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Pollenallergie bei Kindern

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Wenn der Frühling zur Qual wird - Was Eltern gegen Pollenallergien bei Kindern tun können

Ein Beitrag von: Aktiv Magazin

Frühling – für viele Kinder und auch Jugendliche die schönste Zeit des Jahres. Sie toben draußen, fahren Fahrrad mit Freunden und genießen die Sonne. Doch für immer mehr von ihnen wird diese unbeschwerte Zeit durch juckende Augen, Niesanfälle und Atemnot gestört. Pollenallergien betreffen zunehmend auch junge Menschen. Was steckt dahinter, wie können Eltern helfen, und welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es? Wir haben Dr. med. Thomas Spindler um Rat gefragt.
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Inhaltsverzeichnis

Wenn der Frühling zur Qual wird - Was Eltern gegen Pollenallergien bei ihren Kindern tun können

  • Ab wann können Kinder eine Pollenallergie entwickeln?
  • Also ist eine Pollenallergie vererbbar?
  • Wie unterscheiden Eltern Heuschnupfen von einer Erkältung?
  • Warum sollte man eine Pollenallergie nicht auf die leichte Schulter nehmen?
  • Was passiert, wenn ein Kind mit Verdacht auf Pollenallergie zum Arzt kommt?
  • Behandlungsmöglichkeiten: Von Antihistaminika bis zur Hyposensibilisierung
  • Ein langer Weg – aber es lohnt sich!
  • Wie gehen Jugendliche mit ihrer Pollenallergie um?
  • Sport und draußen sein. Geht das auch mit Pollenallergie?
  • Tipps für zu Hause
  • Kann man einer Allergie vorbeugen?
  • Hilfreiche Apps für Pollenallergiker
  • Ab wann können Kinder eine Pollenallergie entwickeln?

    „Das ist eine der häufigsten Fragen, die mir Eltern stellen“, sagt Dr. Spindler. „Viele denken, dass Pollenallergien erst in der Schulzeit auftreten. Doch tatsächlich können Kinder schon im Kleinkindalter Symptome entwickeln – zwar eher selten unter zwei Jahren, aber auch das ist nicht ausgeschlossen. Meistens zeigt sich die Allergie zwischen dem dritten und sechsten Lebensjahr.

    Die ersten Anzeichen sind häufig unauffällig: Ein leichtes Niesen im Frühling, juckende Augen oder eine verstopfte Nase. Doch was Eltern oft nicht wissen: Wer selbst von einer Allergie betroffen ist, hat eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Kind auch eine entwickelt – vor allem, wenn beide Eltern betroffen sind. „Bei einem allergischen Elternteil liegt das Risiko für das Kind bei etwa 25 Prozent. Haben beide Eltern eine Allergie, steigt das Risiko auf bis zu 70 Prozent“, erklärt Dr. Spindler.

    Dr. med. Thomas Spindler, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Allergologe und Lungenfacharzt am Medizinischen Versorgungszentrum des Klinikums Friedrichshafen
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    Dr. med. Thomas Spindler, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Allergologe und Lungenfacharzt am Medizinischen Versorgungszentrum des Klinikums Friedrichshafen (Foto: Schwäbische)

    Also ist eine Pollenallergie vererbbar?

    „Ganz genau“, bestätigt der Arzt. „Die Veranlagung zu Allergien wird vererbt. Aber das bedeutet nicht, dass jedes Kind zwangsläufig eine Allergie entwickeln muss. Es gibt immer noch eine Chance, dass es ‚verschont‛ bleibt. Aber die Wahrscheinlichkeit ist eben höher.“

    Wahrscheinlichkeit für Allergien bei Kindern
    Kinder

    Wahrscheinlichkeit für Allergien bei Kindern

    Dr. Spindler empfiehlt, bei kleinen Kindern frühzeitig auf Allergiesymptome zu achten, insbesondere wenn bereits familiäre Vorbelastungen bestehen. Wenn mehrere dieser Risikofaktoren zutreffen, kann das Kind mit einer Wahrscheinlichkeit von 80 bis 90 % Asthma entwickeln.

    • 1 allergisches Elternteil: Risiko für das Kind liegt bei ca. 25 %
    • Geschwisterkind mit Allergie: Risiko steigt auf ca. 40 %
    • Beide Eltern allergisch: Risiko für das Kind beträgt ca. 50 %
    • Beide Eltern mit gleicher allergischer Erkrankung (z.B. Asthma oder Neurodermitis): Risiko steigt auf ca. 70 %

    Wie unterscheiden Eltern Heuschnupfen von einer Erkältung?

