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Personalisierte Immuntherapie: Wie das Immunsystem Krebs gezielt bekämpft
Region / Lesedauer: 3 min

Die personalisierte Immuntherapie gilt als einer der bedeutendsten Fortschritte in der modernen Krebsmedizin. Statt starrer Therapieschemata richtet sie sich nach der Tumorbiologie, dem Immunsystem und der Lebenssituation der Patienten.
Diplom-Biologin Kornelia Aigner, Leiterin der Abteilung Tumorbiologie am Medias Klinikum in Burghausen, erklärt, wie diese individuelle Behandlung funktioniert und wer davon besonders profitieren kann.
Kurz erklärt:
Was ist personalisierte Immuntherapie?
Frau Aigner, die Immuntherapie gilt als Meilenstein in der modernen Onkologie. Was passiert dabei im Körper?
Unser Immunsystem ist grundsätzlich in der Lage, veränderte oder kranke Zellen zu erkennen und zu zerstören. Bei Krebs gelingt das jedoch nicht immer, da Tumorzellen Strategien entwickeln, um sich der Immunabwehr zu entziehen. Genau hier setzt die Immuntherapie an: Sie unterstützt das Immunsystem dabei, diese Tarnmechanismen zu überwinden und wieder aktiv gegen die Krebszellen vorzugehen.
Der entscheidende Punkt ist dabei die Individualisierung. Wir behandeln nicht nach einem Schema, sondern passen die Therapie an die biologischen Eigenschaften des Tumors und an das Immunsystem der jeweiligen Patientin oder des Patienten an.
Welche Formen der Immuntherapie gibt es?
Es existieren verschiedene Ansätze:
Monoklonale Antikörper richten sich gezielt gegen bestimmte Strukturen auf Tumorzellen. Sie blockieren Wachstumssignale, sodass sich der Tumor nicht weiter ausbreiten kann oder abstirbt.
Checkpoint-Inhibitoren setzen an den Kontrollmechanismen des Immunsystems an. Tumore nutzen diese „Bremsen“, um sich vor der Immunabwehr zu schützen. Checkpoint-Inhibitoren lösen diese Blockade, sodass das Immunsystem wieder aktiv werden kann.
Ein weiterer Ansatz ist die personalisierte Tumorimpfung. Hierbei werden individuelle Tumormerkmale aufbereitet und dem Immunsystem präsentiert, um eine gezielte Abwehrreaktion auszulösen. Viele dieser Verfahren werden aktuell in klinischen Studien weiterentwickelt und oft mit anderen Therapien kombiniert.
Wie sieht die Diagnostik vor einer Immuntherapie aus?
Die Diagnostik ist sehr umfassend. Zunächst erstellen wir mithilfe bildgebender Verfahren ein genaues Bild des Tumors. Zusätzlich analysieren wir Blut- und – wenn möglich – Gewebeproben.
Dabei untersuchen wir unter anderem:
- die Oberflächenstrukturen der Tumorzellen
- das sogenannte Tumormikromilieu
- die Art und Aktivität der beteiligten Immunzellen
Alle diese Informationen fließen in unsere Behandlungsplanung ein. In interdisziplinären Teams entscheiden wir dann gemeinsam, welche Therapieform sinnvoll ist.
Für welche Krebserkrankungen ist die personalisierte Immuntherapie geeignet?
Immuntherapien werden bei verschiedenen Tumorarten eingesetzt, unter anderem bei:
- Hautkrebs
- Brust-, Darm- und Blasenkrebs
- Eierstock- und Lungenkrebs
- Nierenkrebs
- bestimmten Lymphomen
Auch bei gynäkologischen Tumoren prüfen wir individuell, ob immuntherapeutische Strategien infrage kommen. Wichtig ist: Nicht jeder Tumor eignet sich dafür. Die Entscheidung hängt von biologischen Merkmalen, dem Allgemeinzustand und bisherigen Behandlungen ab.
Kann eine Immuntherapie mit anderen Methoden kombiniert werden?
Ja, das ist in vielen Fällen sinnvoll. Unser Ziel ist es, die biologischen Schwachstellen des Tumors gezielt anzugreifen und gleichzeitig die Belastung für die Patientinnen und Patienten möglichst gering zu halten. Oft werden Immuntherapien deshalb in Kombination mit anderen Behandlungsformen eingesetzt.
Was raten Sie Betroffenen, die sich für eine personalisierte Immuntherapie interessieren?
Ich empfehle, eine Zweitmeinung einzuholen, vorhandene Befunde mitzubringen und gezielt nachzufragen, welche Kriterien für oder gegen eine Immuntherapie sprechen. Eine fundierte Entscheidung basiert immer auf individueller Beratung und sorgfältiger Diagnostik.
🩺 Hinweis: Dieser Artikel dient der Information und ersetzt keine persönliche medizinische Beratung.