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Schwere Vorwürfe an Banken

Der dramatische Untergang von Möbel Mahler: Ein Unternehmer rechnet ab

Wirtschaft / Lesedauer: 8 min

Vier Jahre nach dem Aus seines Möbel-Imperiums rechnet Gerhard Mahler hart mit den Banken ab. Es geht zudem um eine fatale Fehlüberweisung, um einen Schlaganfall - um ein Trauma.
Veröffentlicht:18.09.2023, 18:45

Von:
  • Robin Halle
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Dies ist die Geschichte vom Aufstieg und Fall eines Möbel-Imperiums. Vom Verkauf der traditionsreichen Möbelhäuser in Bopfingen, Wolfratshausen, Siebenlehn und Neu-Ulm, die in der Spitze 270 Millionen Euro Umsatz pro Jahr generierten und über 1600 Menschen einen Arbeitsplatz garantierten.

Dies ist die Geschichte von harten Verhandlungen mit Bankvorständen über Kredite, geplatzte Kredite, Gutachten in Millionenhöhe und vermeintlichen Drohungen. Es geht um einen privaten Wachdienst, der vor der Buchhaltung eines Möbelhauses tagelang Patrouille lief.

Es geht um den Geschäftsführer der Möbelhäuser, der weit über zehn Millionen Euro Privatvermögen verloren hat. Der nach einem Gespräch mit Bankern einen Schlaganfall erlitt. Es geht um viel, viel Geld. Es geht um die Geschichte von Möbel Mahler.

Der langjährigen Geschäftsführer Gerhard Mahler (72) hat am Montag ein 178-seitiges Buch über sein Lebenswerk veröffentlicht. Der Titel: „Alles außer Nein ‐ Meine Erfahrungen als Unternehmer.“ Mahler hat zwei Jahre an dem Buch gearbeitet. Er schließt mit den Worten:

Für alle, die dieses Buch gelesen haben, wünsche ich mir, dass sie aus meinen Fehlern etwas lernen konnten.

Gerhard Mahler

Im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“ erklärt Mahler: „Aus Erfahrung weiß ich jetzt, dass man niemals ‚Nein‘ zu einem Banker sagen sollte. Auch, wenn es hierfür tragende Gründe gibt. Es scheint, dass manche Akteure in der heutigen Geschäftswelt ihren moralischen Kompass verloren haben.“

Filiale Neu-Ulm: Probleme von Anfang an

Bis zum Jahr 2012 musste Mahler tatsächlich niemals ‚Nein‘ sagen. Das „Erfolgsmodel Mahler“, das 1909 mit einer regionalen Familien-Schreinerei begann, mündete in dem Erwerb der großen Möbelhäuser in Siebenlehn, Wolfratshausen und Bopfingen. Teils finanziert über Kredite, die jährlich mit 500.000 Euro verzinst wurden, aber als Unternehmen kerngesund.

Bis Mahler den ‐ aus heutiger Sicht ‐ fatalen Entschluss traf, eine weitere Filiale zu eröffnen. Er sagt: „Das erste größere Problem gab es mit der Finanzierung des Ankaufs der Möbelhausimmobilie in Neu-Ulm. Die Immobilie kostete zwölf Millionen Euro. Fünf Millionen hatten wir selbst und ein Bankmitarbeiter sagte uns zu, dass die Bank 7,5 Millionen Euro finanziert. Als im Juli die Baugenehmigung für Neu-Ulm da war, hatte die Bank ein Problem, weil man festgestellt hatte, dass Neu-Ulm in Bayern liegt und damit außerhalb des Satzungsgebiets. Die Bank gab uns drei Millionen und für den Rest mussten wir andere Banken ins Boot holen.“

Das Aus im Jahr 2019: Am letzten Möbelhaus von Möbel Mahler in Neu-Ulm wird der Schriftzug abmontiert. Vorausgegangen war ein jahrelanger Streit um Kredite, Gutachten und Kompetenzen. (Foto: Alexander Kaya)

Ein merkwürdiger Vorgang. 7,5 Millionen Euro zugesagt, nur drei ausgezahlt. Aber es gab eine Lösung. Mahler entschloss sich Ende 2013, das Möbelgeschäft in Siebenlehn an Kurt Krieger (Möbel Höffner) zu verkaufen und eine Einkaufskooperation zu schließen.

