Wärmedämmung sorgen, ist schon viel gewonnen! Das nützt nicht nur dem Klima, sondern auch der Wohngesundheit und der Lebensqualität der Bewohner.
Wie nachhaltig sind die gängigsten Baustoffe?
Holz
Der nachhaltigste Baustoff ist eindeutig Holz. Es bindet CO₂, ist flexibel und hat ein geringes Eigengewicht sowie eine hohe Zug- und Druckfestigkeit. Insgesamt ist der ökologische Fußabdruck vergleichsweise klein – vorausgesetzt, das Holz kommt aus der Gegend. Einziges Problem: Holz ist nicht in unendlichen Mengen vorhanden.

Stahl
Der ökologische Fußabdruck von Stahl ist immens. Für die Produktion von Stahl wird sehr viel Energie verbraucht. Stahl ist zwar theoretisch recycelbar, aber auch dieser Prozess verbraucht wiederum viel Energie.
Aluminium
Aluminium verursacht dreimal so viel CO₂ wie Stahl, hat aber den Vorteil, dass der für die Produktion notwendige Bauxit – ein aluminiumhaltiges Erz – in der Umwelt verfügbar ist. Da er im Tagebau abgebaut werden muss – teilweise auch in Regenwaldgebieten, etwa in Brasilien – ist seine Ökobilanz sehr schlecht.
Beton
Auch Beton, der aus Zement, Wasser, Sand und Kies besteht, ist extrem energieintensiv in der Herstellung. Ihn wieder zu verwerten, ist schwierig, aber in den letzten Jahren wurden diesbezüglich schon Fortschritte erzielt. Die Forschung, wie diese Materialien mit grundsätzlich hervorragenden Baueigenschaften nachhaltiger gemacht werden können, laufen auf Hochtouren.
Wie plane ich ein nachhaltiges Gebäude?
Wenn Sie klimafreundlich und nachhaltig sanieren oder neu bauen möchten, sollten Sie bereits früh Überlegungen wie diese anstellen:
- Kann ich Sonnen- und Windenergie nutzen?
- Kann ich Wärme aus der Luft oder der Erde gewinnen?
- Welche nachwachsenden regionalen Baustoffe kann ich benutzen (zum Beispiel Holz oder Kies)?
- Wie lang sind die Transportwege der Baumaterialien?
- Welche Baustoffe lassen sich recyceln oder sind recycelt zu haben?
- Wie hoch sind die CO₂-Emissionen?
- Welcher Wandaufbau (Stichwort Dämmung) ist ökologisch sinnvoll?
- Wie steht es um die Barrierefreiheit? Kann ich das Haus auch noch im Alter bewohnen?
- Wie versiegele ich so wenig Fläche wie möglich?
Welche Möglichkeiten habe ich, um nachhaltig zu sanieren oder neu zu bauen?
Sie können den Hebel an verschiedenen Stellen ansetzen. Je mehr der folgenden Tipps Sie berücksichtigen, desto besser wird die Klimabilanz Ihres Hauses.
Wenig Fläche versiegeln
Das Problem: Auf versiegelten Flächen kann das Regenwasser, das wichtig zur Grundwasserneubildung ist, nicht versickern.
Die Lösung: Einfahrt, Terrasse und Gartenwege mit wasserdurchlässigen Belägen wie Ökopflaster, Natursteinen mit Erdfugen, Rasengittersteinen oder Rindenmulch gestalten. Klimabewusste Hausbauer verzichten natürlich auf Schottergärten und Gabionen, denn diese sind ökologische Wüsten für Flora und Fauna.
Traditionelle Baustoffe verwenden
Rückbesinnung auf frühere Zeiten ist angesagt: Früher war der Transport von Baustoffen aufwendig und teuer. Daher nutzte man selbstverständlich das, was in der Gegend zu bekommen war. Heute findet man in den Baumärkten Baustoffe aus aller Welt. Aber lange Transportwege sind ausgesprochen unökologisch.

