Mineralwasser
Schatz aus dem Fels: Wie bei Krumbacher Mineralwasser in die Flasche kommt
Kißlegg / Lesedauer: 7 min

Braun-beige Fliesen im Stile der 70er-Jahre auf dem Boden. An der Wand das Gleiche, allerdings in sterilem Weiß. In der Mitte des Raums ein glänzender Edelstahlzylinder, der mit einem gut acht Zentimeter dicken Rohr verschraubt ist.
Nüchterner könnte der Ort, an dem das wichtigste Produkt des Mineralwasserherstellers Krumbach aus den Tiefen des Allgäuer Felsgesteins zuerst an die Oberfläche kommt, kaum gehalten sein.
Jährlich mehr als 90 Millionen Liter an Getränken
Alexander Diehm dreht einen einfachen Wasserhahn an der aus dem Boden kommenden Rohranlage auf und füllt einen Plastikbecher mit klarem, acht Grad Celsius kalten Wasser. „So schmeckt unser Wasser, am Anfang ein wenig so, als ob man sich auf die Zunge gebissen hat, der Blutgeschmack liegt am im Wasser gelösten Eisen“, erläutert der Betriebsleiter des Getränkeherstellers mit Blick auf sein Produkt.
Später, wenn das Wasser in Flaschen abgefüllt und mit dem Krumbach-Etikett, das ein markantes Alpenpanorama zeigt, in den Märkten steht, ist davon nichts mehr wahrzunehmen. Krumbach ist die wichtigste Marke des Unternehmens aus Kisslegg, das jährlich mehr als 90 Millionen Liter an Getränken produziert und zur saarländischen Karlsberg-Gruppe gehört.
Alexander Diehm, BetriebsleiterWenn das Wasser bei uns ankommt, ist es zwischen 40 und 70 Jahre alt.
Der Hahn, aus dem der 53-Jährige sein Wasser genommen hat, führt zu einem von acht Bohrlöchern, mit denen der Getränkehersteller die Krumbach-Quelle anzapft. „Aus dem Allgäu “ heißt der Slogan, den das Unternehmen für seine Werbung nutzt. Dabei ist das Wasser, das die Pumpen aus einer Tiefe von bis zu 100 Metern an die Oberfläche pumpen, kein Allgäuer, sondern eigentlich oberschwäbisches Wasser.
Es entstammt einem unterirdischen Fluss. „Der Wasserleiter fließt aus Richtung Biberach hin zu den Bergen“, erklärt Diehm. „Wenn das Wasser bei uns ankommt, ist es zwischen 40 und 70 Jahre alt.“ Seit den 1930er-Jahren gibt es die Krumbach-Quelle, aber bereits im 18. Jahrhundert hat ein Apotheker am heutigen Standort der Krumbacher Mineralbrunnen Wasser in Tonkrüge abgefüllt und an die Fürstenhäuser verkauft, wie der Betriebsleiter erzählt.

In Tonkrügen verkauft das Unternehmen sein Wasser nicht, sondern in Glas- oder in Plastikflaschen aus Polyethylenterephthalat (PET). Viel passiert nicht zwischen dem Hochpumpen und dem Abfüllen des Wassers, schließlich gehört Mineralwasser zu den am strengsten regulierten Lebensmitteln: Nur Schwefel und Eisen dürfen ihm entzogen, Kohlensäure darf zugesetzt werden, ansonsten muss das Wasser so in die Flaschen gefüllt werden, wie es aus dem Erdboden kommt.
„Wir dürfen das Wasser weder mikrobiologisch noch chemisch-technisch verändern“, erklärt Diehm. Schwefel komme in Krumbach nicht vor, das Eisen werde ausgeschieden, indem sterile Luft in das Wasser geblasen werde, „danach rostet das Eisen und verklumpt, und wir können es über Kies- und Sandfilter herausfiltern.“

