Renovierung
Denkmalpflege: Renovierung eines Bauernhauses
Ein Beitrag von: BAUEN & WOHNEN

Inhaltsverzeichnis
Denkmalpflege: Renovierung eines Bauernhauses
Bauernhaus sanieren: Der Kampf gegen den Verfall
Das Backhausareal in Neufrach, einem Stadtteil von Salem, war einst ein unscheinbares Bauensemble, bestehend aus einem Backhaus von 1837, einem Fachwerkhaus von 1811 und einem Holzschuppen. Diese Gebäude, die ursprünglich zu einem Bauernhof gehörten, standen kurz vor dem Verfall. Feuchtigkeitsschäden, Insektenbefall und marode Dächer und Wände machten eine umfangreiche Sanierung unvermeidbar.
Aufgeben kam nicht in Frage!
Christina Hopstock
Das erworbene Ensemble steht nahe ihrem Elternhaus.
Fakten zum Backhausareal Salem-Neufrach
Das Backhausareal umfasst drei historische Gebäude, deren Baujahre durch dendrochronologische Untersuchungen geschätzt wurden: Das Fachwerkgebäude, heute Vereinsheim, stammt aus dem Jahr 1811, das Backhaus aus 1839 und der Holzschuppen aus 1867. Diese zeitliche Abfolge legt nahe, dass jede Generation ein neues Gebäude errichtete.
Die Grundflächen der Gebäude betragen 52 m² (Fachwerkgebäude), 45 m² (Backhaus) und 40 m² (Holzschuppen). Die geschätzten Nutzflächen liegen bei ca. 130 m² für das Fachwerkhaus, 70 m² für das Backhaus und ebenfalls 70 m² für den Holzschuppen – ohne Berücksichtigung der Kniestockhöhe von 1,50 m.
Von 2019 bis 2021 durchlief das Areal eine umfassende Sanierungsphase, die mit 637.000 € veranschlagt wurde. Die Arbeiten wurden vom Baubüro Bruhn geplant und geleitet. Für die gelungene Kombination aus denkmalgerechter Sanierung und innovativem Nutzungskonzept wurde mit dem Denkmalschutzpreis 2024 ausgezeichnet.
Altes Haus renovieren: Probleme bei der Sanierung

2017 übernahm die Familie Hopstock das heruntergekommene Areal. Ihr Ziel: Die Gebäude sanieren und die historische Substanz erhalten. Die Herausforderung dabei war enorm. Besonders der Kamin des Backhauses stellte ein Problem dar.
Die größte Herausforderung war der Kamin. Der ursprüngliche Rauchabzug, die sogenannte Esse, stürzte während der Bauarbeiten ein.
Christina Hopstock
Mit dem Denkmalamt musste sie eine Lösung finden, um die ursprüngliche Funktion des Ofens wiederherzustellen.
Die Lösung: Der Kamin wurde versetzt, um sowohl den modernen Bauvorschriften als auch den Anforderungen des Denkmalschutzes gerecht zu werden.
Fachwerkhaus sanieren: Fachkräftemangel im historischen Handwerk
Die Sanierungsarbeiten wurden von 2019 bis 2021 in Etappen durchgeführt. Dabei wurden originale Materialien wiederverwendet.

Wir haben alte Fenster, Ziegel und Bodendielen aus anderen Gebäuden übernommen.
Christina Hopstock
Sogar die alten handgestrichenen Dachziegel wurden, wo möglich, erhalten. „Die Geschichte des Gebäudes lebt weiter – man sieht es an den Wurmlöchern in den alten Dielen.“ Auch beim Lehmputz in den Gefachen des Fachwerkhauses wurde traditionelle Technik angewendet: „Zwischen den Holzbalken wurden Weidenäste gespannt und mit Lehm beworfen“, beschreibt Hopstock.
Bei den vielen in Vergessenheit geratenen Techniken war es nicht immer leicht, den passenden Handwerker zu finden.
Christina Hopstock
Das kleine Fachwerkhaus, ursprünglich als Ausgedingehaus geplant, wurde ebenfalls umfassend renoviert. „Hier hat nie jemand gewohnt, es war eher ein Lagerraum“, so Hopstock. Um das Haus den heutigen Anforderungen gerecht zu machen, mussten Kellerwände neu aufgemauert und eine Rampe für barrierefreien Zugang installiert werden. Trotzdem blieb die historische Optik erhalten.
Was ist ein Ausgedingehaus?
Mit Ausgeding(e)haus, Auszugshaus, Austragshaus, Ausziehhaus oder Ausnahm(s)haus wird ein auf einer Hofstätte errichtetes kleineres Gebäude bezeichnet, das für die Altbauern (Altenteiler) errichtet wurde und nach der Übergabe des Hofes an die Erben jenen als Wohnstätte dient. Weitere Begriffe sind Auszügler, Nahrungshaus bzw. Korbhaus oder Stöckli, auch Ellerhaus.
Gemeinschaft: Ein Zentrum für Neufrach
Heute hat das Backhausareal eine neue Funktion: Es ist ein Zentrum für die Gemeinschaft.
Sechsmal im Jahr soll im Backhaus wieder Brot gebacken.
Christina Hopstock

Lokale Vereine nutzen das renovierte Fachwerkhaus als Versammlungsort. Aber auch Feste und kulturelle Veranstaltungen sind geplant. Die Außenbereiche wurden mit Granitpflaster der Überlingen Seepromenade nachhaltig gestaltet. „Es musste nicht alles neu sein, das gebrauchte Material hat eine tolle Haptik“, ergänzt Hopstock.
Denkmalschutzpreis 2024
Für ihren Einsatz erhielt Christina Hopstock den Denkmalschutzpreis 2024 Baden-Württembergs. Die Jury lobte sowohl die handwerkliche Qualität als auch das zukunftsweisende Nutzungskonzept.
Das Backhausareal steht heute als Symbol für gelungene Denkmalpflege, nachhaltige Sanierung und den Erhalt des kulturellen Erbes in der Bodenseeregion. Das Projekt zeigt, dass der Denkmalschutz kein Hindernis, sondern eine Chance sein kann. Mit Engagement, Kreativität und Mut lässt sich selbst ein stark sanierungsbedürftiges Ensemble in ein lebendiges Zentrum verwandeln.
Es war viel Arbeit, aber die Mühe hat sich gelohnt. Wir sind stolz auf das, was wir erreicht haben.
Christina Hopstock