Was ist Reet und wo kommt es her?
Reet ist ein natürlicher Baustoff, der aus Schilfgras gewonnen wird. Es handelt sich um die getrockneten Halme von Schilf, die vor allem in Regionen mit feuchtem Klima verbreitet sind. Reet wird seit vielen Jahrhunderten als Dachbedeckung für Häuser verwendet und ist besonders in ländlichen Küstenregionen und Mooren zu finden.
Wenn Sie mit den typischen Materialien aus Ihrer Region arbeiten, fügen diese sich nicht nur harmonisch in die Gegend ein. Auch die lokalen Handwerksbetriebe und Wirtschaftskreisläufe profitieren davon. So wird beispielsweise Granit (für Küchenarbeitsplatten, Fußböden, Treppen) im Bayerischen Wald abgebaut, Holzschindeln zur Dacheindeckung und Fassadenverkleidung in Süddeutschland genutzt oder Reet als traditionelles Bedachungsmaterial aus getrocknetem Schilfrohr in den Küstengebieten an Nord- und Ostsee. Schiefer wird vor allem in Thüringen, im Harz und im Siegerland verarbeitet.
Ökologische Wärmedämmung anbringen
Eine hochgedämmte Gebäudehülle minimiert den Wärmeverlust und spart viel (Heiz-)Energie. Nachhaltige Dämmstoffe sind:
- Die Holzfaserdämmung gilt als sehr nachhaltig, denn sie ist regional verfügbar und hat dadurch kurze Transportwege. Die Dämm- und Schallschutzwerte sind gut. Zudem Putz lässt sich problemlos darauf anbringen. Die Herstellung von Holzfaserplatten ist jedoch mit viel Energie verbunden.
- Auch Hanf hat sehr gute Dämmwerte und ist langlebig.
- Eine Dämmung aus Jute ist sehr widerstandsfähig. Sie reguliert die Luftfeuchtigkeit und ist resistent gegen Schimmel und Schädlinge.
- Auch einer Schilfdämmung können Schimmel und Schädlinge nichts anhaben. Sie ist vergleichsweise preisgünstig, hat aber etwas schlechtere Dämmwerte als die anderen Ökodämmstoffe.
- Eine Zellulosedämmung besteht zu 90 Prozent aus Altpapier, dämmt gut, ist niedrig im Preis und eignet sich besonders gut zur Einblasdämmung.
Regenerative Energiequellen nutzen
Erdgas und Erdöl waren gestern. Die Zeichen der Zeit stehen auf erneuerbare Energien. Wenn Sie nachhaltig sanieren oder neu bauen möchten, nutzen Sie zum Heizen Erdwärme, Sonnenenergie, Solarthermie oder Photovoltaik. Luft-Wasser-Wärmepumpen, Erdwärmepumpen, Eisspeicherheizungen und Solarthermie nutzen natürliche Ressourcen und haben eine neutrale CO₂-Bilanz.
Auch Pelletheizungen stehen recht gut da – allerdings nur, wenn sie mit Feinstaubfiltern ausgestattet sind. Photovoltaik erobert zurzeit ein Dach nach dem anderen –bei den steigenden Strompreisen kein Wunder! Wer eine Solaranlage auf seinem Haus installiert, zahlt deutlich weniger für eine Kilowattstunde und ist auch noch unabhängig von den Stromversorgern. Die gute Nachricht: Die Kosten für Solaranlagen sind in der letzten Zeit spürbar gesunken.
Bauwende jetzt!
Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) ist mit rund 2.000 Mitgliedsorganisationen das größte Netzwerk Europas für nachhaltiges Bauen. Außerdem bekommen Sie Entscheidungshilfen für die nachhaltige Materialwahl an die Hand sowie einen Überblick über Baustoffalternativen.
Report der DGNB
In dem im September 2022 veröffentlichten Report „Bauprodukte im Blick der Nachhaltigkeit‟ können Sie sich im Detail informieren, wo die Bauwirtschaft aktuell steht.