Das spätere Gespräch mit einem hochrangigen Bankmitarbeiter bezeichnet er heute jedoch als einen der Knackpunkte für den Zerfall seines Unternehmens. Mahler: „Der Verkauf von Siebenlehn hat unserer Hausbank so gut gefallen, dass uns angeboten wurde, das Kredit-Engagement bei einer anderen Bank abzulösen. Als Sicherheit für einen Kredit über fünf Millionen Euro wurde zusätzlich zu den Grundschulden auf dem Möbelhaus in Bopfingen vereinbart, dass die Bank eine nachrangige Grundschuld in Höhe von 3,5 Millionen Euro für das Objekt in Neu-Ulm bekommt. Auf der Urkunde stand aber nicht 3,5 Millionen Euro, sondern fünf Millionen. Mir wurde gesagt, dass die Bank das vorsorglich macht, für den Fall, dass ich wieder Geld brauchen sollte. Ich habe angeboten, die fünf Millionen einzutragen, wenn die Bank die Kosten für die zusätzlichen 1,5 Millionen übernimmt. Das wollten die Herren aber nicht.“

Mahler konnte sich durchsetzen, doch sein Zorn über das Gespräch mündete tags darauf in einen Schlaganfall. Dazu muss man wissen: Die Notarkosten für den höheren Kredit betrugen lediglich 12.000 Euro. „Es hat die Bank einfach geärgert, dass ich zum ersten Mal ‚Nein‘ gesagt hatte“, so Mahler heute.

„Eine fatale Fehlüberweisung“

Der Unternehmer war auch deshalb gesundheitlich angeschlagen, weil ihn einer weiterer Vorgang bedrückte. Mahler hatte einem Mitarbeiter 50 Prozent Anteile an zwei Tochtergesellschaften überschrieben und fand diese plötzlich tief in den roten Zahlen ‐ auch deshalb, weil sich der Mitarbeiter eigenmächtig ein monatliches Gehalt von 10 000 Euro auszahlte. In einer gerichtlichen Auseinandersetzung bewerteten Mahlers Wirtschaftsprüfer die Anteile des Mitarbeiters mit 250 000 Euro, er selbst jedoch auf 2,5 Millionen Euro.

Weil vor dem Prozess wichtige Unterlagen in der Buchhaltung abgeholt werden sollten, ließ Mahler die Tür durch eine Sicherheitsfirma bewachen. Man verständigte sich schließlich vor dem Landgericht Ellwangen auf einen mittleren, sechsstelligen Betrag.

Doch aus Mahlers Sicht war viel schlimmer, dass im Zusammenhang mit der Tochtergesellschaft eine Buchung über 570.000 Euro nicht auf den Konten der Möbel Mahler GmbH & Co KG einging. Mahler schreibt dazu in dem Kapitel „Eine fatale Fehlüberweisung“: „Die Aktion diente dazu, mir zu schaden.“

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Zurück zu den Bankgeschäften. Die Verhandlungen mit Bankern wurden jetzt mit härteren Bandagen geführt. Eine Bank wollte eine zusätzliche Grundschuld über 1,5 Millionen Euro auf die Immobilie in Neu-Ulm eintragen. Mahler lehnte ab, weil ‐ wie er sagt ‐ acht Millionen Euro Festgeld als Sicherheit bei einer anderen Bank lagen.

Laut Mahler entwickelte sich folgender Dialog: „Der Bankmitarbeiter hat wörtlich zu mir gesagt: 'Wenn Sie jetzt nicht machen, was ich Ihnen sage, zahle ich Ihnen im März Ihren Saisonkredit nicht aus.’ Dabei war der Kredit schriftlich vereinbart. Das war die Retourkutsche für die Aktion mit der Grundschuld vier Wochen zuvor.“

Teure Gutachten und eine neue Geschäftsführung

Kurz darauf musste Mahler auf Drängen einer Bank ein Wirtschafts-Gutachten in Auftrag geben, das fast eine Million Euro verschlungen hat. Mahler hatte sich im Vorfeld vehement gegen das teure Gutachten gesträubt, weil die Geschäfte halbwegs nach Plan liefen.

Ich hatte wohl einmal zu viel ‚Nein‛ gesagt.