Wenn der Getränkeexperte die Prozesse erklärt, die hinter einer Mineralwasserproduktion stehen, wirken die Erläuterungen so fundiert, wie der von der Ostalb stammende Schwabe zurückhaltend ist. Er wägt seine Worte genau und lächelt erst einmal, wenn er einen Augenblick überlegen muss.
„Die Kohlensäure bekommen wir mit einer Sinterkerze ins Wasser. Das ist ein Metallkopf, der gasdurchlässig ist und vom Wasser umströmt wird“, erklärt Diehm. „Jedes Gas kann man in Flüssigkeit binden in Abhängigkeit von Druck und Temperatur.“
Nicht zuletzt wegen dieses Wissens um karbonisierte – also mit Kohlensäure versetzte – Getränke ist Alexander Diehm, der neben seinem Posten als Betriebsleiter auch der Geschäftsleitung angehört, 2002 bei Krumbacher gelandet. Sein eigentliches Metier war zwar auch die Herstellung von Getränken, die waren aber meist goldgelb und alkoholisch.
Alexander Diehm hat Bierbrauer gelernt, in Weihenstephan Brauereiwesen studiert, war Braumeister bei Ruhland Bräu in Niederrieden bei Memmingen, bevor er im kanadischen Calgary eine Brauerei aufgebaut hat. „In der Getränkeindustrie kommen die meisten aus dem Bierbereich, weil die Leute sich mit karbonisierten Getränken am besten auskennen“, sagt Diehm.
Bohrloch reicht 760 Meter in die Tiefe
„Lebensmitteltechniker haben meist wenig mit Flüssigkeiten zu tun.“ Über den Job eines Produktionsleiters bei Coca-Cola und dem Posten als Technikchef bei einer Malzfabrik ist Diehm dann ins Allgäu gekommen. Und die alte Liebe zur Braukunst? Warum der Wechsel vom Bier zum Wasser? „Ich bin ja den Zwischenschritt über Coca-Cola gegangen“, sagt er lachend.
Bei den Mineralbrunnen Krumbach verantwortet der frühere Bierbrauer die ganze Produktion und die verschiedenen Brunnen, zu denen neben den acht Krumbach-Quellen auch die Allgäu-Quelle gehört. Dieses Bohrloch reicht 760 Meter in die Tiefe, und das Wasser, das Alexander Diehm und seine 120 Kollegen nach oben pumpen, ist Eiszeitwasser, das sich vor rund 3,2 Millionen Jahren in der Tiefe eingelagert hat.
„Bei allen unseren Wassern haben wir eine ausgewogene Mineralisierung“, sagt der Betriebsleiter. Das Krumbach-Wasser bietet das Unternehmen mit viel, mit wenig und ohne Kohlensäure an, die Allgäu-Quelle gibt es nur in Classic und Medium.
„Ohne Kohlensäure hat die Krumbach-Quelle einen ph-Wert von 7,3 – also nicht sauer, sondern alkalisch“, sagt Diehm. „Das hilft natürlich gut, wenn man bei einem Kater einen sauren Magen hat.“
Neben Mineralwasser stellen die Mineralquellen Krumbach Limonaden, Saftschorlen und leichte Schorlen her. „Die Saftschorlen haben einen Fruchtgehalt von 50 Prozent, die leichten Schorlen einen Fruchtgehalt von sechs Prozent“, erläutert Diehm.
Grundlage ist jeweils Mineralwasser aus den Krumbach-Quellen, die mit Sirup oder Saft gemischt und dann mit Kohlensäure versetzt werden. Im Jahr 2021 hat das Unternehmen 121 Millionen Flaschen in verschiedenen Größen abgefüllt, das entspricht 90,4 Millionen Liter an Getränken.
Mineralwasser ist das beliebteste Getränk in Deutschland
Insgesamt haben die Deutschen im vergangenen Jahr rund 9,4 Milliarden Liter Mineralwasser getrunken, der Absatz ist allerdings in 2020 und 2021 gesunken – zuletzt um 5,9 Prozent. „Durch die Lockdowns, die die Schließung der Gastronomie und die Homeoffice-Pflicht zur Folge hatten, hat sich die Branche negativ entwickelt“, sagt der Chef der Mineralbrunnen Krumbach, Andreas Gaupp .
Nach wie vor sei Mineralwasser aber das beliebteste Getränk in Deutschland – der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch 2021 liege bei 123 Litern.
Andreas Gaupp, Chef der Mineralbrunnen KrumbachWir sind glücklich, mit Krumbach eine der führenden Mineralwassermarken in Baden-Württemberg und Bayern zu haben.
Die Beliebtheit erklärt sich Gaupp mit dem speziellen Entstehungsprozess. „Mineralwasser stammt aus geschützten natürlichen Wasservorkommen tief in der Erde“, erläutert der Krumbach-Chef. „Auf seinem Weg durch die Erdschichten und Gesteine wird Regenwasser gefiltert und auf natürliche Weise gereinigt – so entsteht natürliches Mineralwasser, das ursprünglich rein und direkt ab der Quelle trinkbar ist.“
Die Aura der Ursprünglichkeit und deren gesetzlicher Schutz – die amtliche Wasserordnung regelt, was sich Mineralwasser nennen darf und was nicht – nutzt die Branche für die Stärkung ihrer Marken – das weiß auch Krumbach-Chef Gaupp. „Wir sind glücklich, mit Krumbach eine der führenden Mineralwassermarken in Baden-Württemberg und Bayern zu haben.“
In Sekundenschnelle befüllt
So ursprünglich der Weg ist, den das Krumbach-Wasser aus den felsigen Tiefen nimmt, so modern ist die Maschinerie, die das Wasser nach dem Hochpumpen und der Zugabe von Kohlensäure übernimmt. Automatische Anlagen stellen Flaschen aus Plastikrohlingen her oder spülen solche aus Glas.
In sich drehenden Karussellen werden die Behältnisse – die kleinsten haben eine Größe von 0,25 Litern, die größten ein Volumen von 1,25 Litern – in Sekundenschnelle befüllt, bevor sie auf sausenden Laufbändern geordnet, in Kästen sortiert und gestapelt werden.
Vor 70 Jahren auf Biberach herabgeregnet
Auf dem Hof stehen dann die fertigen Paletten. Am Horizont die Berge der Alpen, die sich auch auf den Etiketten vieler Flaschen wiederfinden. Im Leben Alexander Diehms, der sich nach Jahren auf Bier-Wanderschaft schon lange im Allgäu heimisch fühlt, gehört das alles zusammen, das Wasser und die Landschaft, aus deren Tiefen er das Produkt seines Unternehmens holt. „Aus dem Allgäu“ steht denn auch über dem Krumbach-Schriftzug.
Obwohl es ja oberschwäbisches Wasser ist, das vor 70 Jahren auf Biberach herabgeregnet ist.