Hausbau
AnzeigeLeben im Tiny House: Die emotionale Achterbahnfahrt einer Familie
Ein Beitrag von: BAUEN & WOHNEN

Vor einigen Jahren entschieden sich Michael und Hanna für einen radikalen Schritt: Ein Leben im Tiny House. Die Idee, ein kleines, selbstgebautes Zuhause in Leutkirch zu haben, klang für sie nach einer Befreiung vom Überfluss. Ihr Plan war es, gemeinsam mit ihren zwei Kindern in ein minimalistisches Leben zu starten – weniger Platz, aber auch weniger Verpflichtungen. Die Vision, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und den Alltag zu entschleunigen, trieb sie an, das Tiny House zu bauen.
Inhaltsverzeichnis
Ein Leben im Tiny House: Erfahrungen hautnah
Der Bauprozess – Ein gemeinsames Projekt mit Hindernissen
2020 ging es los. Die Bauteile wurden geliefert. Den Aufbau und Innenausbau machte Micha größtenteils selbst. Das Tiny House selbst zu bauen, stellte die Familie vor größere Herausforderungen. Michael ist Tischler und zwar handwerklich begabt, aber die neuen Platzverhältnisse waren eine Herausforderung. Die Familie zog von 114 Quadratmetern auf 38 Quadratmeter.
Jedes Detail musste durchdacht sein und jeder Quadratzentimeter sinnvoll genutzt werden.
Michael, Tiny House Besitzer aus Leutkirch im Allgäu
Es entstand ein kompaktes Zuhause, doch die körperliche und mentale Belastung des Bauprojekts brachte erste Spannungen in die Beziehung zwischen Michael und Hanna.
BAUEN & WOHNEN besuchte die Familie in Ihrem ersten Winter und wir spürten die Lust und die Euphorie auf die neue Lebensform. Ein Leben ohne Fernseher: mit viel Holzhacken, Lesen und Basteln. Die 38 Quadratmeter waren für unser Team mit zwei Kameramännern und Redakteurin inklusive Equipments aber „eine enge Kiste!“
Autarkie: Tiny House ganzjährig bewohnbar dank cleverer Lösungen
Ein wichtiger Aspekt beim Bau ihres Tiny Houses war für Michael und Hanna die Möglichkeit, das Haus ganzjährig zu bewohnen und dabei so autark wie möglich zu leben. Schon früh entschieden sie sich für die Installation einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach, die das Haus mit Strom versorgte. So konnten sie unabhängig von externen Stromquellen leben, was insbesondere in den Sommermonaten hervorragend funktionierte. Die PV-Anlage war ein Schritt in Richtung Selbstversorgung, der ihnen nicht nur Kosten sparte, sondern auch ein Gefühl der Freiheit gab.
Das Tiny House war zusätzlich mit einem innovativen Showerloop-System ausgestattet, das das Duschwasser filterte und wiederverwendete. Diese Lösung half nicht nur, Wasser zu sparen, sondern trug auch dazu bei, den ökologischen Fußabdruck der Familie zu verkleinern. Michael und Hanna wollten ein möglichst selbstständiges und nachhaltiges Leben führen, fernab von den Abhängigkeiten eines normalen Haushalts.
Ein zusätzlicher Holzofen sorgte für Wärme und das nötige Holzhacken gleich mit dazu!
Obwohl das Leben im Tiny House einige Herausforderungen mit sich brachte, besonders im Winter, gelang es der Familie dank dieser technischen Lösungen, das Haus das ganze Jahr zu bewohnen. Der Gedanke eines autarken Lebens – unabhängig von großen Versorgern und Ressourcenknappheit – war für Michael und Hanna eine große Motivation.
