Gartenbrause
Brausen aus dem Automaten: Bei Gardena entstehen Geräte für Hobbygärtner
Ulm / Lesedauer: 7 min

Im Urlaub möchten die meisten möglichst wenig mit ihrem Arbeitgeber zu tun haben. Nicht so Jürgen Bosch, Produktionsmeister beim Ulmer Gartengerätehersteller Gardena . Wenn der 49-Jährige demnächst in den Urlaub geht, nimmt er sich die Zeit, um sich mit seinem ganz persönlichen Gardena-Projekt zu befassen.
Bosch will zuhause in seinem Garten eine Bewässerungspipeline verlegen, eine Leitung, die sich unter dem Rasen durch den ganzen Garten windet, „damit ich in jeder Ecke des Grundstücks auf Wasser zurückgreifen kann“, sagt der Gartenliebhaber. Er will die Pipeline dann später an ein smartes Steuerungssystem koppeln, damit ein angeschlossener Rasensprenger die Beete automatisch wässert, gut dosiert je nach Tageszeit oder Trockenheit. „Das lässt sich wunderbar steuern“, sagt er.

Bosch spricht so begeistert von den Möglichkeiten der Gardena-Produkte. Man könnte fast meinen, er gehört zum Marketing-Team des Unternehmens. Dabei ist es die Technik, die den geprüften Metall-Industriemeister fasziniert und ihn vor dreieinhalb Jahren zu Gardena nach Ulm brachte. Hier ist er zum einen für die Personaleinteilung zuständig und zum anderen dafür, dass die Maschinen ordentlich laufen.
Ulm zuständig für alle Bewässerungsprodukte
Am Hauptsitz in Ulm des 1961 von den Kaufleuten Werner Kress und Eberhard Kastner gegründeten Unternehmens werden vor allem Bewässerungsprodukte hergestellt, also Rasensprenger, Gartenspritzen und -brausen oder eben Pipelines, wie sie Jürgen Bosch einbauen will. Auch das Schlauchstecksystem, das die Marke berühmt machte, wird hier gefertigt.
Rund 350 Mitarbeiter und noch einmal bis zu 100 Saisonkräfte schaffen in der Ulmer Fertigung. In diesen Tagen herrscht Hochbetrieb. „Wir arbeiten aufgeteilt in Frühschicht, Spätschicht und Nachtschicht“, erklärt Bosch. Denn im Sommer, wenn die Menschen gerne ihre schönen Gärten herzeigen wollen, sind die Bewässerungsgeräte besonders begehrt. Baumärkte, Gartencenter oder Elektronikgeschäfte bestellen ständig neue Ware.
Roboter setzen die Gartenrbausen zusammen
Die Produktion in Ulm läuft größtenteils vollautomatisch, teilweise halbautomatisch. Gut lässt sich das bei der Herstellung der Gartenbrausen beobachten. Die für die Brause benötigten einzelnen Kunststoffteile werden im Spritzgußverfahren im Gardena-Werk Heuchlingen hergestellt und dann nach Ulm geschickt.
Schritt für Schritt stecken und kleben mit Druckluft betriebene Roboterarme hier die Griffe für die Brausen zusammen, mit denen der Gärtner am Ende die Wasserzufuhr reguliert. In der Produktionshalle hört man immer wieder das regelmäßige dumpfe Pfeifen der Druckluft. Anhand von Lasermarkierungen erkennen die Roboter, welche Bewegung sie wie ausführen müssen.

Das Werk in Ulm hat eine eigene Abteilung für den Bau dieser automatischen Fertigungsanlagen. Nur wenige Meter von der Produktionsshalle entfernt werden sie in Zusammenarbeit mit externen Partnern entwickelt, gebaut und gewartet.
Haben die Roboter die Handgriffe der Brausen vollständig zusammengesetzt, machen Mitarbeiterinnen wie Sultan Tasdemir weiter. Bei Gardena arbeiten vor allem Frauen, weil es viele Teilzeitstellen zu besetzen gibt. Die Mitarbeiterinnen kennen sich teilweise seit vielen Jahren. Die Schichten, die sie schieben, haben sie zusammengeschweißt. Das spürt man.
Seit mehr als 30 Jahren bei Gardena
Tasdemir, 50 Jahre alt, arbeitet bereits seit 1990 in dem Ulmer Werk. Ihre Aufgabe ist es an diesem Tag, die fertigen Handgriffe der Gartenbrause auf einen Schlitten zu stecken, der auf Schienen durch die Produktionsanlage fährt. Ebenso setzt sie ein Plastikgehäuse für den Kopf der Gartenbrause auf den Schlitten und schickt ihn entlang der Schiene eine Station weiter.
Dort übernimmt dann wieder eine Maschine. Hier wird der Brausekopf mit einer Rotationsbewegung auf das Gewinde des Handgriffs gedrückt. So entsteht die fertige Gartenbrause, die am Ende in den Gardena-typischen Farben grau, orange und türkis strahlt: Grau für die Basiskomponenten, Orange für die beweglichen Teile, und Türkis für die Markenidentität. Ein klar definiertes Design mit Wiedererkennungswert war schon den Gründern wichtig und wird bis heute beibehalten.

