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Baubranche beklagt teuren Wohnraum

Wirtschaft / Lesedauer: 3 min

Die Geschäfte im Südwesten gehen gut, aber den Firmen fehlen Fachkräfte
Veröffentlicht:28.01.2015, 18:37

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Der Präsident der baden-württembergischen Bauwirtschaft, Thomas Schleicher, kritisiert steigende Kosten beim Wohnungsbau. Die Politik verteuere Neubauten mit permanenten Gesetzesverschärfungen, so dass für viele der Traum vom Eigenheim in unerreichbare Ferne rücke, sagte Schleicher am Mittwoch in Stuttgart. „Für eine Familie mit anderthalb Verdienern ist das bald nicht mehr zu schaffen“.

Zwar habe die Baubranche im vergangenen Jahr 31790 neue Wohnungen im Südwesten fertiggestellt – Tendenz deutlich steigend. Doch benötigt würden aber Schätzungen zufolge jährlich 50000 bis 60000. Allein die jährlich etwa 70000 Zuzügler, die ins Land kommen, „müssen ja irgendwo hin“, sagte Schleicher. Auch wenn man im Wohnungsbau bis Ende November 2014 ein Plus von 7,3 Prozent verzeichnete, liegen alte Rekorde noch immer in weiter Ferne: 1994 wurden im Südwesten mehr als 100000 Wohnungen fertiggestellt.

Politisch bedingte Baukosten

Der Landesvereinigung Bauwirtschaft zufolge sind die reinen Baupreise zwar lediglich um zwei Prozent gestiegen, der Großteil der Kostensteigerung sei aber politisch bedingt: Als Beispiele nannte er die neue Energiesparverordnung (EnEV), die neue Landesbauordnung in Baden-Württemberg , gestiegene Notarkosten, die 2011 erhöhte Grunderwerbssteuer und die restriktive Baulandausweisung.

Zudem müssten Häuslebauer bis zu 3000 Euro mehr als früher zahlen, wenn sie nur den Erdaushub loswerden wollten. Aus Mangel an Deponien vor Ort werde die Erde aus Württemberg teilweise bis nach Bayern gekarrt. Bei manchen öffentlichen Projekten würde die Deponie- die Baukosten mittlerweile übersteigen.

2014 war ein gutes Jahr am Bau

Trotz dieser Kostensteigerungen hat die Bauwirtschaft im Südwesten ein ausgesprochen gutes Jahr hinter sich: Dank milder Witterung und guter Konjunktur betrug das Bauvolumen von Januar bis November 2014 satte 11,72 Milliarden Euro, das waren 6,1 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

Entsprechend robust zeigt sich die Branche: Die Zahl der Insolvenzen fiel um fast ein Viertel. 1,9Prozent mehr Beschäftigte leisteten 6,9Prozent Arbeitsstunden. Besonders im zweiten Halbjahr seien Überstunden und Sonntagsarbeit für die Bauleute an der Tagesordnung gewesen: „Das Geleistete nötigt mir allen Respekt ab“, sagt Schleicher. Auch für das Baujahr 2015 ist er zuversichtlich: Er erwarte ein leichtes Umsatzplus zwischen 1,2 und zwei Prozent.

Fachkräfte verzweifelt gesucht

Trotz der glänzenden Zahlen drücken die Branche Sorgen. Vor allem der Fachkräftemangel schlage durch. So geht die Zahl der Azubis zurück: Im vergangenen Jahr zählte die Bauwirtschaft nur noch 5699 Lehrlinge, zwei Jahre vorher waren es noch 5995: Im Main-Tauber-Kreis steht sogar ein Ausbildungszentrum vor der Schließung. Allerdings gebe es regionale Unterschiede – die Azubizahlen in Oberschwaben seien stabil, sagt Schleicher. Die Branche sucht verstärkt nach jungen Menschen aus dem Ausland, sieht sich aber auch hier von der Politik allein gelassen: Gerade habe der Bund die Mittel für das EU-Azubiprogramm Mobipro zusammengestrichen, gleichzeitig plane das Land Baden-Württemberg eine neue Initiative in Spanien: „Der eine macht Hü, der andere macht Hott“, sagt Bauwirtschaftsgeschäftsführer Dieter Diener.

Den größten Kummer bereitet Schleicher aber eigenen Worten zufolge die Rente mit 63. „Wenn jemand mit 63 plötzlich geht, schießt das die ganze Personalplanung durcheinander“, sagt der Unternehmer. Am heutigen Donnerstag hat er einen Termin bei Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) in Berlin, und will dort für seine Idee einer Arbeitszeitfreigabe werben: „Ein mündiger Bürger sollte über seine Arbeitszeit selbst entscheiden können“, fordert Schleicher. Wochenarbeitszeit und Renteneintritt sei Sache der Tarifpartner und nicht der Politik.