Der Alltag: Tiny House im Winter – Enge, Streit und kaltes Wasser
Der Alltag im Tiny House war intensiver, als das junge Paar erwartet hatte. Besonders im Winter machte sich die Enge des Hauses bemerkbar. Die Familie lebte ständig auf engem Raum, ohne Rückzugsorte. Für die Kinder war es manchmal schwierig, ihre Energie auf so wenig Platz auszuleben, und auch Michael und Hanna kämpften zunehmend mit der fehlenden Privatsphäre. Der ständige Kontakt führte oft zu Spannungen und Streitigkeiten. Der Winter verschärfte die Situation, da das Leben sich fast ausschließlich drinnen abspielte. Die Kälte machte das Tiny House zusätzlich zu einer Herausforderung: Das Wasser war stellenweise kalt, und das Heizen erforderte viel Aufmerksamkeit. Die romantische Vorstellung des Tiny House-Lebens wich schnell einer ernüchternden Realität.
Scheidung und Verlust – Das Ende einer gemeinsamen Reise
Die Spannungen, die sich im Tiny House aufbauten, wirkten sich leider auch auf das Eheleben von Michael und Hanna aus. Nach vielen Diskussionen und Streitigkeiten beschlossen sie, sich zu trennen. Die Enge des Hauses hatte sie beide belastet, und das Zusammenleben auf so kleinem Raum beschleunigte das Aus ihrer Beziehung. Eine harte Zeit für alle. Im Jahr 2024 traf Michael ein weiterer schwerer Schicksalsschlag: Hanna starb an Krebs. Die Krankheit hatte sich schnell ausgebreitet, und trotz ihrer Bemühungen konnte sie den Kampf nicht gewinnen. Für Michael und die Kinder bedeutete ihr Verlust eine tiefe Wunde. Ihr gemeinsames Leben im Tiny House, so turbulent es auch war, schien im Rückblick wie ein intensives, aber wertvolles Kapitel ihres Lebens.
Freiheit und Zeit: Traum vom eigenen Garten
Trotz aller Schwierigkeiten gab es auch schöne Momente im Tiny House. Einer davon war der kleine Garten, den Michael hegte und pflegte und Grundlage für die vegane Ernährung war. Hannas Hobby war das Nähen. Sie hatte eine Klitzekleine Nische mit Garnen, Klapptisch für die Nähmaschine und Platz für die Nähutensilien. Die Verbindung zur Natur und das Gefühl, Selbstversorger zu sein, gab vor allem Micha Zufriedenheit. Er hatte immer davon geträumt, gesunde Lebensmittel anzubauen und damit einen Beitrag zur größtenteils veganen Lebensweise zu leisten.

Michaels Fazit über das Leben im Tiny House
Mit der Zeit hat Michael auf sein Leben im Tiny House zurückgeblickt und dabei sowohl die positiven als auch die schwierigen Seiten reflektiert. Die Enge, die Streitigkeiten und der Verlust seiner Frau haben das Leben in dem kleinen Haus zu einer Herausforderung gemacht, die er so nicht erwartet hatte. Gleichzeitig erinnert er sich auch an die schönen Momente: den Garten, das einfache Leben und das Gefühl, sich von materiellen Zwängen befreit zu haben.
Sich nach einem harten Winter wieder auf den Frühling zu freuen und jeden Sonnenstrahl zu genießen ist ein intensives Gefühl.
Micha aus Leutkirch
Für die Kinder war das Tiny House ein besonderer Ort, ein Abenteuerspielplatz der trotz aller Schwierigkeiten auch ein Stück Geborgenheit bot. Micha und Hanna nahmen sich viel Zeit, für die Kinder
Fazit: Tiny House – Ein Leben voller Intensität
BAUEN & WOHNEN besucht Micha 2024 erneut. Das Leben im Tiny House war für ihn und seine Familie eine Reise voller Emotionen. Es zeigte ihnen die Schönheit eines einfachen Lebens, aber auch die Grenzen. Der Traum vom Tiny House wurde zur Herausforderung. Intensive Nähe und Glücksgefühle, die von schönen Momenten gepaart waren, verbunden mit den Entbehrungen, Streitereien bis hin zu den schweren Verlusten – haben das Leben in dem kleinen Haus geprägt.
Ich empfehle jedem einmal in einem Tiny House gelebt zu haben, um sich wirklich auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Michael Gretz
Für Michael war es ein Lebensabschnitt, der ihm viel abverlangte, aber ihn auch lehrte, das Wesentliche im Leben zu schätzen.