Gerhard Mahler

Er sagt: „Wir hatten in 2014 in der Möbelgruppe ein Eigenkapital von ca. 43 Prozent oder 84 Millionen Euro. Es ist richtig, dass wir in dem neuen Möbelhaus in Neu-Ulm in 2014 noch Verluste gemacht hatten. Aber im Möbelhandel ist eine neue Filiale in der Regel erst nach drei Jahren in den schwarzen Zahlen.“

Mehrere Banken schienen zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht mehr an den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens zu glauben. Von einem Sanierungsfall war die Rede. Auch Mahlers Kinder waren bereits in der Haftung. Vom Landrat verabredete Vermittlungsgespräche blieben erfolglos.

Mahler sagt: „Ich hatte wohl einmal zu viel ‚Nein‘ gesagt. Ich musste als Geschäftsführer abtreten und es wurden neue Geschäftsführer bestellt. Es wurde uns aufgegeben, alle Kredite bis August 2015 zurückzuführen. Sollte das nicht möglich sein, sollte eine Treuhand die Verfügungsgewalt über alle Gesellschaften bekommen. Dass eine Treuhand in 90 Prozent der Fälle zum vollkommenen Vermögensverlust führt, ist allseits bekannt.“

Die neue Geschäftsführung übernahm das Ruder, Mahler wurde zu einer Bankensitzung nach Stuttgart einbestellt. Er schreibt in seinem Buch: „Diesmal musste ich antreten, um über den Verkauf meines Privatvermögens zu berichten. Danach waren die Poolbanken bereit, die Überbrückungsdarlehen bis zum 20. August 2015 zu verlängern. Aus dem Sanierungsgutachten ging hervor, dass die Mahler Gruppe bis Anfang 2017 unter mithilfe eines Beratungsunternehmens saniert ist. Trotzdem sollte ein Kaufvertrag mit XXXL-Lutz bis zum 15. August 2015 vorgelegt werden.“

Im Jahr 2016 war der finanzielle Druck so groß, dass Mahler die Filialen in Bopfingen und Wolfratshausen schließen musste. Die Immobilien gingen an eine Immobilienfirma der XXXL-Gruppe. Drei später Jahre folgte der Verkauf des Großteils von Möbel Mahler in Neu-Ulm an die Opti-Wohnweltgruppe.

Vermögensverlust, Verkauf unter Wert, angeschlagene Gesundheit

Mahler bilanziert verärgert: „Unter der neuen Geschäftsführung der Mahler Möbelhäuser ging der Auftragseingang vom 1. Quartal 2015 von plus elf Prozent auf kumulierte minus acht Prozent im dritten Quartal zurück. Hätte die Bank den Saisonkredit, wie vereinbart verlängert, ausbezahlt und uns normal arbeiten lassen, hätten wir nie einen Teil des Überbrückungskredits gebraucht. Ich hätte nicht den größten Teil meines Vermögens verloren, weil ich die Möbelhäuser achtstellig unter Wert verkaufen musste, Steuern in siebenstelliger Höhe bezahlt habe und durch die Abwicklung ein weiterer, siebenstelliger Betrag verloren ging.“

Mahler schreibt sich jedoch auf die Fahne, dass er den Mitarbeitern über zehn Millionen Euro an Abfindungen bezahlt hatte ‐ und nicht die gesetzliche vorgeschriebenen vier Millionen.

Soviel zum Aufstieg- und Fall des Möbelimperiums. Mahler ist nicht komplett in den Ruin gestürzt. Er entwickelt heute Immobilien auf dem Balkan, u.a. im Skigebiet „Ressort Klekovaca“. Mahler kämpft nach einem Herzinfarkt und dem beschriebenen Schlaganfall mit seiner Gesundheit, doch sein Geist ist hellwach.

Er sagt abschließend: „Ich habe die Geschichte Möbel Mahler mit dem Buch jetzt aufgearbeitet und abgeschlossen. Ich bin auch heilfroh, nicht mehr in der Möbelbranche tätig zu sein. Die vielen Geldprobleme am Ende, die Gutachten, die Fragen innerhalb der Familie ‐ all das hat mich sehr belastet. Jetzt genieße ich jeden Tag, der mir noch bleibt.“

Die meisten Kunden haben von alldem nichts mitbekommen. Viele denken bei Möbel Mahler wahrscheinlich an die Radiospots mit dem Refrain „Welt des Wohnens: Möööbel Mahler ….“