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Prototyp

ZF baut mit Nvidia intelligentes Steuersystem

Wirtschaft / Lesedauer: 4 min

Die CES erprobt das Auto der Zukunft
Veröffentlicht:04.01.2017, 18:15

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Der Traum ist schon mehr als 30 Jahre alt. 1982 erfand der amerikanische Drehbuchautor Glen Albert Larson ein Auto, das mehr war als einfach nur ein Fahrzeug: Der schwarze mit künstlicher Intelligenz versehene Sportwagen brachte seinen Fahrer, den rechtschaffenden „Knight Rider“ alias David Hasselhoff in der gleichnamigen Fernsehserie nicht nur von einem zum nächsten Ort. Nein, er half ihm aus, beriet ihn – vor allem aber plante und agierte er eigenständig.

Der Autozulieferer ZF aus Friedrichshafen (Bodenseekreis) hat Ähnliches im Sinn. Die Entwickler des Unternehmens gehen zwar nicht so weit, dass sie ein Auto auf Verbrecherjagd schicken, ihre Pläne sind allerdings ebenfalls ehrgeizig. Auf der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas hat ZF am Mittwoch ein System vorgestellt, das automatisiertes Fahren weiterentwickelt und dem Fahrzeug ermöglicht, autonom die Umgebung zu erkennen und so aufgrund von sich andauernd verbessernden Algorithmen selbstständig Fahrmanöver auszuführen. Der in den USA gezeigte Prototyp ist ein weiterer Schritt auf dem Weg, bei den sich Automobile von rein mechanischen zu denkenden Maschinen entwickeln.

Für das Projekt ist ZF eine strategische Kooperation mit Nvidia eingegangen, einem der weltweit wichtigsten Hersteller von Computerchips und Prozessoren. Bis 2018 wollen die beiden Unternehmen die elektronische Steuereinheit mit einer Rechenleistung zur Marktreife bringen, die die beim Autofahren gesammelten Daten nicht nur verarbeitet, sondern als selbst lernendes System auch interpretiert.

Künstliche Intelligenz allerorten

„Gemeinsam mit Nvidia bringen wir die Rechenleistung eines Supercomputers, wie sie für künstliche Intelligenz benötigt wird, in Personen- und Nutzfahrzeuge – und zwar in Form einer klugen und leistungsfähigen Box“, sagte ZF-Chef Stefan Sommer auf der weltweit wichtigsten Ausstellung für Unterhaltungstechnologie, Elektronik und Konsumgüter. Die Steuereinheit ist nach Angaben Sommers in der Lage, die Eingangssignale mehrerer Kameras sowie von Lidar-, Radar- und Ultraschallsensoren zu verarbeiten und mit externen Daten wie die von hochaufgelösten Straßenkarten zu kombinieren. Letztlich soll das Auto ganz wie der intelligente Sportwagen aus „Knight Rider“ die Technologien nutzen, um beim Fahren die Umgebung besser zu erfassen und so eigenständig manövrieren zu können.

Für den Partner von ZF ist das Projekt ein Schritt aus der neuen in die alte Welt. 1993 gegründet, ist Nvidia bekannt durch Grafikprozessoren und Chip-Sätze. Zuletzt setzte das Unternehmen aber auch noch auf ein zweites Wachstumsfeld: die künstliche Intelligenz. „Sie verändert alles. Es ist eine größere Revolution als die Erfindung der Dampfmaschine, der Elektrizität und des Computers. Die Mobilität ist die nächste Branche die künstliche Intelligenz komplett verändern wird“, sagte der verantwortliche Auto-Manager bei Nvidia, Rob Csongor in Las Vegas . „Wir brauchen einen starken Partner, der diese Technologie anwenden und in Fahrzeuge einbauen kann. Den haben wir in ZF gefunden“, so Csongor.

Doch nicht nur ZF und sein neuer kalifornischer Partner arbeiten am Traum von intelligenten Auto. Auch andere Unternehmen der Automobilindustrie sind in den neuen Welten unterwegs. So will der japanische Hersteller Honda in Las Vegas einen Motor vorstellen, der Dank künstlicher Intelligent, die Bedürfnisse der Fahrgäste erkennt und sich auf sie einstellt. Der Softwarekonzern Microsoft zeigt auf der CES, wie sich mit Hilfe künstlicher Intelligenz die Sicherheit des Fahrers oder die Integration personalisierter Funktionen verbessern lassen. Auf Basis der Cloud-Plattform Azure soll das System zum Beispiel die aktuelle Verkehrssituation und das Fußgängeraufkommen erfassen und analysieren.

Die Ingenieurgesellschaft Auto und Verkehr (IAV), an der unter anderem der Autobauer Volkswagen sowie die Zulieferer Conti und Schaeffler beteiligt sind, stellt in Las Vegas mehrere Testfahrzeuge aus, in denen Automatisierungstechniken erprobt werden. Darunter ein Seat Leon Cupra, der über die Cloud direkt mit dem Fahrer und anderen Verkehrsteilnehmern kommunizieren soll. Biometrische Sensoren sollen dabei Daten der Fahrer und Insassen sammeln und dann automatisch etwa die Sitzeinstellung, Beleuchtung und das digitale Unterhaltungsprogramm entsprechend an die jeweiligen Personen anpassen.

In „Knight Rider“ war das bereits in den 1980er-Jahren Stand der Technik – mit entscheidenden Unterschied, dass K.I.T.T., so der Name des intelligenten Autos, sich nicht immer nach den Wünschen seines Fahrers gerichtet hat, sondern ab und ab seinen eigenen Kopf beziehungsweise sein eigenes Elektronengehirn gehabt hat.

Der Autor reiste auf Einladung von ZF nach Las Vegas.