Während der Griff einer Gartenbrause vollautomatisch gebaut werden kann, weil er immer gleich ist, gibt es die Brausenköpfe in den unterschiedlichsten Varianten – mal für den harten Wasserstrahl, mal für den sanfteren. Sie werden deswegen von den Mitarbeitern immer individuell nach aktueller Auftragslage ausgewählt – und dann auch von Hand aufgeschraubt. Das Personal erledigt bei Gardena also diejenigen Aufgaben, bei denen Flexibilität wichtig ist. Die Roboter sind für die standardisierten Module zuständig.
Zusammenspiel von Mensch und Maschine
Durch dieses Zusammenspiel von Mensch und Maschine, erzählt Tasdemir, seien die Arbeitsschritte heutzutage deutlich einfacher als früher. Früher mussten sie und ihre Kolleginnen die Dinge noch selbst passgenau kleben, drehen und stecken. Heute machen dies eben die Maschinen.
Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müsse Gardena permanent den Automatisierungsgrad erhöhen, sagt Wolfgang Engelhardt, Mitglied der Gardena-Geschäftsführung. Die Produktion müsse immer schlanker, mit immer weniger Zeitverlust funktionieren.

„Sonst gleichen wir die Lohnkostennachteile gegenüber asiatischen Ländern nicht aus.“ Auch in Ulm soll die Produktion in nächster Zeit noch stärker automatisiert werden.
„Projekt Mars“ nennt das Management das Vorhaben, bei dem jede Maschine in der Fertigung mit einem Prozessrechner verbunden werden soll, der Alarm schlägt bei technischen Problemen, der registriert, wenn Ersatzteile nachbestellt werden müssen und der den exakten Output jeder Maschine erfasst.
Das Personal, dessen Kapazitäten wegen der Automatisierung frei geworden sind, könne man stattdessen flexibler in anderen Bereichen einsetzen, sagt Engelhardt. Denn die Aufgaben bei Gardena werden gleichzeitig nicht weniger. Über 1000 Produkte führt das Unternehmen mittlerweile im Sortiment.
Schlauchstecksystem aus recyceltem Kunststoff
Neben neuen Geräten, wie autonom fahrenden Mährobotern, optimiert Gardena bis heute weiterhin die Produkte der ersten Stunde. Das Schlauchverbindungssystem etwa, das die Gardena-Gründer Werner Kress und Eberhard Kastner zusammen mit einem Ingenieur in den 1960er-Jahren entwickelten, und das jedem Gartenbesitzer ein Begriff sein dürfte, unterliegt ständiger Weiterentwicklung.
Das System war damals eine Erleichterung, weil es erlaubte, den Schlauch mit dem Wasserhahn mit nur einem Klick zu verbinden. Heute ist die Funktion zwar dieselbe, aber mittlerweile verwendet Gardena für das Schlauchstecksystem recycelten Kunststoff, am Verbinder zwischen Schlauch und Wasserhahn sind jetzt Applikationen angebracht, damit das System beim Gärtnern noch rutschfester bedient werden kann.
Mähroboter per App losschicken
Neben der Optimierung arbeitet das Unternehmen heute auch beständig an der Digitalisierung des Gartens. So lassen sich Gardena-Mähroboter mittlerweile mithilfe einer App auf dem Smartphone bedienen. Der Nutzer kann hier die Rasengröße, die gewünschten Mähtage und die beabsichtigte Startzeit einstellen.
Automatisierte Bewässerungssysteme, wie das, das sich Mitarbeiter Jürgen Bosch in seinen Garten einbauen will, seien mittlerweile bei neu angelegten Gärten eigentlich schon Standard, sagt Engelhardt. Und längst versorgt Gardena nicht mehr nur die Gärten des Heimatlandes, sondern weit darüber hinaus: die in den USA, in Australien oder auch in Asien.
Gartenträume werden bei Gardena also mittlerweile in großem Stil gedacht, vollautomatisiert – so wie auch Produktionsmeister Jürgen Bosch sein ganz persönliches Gartenprojekt angeht. Er freut sich darauf, im Urlaub sein 600 Quadratmeter Grundstück umzugraben.