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Verkaufen trotz Krise – Vertriebsexperte Winfried Küppers erklärt, wie das funktionieren kann

Friedrichshafen / Lesedauer: 4 min

Krisen bringen neue Verkaufsmodelle hervor. So auch die Coronapandemie. Im „Neuen Normal“ gibt es für den Vertrieb auch neue Möglichkeiten.
Veröffentlicht:20.09.2022, 16:54

Von:
  • Lisamarie Haas
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„Nie lügen, nicht immer alles sagen und den Fokus lenken – das ist Vertrieb“, schließt Winfried Küppers beim Bodensee Business Forum (BBF) in Friedrichshafen seinen Workshop ab.

Winfried Küppers ist Leiter des vertriebsanalytischen Instituts der Steinbeis-Stiftung und beschäftigt sich in dieser Rolle damit, wie sich Vertrieb und Kundengewinnung aufgrund von Krisen verändern. Vorher hat er in der Wirtschaft Unternehmen in ihrer Vertriebsstrategie beraten.

Pandemie schafft neue Möglichkeiten für den Vertrieb

Mit der Coronapandemie habe sich die oberste Regel – es brauche im Vertrieb eine gute Verkäuferpersönlichkeit – schlagartig verändert. In der Pandemie war der persönliche Kundenkontakt eingeschränkt, die meisten Verkaufsgespräche liefen über Videokonferenzen ab. Das schaffe aber auch neue Möglichkeiten, erklärt Küppers. Digitale Angebote hätten neue Perspektiven bekommen, Geschäftsmodelle hätten sich gezwungenermaßen verändern und weiterentwickeln müssen.

Die Forschungsgruppe von Küppers bei der Steinbeis-Stiftung fand heraus, dass die Krisengewinner und -verlierer sich nicht anhand bestimmter Branchen bestimmen lassen. So hätten nicht alle Pharmaunternehmen gewonnen, andere Branchen hätten nicht gleichmäßig Verluste gemacht. Aus ihrer Analyse haben die Vertriebsexperten mehr als 50 Parameter herausgezogen, die zur Beratung von Vertriebsabteilungen in Firmen genutzt werden können.

Mit Kunden auch während der Krise in Kontakt bleiben

Im Workshop beim BBF bot Küppers den Teilnehmern an, ihnen mithilfe dieser Parameter Tipps für ihre Vertriebsprobleme zu geben. Ein Teilnehmer führt ein Herrenmode-Geschäft, das sich auf den gehobenen Sektor fokussiert und Maßanzüge verkauft. In den vergangenen Jahren habe das Modell gut funktioniert, sogar während der Pandemie sei sein Umsatz gewachsen. Doch nun mache er sich Sorgen wegen der Inflation. „Jetzt wird es spannend. Alle werden durch Medien getriggert: Es wird schlimm, gib ja nichts aus, wenn du es nicht unbedingt brauchst“, beschreibt er die Stimmung, die er bei seinen Kunden aufgrund der aktuellen Krise vermutet.

Küppers dagegen gibt Entwarnung. Die Kunden, die sich Maßanzüge kaufen, würden das auch weiterhin tun. „Das ist eine Zielgruppe, die nicht betroffen ist“, sagt er. Als Tipp rät er ihm, die Kunden direkt anzusprechen. Er solle seine „Kunden würdigen, wertschätzend mit ihnen kommunizieren“. Zum Beispiel solle er Newsletter an seine Kunden schicken, sie zu Events einladen oder ihnen einen Service bieten, der genau ihre Bedürfnisse bedient.

Kunden, die viel Betreuung und ein Einkaufserlebnis wollen, solle er einladen, ihnen vorab Stoffe zeigen oder sie auf neue Kollektionen aufmerksam machen. Dagegen solle er für die Kunden, die weniger gerne einkaufen, das Einkaufen so leicht wie möglich machen. Zum Beispiel, indem er ihre Maße speichert und sie nur für ein kurzes Nachmessen ins Geschäft kommen müssen.

Ein gutes Gefühl beim Kunden erzeugen

Ein anderer Teilnehmer des Workshops hat sich als Trainer und Berater für Vertriebsabteilungen selbstständig gemacht. „Ich habe das Gefühl, ich bin zu breit aufgestellt und komme deswegen nicht so in die Sichtbarkeit. Wie kann ich mich mehr fokussieren?“, fragt er. Küppers rät ihm, den Vertriebsleitern von Unternehmen nicht erklären zu wollen, „wie sein Job funktioniert“. Stattdessen solle er weniger auf den Inhalt und mehr auf ein gutes Gefühl beim Kunden abzielen. „Sag‘ dem Vertriebsleiter: Ich nehme dir die Arbeit ab, deine Mitarbeiter zu schulen.“

Er solle dem Vertriebsleiter erklären, dass er seinem Team helfen wolle, auf sein Niveau zu kommen. Einem Vertriebsleiter dürfe man nicht sagen, „ich kann dir noch etwas beibringen – das will er nicht hören.“ Und schlussendlich komme es beim Coaching weniger auf den Inhalt und dafür mehr auf die Stimmung an, die er unter den Kunden auslöse.

Ein Verkäufer müsse vor allem mit viel Ablehnung klarkommen, erklärt Küppers. „Er muss den einen Moment treffen, in dem er verkaufen kann. Da muss er liefern.“ In 95 Prozent der Fälle werde er dagegen abgewiesen. „Wer das aushält, ist Verkäufer.“ Vertriebler sollten extrovertiert sein und wenig detailverliebt.