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Steuerdeal

Apples 13-Milliarden-Euro-Schock

Wirtschaft / Lesedauer: 3 min

EU-Wettbewerbskommissarin Vestager greift im Verfahren um illegale Steuerdeals so hart durch wie noch nie
Veröffentlicht:30.08.2016, 19:45

Von:
  • Schwäbische.de
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Für Apple-Fans ist 1991 das Geburtsjahr des PowerBook 100. Es ist aber auch das Jahr, wo der Konzern den ersten Steuerdeal mit den irischen Finanzbehörden schloss. Fortan wurde der Löwenanteil der außerhalb Amerikas erzielten Gewinne in im Niemandsland angesiedelte Konzernzentralen umgebucht und folglich weder in Irland noch anderswo versteuert. Heute fragt man sich, wieso es ein Vierteljahrhundert dauerte, bis die EU-Kommission gestern diese Praxis als nicht genehmigte Staatsbeihilfe einstufte und die Nachzahlung der Körperschaftssteuer für die Jahre 2003 bis 2014 plus Zinsen verlangte.

Steuerdeals unterlägen nun einmal dem Steuergeheimnis, begründete das ein Mitarbeiter der EU-Kommission. Bei einer Anhörung im US-Senat seien Details ans Licht gekommen und hätten es der Wettbewerbsbehörde ermöglicht, mit den Nachforschungen zu beginnen. Sie werden bei Apple nicht enden. Die zuständige Kommissarin Margrethe Vestager erklärte gestern, man prüfe die Rechtmäßigkeit von ungefähr 1000 Steuerdeals europaweit. Der neue Eifer erklärt sich sicher teilweise daraus, dass nach dem Beinahe-Crash von 2008 nicht nur die Finanzwirtschaft in den Fokus der Politiker geriet, sondern auch der Ruf nach mehr Steuergerechtigkeit lauter wurde. Er hat aber auch mit Kommissionschef Jean-Claude Junckers Entschlossenheit zu tun, eine dezidiert politische Kommission zu führen. Die Entscheidung, der fachlich versierten, unaufgeregten und recht unerschrocken wirkenden Vestager das mächtige Wettbewerbsressort anzuvertrauen, trägt positive Früchte.

Galionsfigur Vestager

Direkt nach Amtsantritt wurde Vestager von Journalisten gelöchert, ob und wann sie sich die berüchtigten Steuerdeals in Luxemburg vornehmen und damit ihren eigenen Chef, den ehemaligen Ministerpräsidenten Juncker , möglicherweise beschädigen werde. Auch hier ging Vestager ziemlich gelassen ans Werk. Im Oktober 2015 rügte die EU-Kommission Steuerabsprachen Luxemburgs mit Fiat und verlangte die Nachzahlung von 30 Mio Euro Steuern. Untersuchungen zu Amazon- und McDonalds-Filialen in Luxemburg laufen noch. Belgien muss wegen der Vergünstigungen für Großkonzerne 700 Mio Euro nachfordern. Bei all diesen Fällen handele es sich nicht um Strafzahlungen, betonte die dänische Kommissarin gestern. Vielmehr gehe es darum, im Binnenmarkt ein faires Umfeld zu schaffen, wo nicht durch Verlagerung eines Unternehmens in ein anderes Land Milliarden von Steuern gespart werden könnten.

In die Unternehmensführung mische sich die EU-Kommission dabei nicht ein. Apple könne die Steuern in Irland nachzahlen oder rückwirkend einen Teil der Gewinne an den Mutterkonzern in den USA übertragen. Dann müssten sie dort versteuert werden. Denkbar sei auch, dass andere EU-Länder, wo Apple einen Teil seines Umsatzes erziele, Ansprüche geltend machten. Letztes Ziel müsse sein, dass Gewinne dort versteuert würden, wo sie erwirtschaftet wurden, fordert Vestager. Es sei Zeit, dass die Unternehmen ihre Philosophie änderten und dass Schlupflöcher in der Gesetzgebung geschlossen würden. Mit Blick auf das G20-Treffen der führenden Industrie- und Schwellenländer am Sonntag und Montag im chinesischen Hangzhou erinnerte sie daran, dass Steuergerechtigkeit eine internationale Aufgabe sei.

Die US-Regierung, die in internationalen Gremien wie G20 oder der OECD laut für mehr Steuerfairness eintritt, zeigte sich im konkreten Fall wenig begeistert. Die Entscheidung könne ausländische Investoren abschrecken, erklärte ein Sprecher in Washington. Die amerikanische Steueraufsicht IRS hat an den Buchungstricks von Apple nichts auszusetzen. Dabei wäre es für den amerikanischen Fiskus von Vorteil, wenn Apple Teile seiner Auslandsgewinne dort versteuern würde. Auf im Ausland erwirtschafteten Profit fallen in den USA bis zu 40 Prozent Steuern an.