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Schuhlos glücklich

Barfußlaufen im Herbst? Für viele wäre das gesund, doch es gibt Ausnahmen

Zollernalbkreis / Lesedauer: 4 min

Barfuß im Herbst ist das gesund oder riskant? Ein Mann läuft barfuß, eine Frau kehrt zu Schuhen zurück. Ärzte verraten, worauf es ankommt.
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Sie kennen solche Situationen sicherlich auch. Sie bemerken eine ungewöhnliche Situation, können diese im ersten Moment aber gar nicht realisieren. Erst beim zweiten Hinsehen, wird Ihnen klar, was sich da gerade vor Ihren Augen abgespielt hat.

So erging es dem Autor dieses Artikels erst neulich wieder. Es war ein trister Herbsttag. Von weitem näherte sich ein Jogger in durchaus ambitioniert sportlichem Tempo auf dem Trottoir. Doch irgendetwas passte nicht. Erst als der Mann schon vorbeigezischt war, kam die Erleuchtung: Er war barfuß auf dem nasskalten Asphalt unterwegs. „Cool“, war der erste Gedanke. Der zweite: „Ist das nun eher gesund oder nicht?“ Mögliche Scherben auf seinem Weg einmal außer Acht gelassen.

Ärzte, Wissenschaftler und Krankenkassen kommen generell zum Schluss, dass Barfußlaufen für die Füße, aber auch für den gesamten Körper eine Wohltat ist. Es fördert die Durchblutung und stärkt das Immunsystem. Was Laufen auf kaltem Herbstboden betrifft, da wird dann aber schon etwas differenziert. Wichtig sei, so die Experten, die Füße an die Kälte zu gewöhnen, also nicht über ein beginnendes Taubheitsgefühl in den Füßen hinaus weiterzumachen.

Auch sei es wichtig, den restlichen Körper warmzuhalten. Genau so hält es im Herbst und Winter auch der 58-jährige Matthias Bonn aus Dormettingen im Zollernalbkreis. Dicke Stulpen, die die Beine warmhalten, sind für ihn dann Pflicht, erklärte er im vergangenen Jahr in einem ausführlichen Interview mit Schwäbische.de.

Seit über 10 Jahren läuft Bonn das ganze Jahr hindurch barfuß. Begonnen hat alles mit starken Rückenschmerzen, die er sich vom Orthopäden nicht habe einfach kurzfristig „wegspritzen“ lassen wollen. Stattdessen befolgte er dessen Langfrist-Ratschlag, häufiger barfuß zu laufen. Aus dem häufiger wurde bei Bonn immer. Inzwischen sind seine Rückenschmerzen nach eigenen Angaben fast weg.

Ein bisschen Spaß muss sein: Matthias Bonn ist stolz darauf, rund um die Uhr barfuß zu sein.
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Ein bisschen Spaß muss sein: Matthias Bonn ist stolz darauf, rund um die Uhr barfuß zu sein. (Foto: Privat)

Das heißt jetzt natürlich nicht, dass alle, die mehr barfüßig durch den Alltag gehen wollen, dies auch so exzessiv tun müssen. Jeder neue Barfüßler wird selber merken, wie viel Schuhlosigkeit ihm guttut und ab wann dann besser doch Schuhe getragen werden.

Der Verein „Grünes Kreuz“ ist ebenfalls von der vielfältig gesundheitlichen Bedeutung des Barfußlaufens überzeugt. Schränkt dies, wie Ärzte auch, jedoch für an Diabetes Erkrankte ein. „Barfußlaufen kann manchen Patienten mit Diabetes mellitus guttun“, heißt es beim „Grünen Kreuz“. Das Laufen ohne Schuhwerk trainiere die Sensibilität der Füße und fördere die Durchblutung. „Patienten sollten jedoch vorher Rat einholen, beispielsweise bei einer Diabetesberaterin, beim Arzt oder in einer Diabetes-Schulung.“

Besonders wichtig für Diabetiker: Sie sollten für das Barfußlaufen Strecken wählen, die keine Verletzungsgefahr bergen. Apropos Verletzungsgefahr. Laut „Grünem Kreuz“ sollen Diabetiker mit Neuropathie „wegen der gestörten Reizwahrnehmung auf keinen Fall barfuß gehen“. Und wenn doch, dann sei  nach dem Ausflug sorgfältiges Reinigen der Füße und eine Inspektion auf kleine Wunden nötig, um Infektionen vorzubeugen.

Ich habe für mich die Lösung der Minimalschuhe gefunden,mit denen ich das ganze Jahr unterwegs bin.

Karola Warsinky, ehemalige Ganzjahres-Barfußläuferin

Beim Barfußlaufen auch im Herbst und Winter hat Karola Warsinky aus Albstadt vor geraumer Zeit einen – im übertragenen Sinn – Schritt zurück gemacht hat. Vor 11 Jahren sorgte sie regional als „Frau Barfuß“ für Schlagzeilen, weil sie damals schon tat, was Matthias Bonn heute tut. Ganzjährig auf Schuhe zu verzichten.

„Nein, ich laufe nicht mehr ganzjährig barfuß“, antwortet sie auf eine aktuelle Nachfrage von Schwäbische.de. Denn zum einen bekomme sie sehr schnell kalte Füße, was sich auch durch das permanente Barfußlaufen nicht gebessert habe. „Zum anderen ist es leider so, dass auf unseren Straßen und Gehwegen doch sehr oft Glassplitter liegen, die man nicht sieht und die sich in den Fuß reinbohren.“ Sie wisse nicht mehr, wie oft sie sich solche Scherben aus den Füßen habe „operieren“ müssen. „Das hat massiv genervt“, sagt sie.

Zwar sei sie auch viel im Wald unterwegs. „Doch unsere Wälder sind voll von Schotterwegen, an die ich mich barfüßig nie gewöhnen konnte.“ Je kälter es sei, desto schmerzhafter sei das Laufen auf Schotter für sie gewesen.

Was also tun? „Ich habe für mich die Lösung der Minimalschuhe gefunden, mit denen ich das ganze Jahr unterwegs bin.“ Dies seien Sockenschuhe, Barfußschuhe oder eben alles, was sie finden kann, was minimalistisch ist. „Also Fußschutz mit null Absatz und Bewegungsfreiheit für die Füße und guten Kontakt zum Boden.“ Der Markt biete heutzutage eine „ganz gute Auswahl im Gegensatz zu den Zeiten, als ich mit dem Barfußlaufen begonnen habe“, freut sich die ehemalige „Frau Barfuß“.