    „Das ist tatsächlich eine der häufigsten Verwechslungen“, sagt Dr. Spindler. „Heuschnupfen und eine Erkältung haben viele ähnliche Symptome: laufende Nase, Niesen, und Husten. Aber es gibt einen entscheidenden Unterschied: Bei einer Allergie gibt es kein Fieber, und die Symptome halten oft viel länger an – manchmal mehrere Wochen. Allergiesymptome treten zudem zu bestimmten Tageszeiten oder nach Kontakt mit Pollen auf. Wenn das Kind draußen spielt und danach ständig niesen muss oder juckende Augen hat, ist das ein klares Zeichen.“

    „Ein weiteres wichtiges Signal“, so Dr. Spindler, „ist, wenn die Symptome immer wieder zu einer bestimmten Jahreszeit auftreten. Besonders im Frühling, aber auch im Sommer wenn Gräser ihre Pollen verbreiten. Auch Schlafstörungen durch eine verstopfte Nase oder Atemprobleme können Symptome einer Allergie sein.“

    Warum sollte man eine Pollenallergie nicht auf die leichte Schulter nehmen?

    „Viele Eltern denken, Heuschnupfen sei lästig, aber nicht gefährlich“, erklärt der Arzt. „Doch unbehandelt kann eine Allergie langfristige Folgen haben.“ Der Körper reagiert immer wieder auf die Pollen, was zu Entzündungen in den Atemwegen führt – ein sogenannter Etagenwechsel: „Die Entzündung wandert von den oberen Atemwegen in die Bronchien und kann so zu allergischem Asthma führen. Das ist nicht nur unangenehm, sondern kann auch zu einer dauerhaften Schädigung der Lunge führen.“

    Was passiert, wenn ein Kind mit Beschwerden und Verdacht auf Pollenallergie zum Arzt kommt?

    „Zuerst müssen wir sicherstellen, dass es sich wirklich um eine Allergie handelt. Zuerst muss die Anamnese passen. Dann gibt verschiedene Tests wie den Prick-Test, bei dem kleine Mengen des Allergens auf die Haut aufgetragen werden. Wenn Quaddeln entstehen und es zur Anemnese passt, wissen wir, dass eine Allergie vorliegt. Auch ein Bluttest kann Aufschluss darüber geben, ob das Immunsystem auf bestimmte Pollen reagiert.“

    Behandlungsmöglichkeiten bei Kindern: Von Antihistaminika bis zur Hyposensibilisierung

    Hat sich der Verdacht bestätigt, beginnen die Gespräche mit den Eltern über die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten. „In den meisten Fällen werden Antihistaminika eingesetzt, also Medikamente, die die allergischen Reaktionen dämpfen. Diese können Spray ,Tropfen oder auch als Saft bzw. Tabletten gegeben werden. In schwereren Fällen kommen auch Kortison haltige Nasensprays zum Einsatz. Und eine sehr effektive Methode ist die Hyposensibilisierung“, erklärt Dr. Spindler.

    „Das Prinzip dieser Therapie ist einfach“, so der Experte. „Der Körper wird über einen Zeitraum von drei Jahren schrittweise an das Allergen gewöhnt – durch regelmäßige kleine Dosen, entweder als Tablette oder als Spritze. So wird das Immunsystem trainiert, weniger heftig auf das Allergen zu reagieren. Tatsächlich berichten viele Kinder, dass sie nach dieser Therapie nahezu keine Symptome mehr haben oder sogar ganz geheilt sind.“

    Ein langer Weg – aber es lohnt sich!

    Drei Jahre Therapie hören sich erstmal lang an, aber das Ergebnis ist oft sehr gut. Man muss den Kindern auch klar machen, dass es sich lohnt. Sie sind dann nicht nur in der Pollensaison, sondern auch im Rest ihres Lebens deutlich beschwerdefreier und entwickeln weniger neue Allergien“, erklärt der Arzt. „Die Hyposensibilisierung erfordert allerdings Disziplin. Es ist eine Therapie, die nicht jeder durchhält – deshalb nehme ich nur Kinder und Jugendliche zur Behandlung, von denen ich mir sicher bin, dass sie auch wirklich dabei bleiben.“

    Und was ist mit Jugendlichen? Wie gehen sie mit ihrer Pollenallergie um?

    „Das ist oft eine schwierige Phase“, sagt Dr. Spindler. „Jugendliche wollen nicht als ‚krank‛ wahrgenommen werden und neigen dazu, ihre Symptome herunterzuspielen. Viele ignorieren ihre Medikamente oder halten sich nicht an die Behandlung, was bei intensiven Pollenbelastungen riskant sein kann. Das führt dann nicht nur zu stärkeren Symptomen, sondern auch zu langfristigen Folgen.“

    Doch es gibt auch positive Aspekte: „Jugendliche haben einen ausgeprägten Sinn für Selbstregulation“, erklärt der Arzt. „Sie versuchen, die Symptome zu unterdrücken – aber das funktioniert nur bis zu einem gewissen Punkt. Und dann kommt es darauf an, wie man ihnen die Behandlung nahebringt. Es hilft wenig, wenn man ihnen einfach sagt, dass es ihnen irgendwann besser gehen wird. Das ist wie bei der Warnung vor den Langzeitfolgen des Rauchens – da blenden sie die Gefahr einfach aus.“

    Viel erfolgreicher ist es, den Jugendlichen zu vermitteln, dass sie mit der richtigen Behandlung sofort wieder ein aktives Leben führen können. „Wenn man ihnen klar macht, dass sie mit der richtigen Therapie auch unbeschwert Sport treiben, mit Freunden draußen sein und am Leben teilnehmen können, ohne sich ständig eingeschränkt zu fühlen, werden sie eher bereit sein, die Behandlung durchzuziehen“, erklärt Dr. Spindler. „Dann haben sie das Gefühl, dass sie die Kontrolle über ihre Allergie haben und nicht umgekehrt.“

    Sport und draußen sein. Geht das auch mit Pollenallergie?

    „Unbedingt!“, stellt der Arzt fest. „Keiner sollte auf Sport verzichten – auch für Kinder mit Pollenallergie ist das wichtig. Es ist für sie auch kein Problem, draußen aktiv zu sein, solange man auf den Pollenflug achtet – da gibt es zum Beispiel ganz hilfreiche Apps. An Tagen mit besonders hohem Pollenflug empfiehlt es sich, sportliche Aktivitäten nach drinnen zu verlegen oder die frühen Morgenstunden beziehungsweise den Abend zu nutzen, wenn der Pollenflug niedriger ist. Mit der richtigen Therapie und ein paar einfachen Schutzmaßnahmen steht dem Sport nichts im Weg.“

    Tipps für zu Hause

    „Auch zu Hause können Eltern einiges tun, um die Pollenlast zu verringern“, so der Experte. „Die Fenster sollten vor allem morgens geschlossen bleiben, da der Pollenflug dann am stärksten ist. Nach dem Spielen draußen sollten die Kinder ihre Kleidung wechseln und sich die Haare waschen, um Pollen zu entfernen. Staubsaugen mit speziellen Allergiker-Staubsaugern und das regelmäßige Stoßlüften kann ebenfalls helfen.“

    Kann man einer Allergie vorbeugen?

    „Das ist leider nicht immer möglich“, gibt Dr. Spindler zu und ergänzt: „Da gibt es nur einen humorvollen ‚Lösungsansatz‛: Wenn man es wirklich verhindern möchte, könnte man sich Eltern ohne Allergien suchen – aber das ist natürlich eine schwierige Aufgabe!“ (lacht) „Aber eine gesunde Lebensweise wie viel frische Luft, Bewegung, eine ausgewogene Ernährung – und besonders das Stillen in den ersten drei Monaten – sind natürlich trotzdem gut, auch wenn sie nicht direkt gegen Allergien vorbeugen. In der Kommission für die Nationalen Versorgungsleitlinien zum Thema Asthma bronchiale (NVL) empfehlen wir zudem, dass Kinder möglichst nicht in einer sterilen Umgebung aufwachsen, was das Risiko einer Allergie verringern kann. Besonders bei Kindern, deren Eltern Allergien haben, sollte man frühzeitig Symptome beobachten und die Allergie schnell diagnostizieren, um frühzeitig gegensteuern zu können. Und hier gilt: Wenn Eltern den Verdacht haben, dass ihr Kind an einer Allergie leidet, sollten sie unbedingt einen Facharzt aufsuchen, um die richtige Diagnose und die bestmögliche Behandlung zu erhalten.“

    Hilfreiche Apps für Pollenallergiker
    Tipp

    Hilfreiche Apps für Pollenallergiker

    Pollenflug-Vorhersage-Apps sind für Allergiker besonders nützlich, um die Pollenkonzentration in der Luft zu überwachen und den besten Zeitpunkt für Outdoor-Aktivitäten zu wählen. Einige empfehlenswerte Apps:

    • Pollenflug - Pollen und Wetter (iOS & Android): Bietet detaillierte Informationen zu Pollenflug und Wetter in Echtzeit und unterstützt bei der Planung von Aktivitäten
    • Biowetter (iOS & Android): Zeigt das aktuelle Pollen- und Biowetter und informiert über Allergieauslöser sowie individuelle Belastung
    • AllergiePilot (iOS & Android): Eine App, die personalisierte Pollenflugvorhersagen liefert und Allergie-Risiken in der Region vorhersagt
    • The Pollen App: Ermöglicht das Verfolgen spezifischer Pollenarten und gibt Informationen zu Pollenzirkulation sowie täglichen Vorhersagen
    • Pollertex - Pollenflugprognose: Bietet präzise regionale Pollenflugvorhersagen, um Pollenquellen gezielt zu meiden