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Weinlese in Württemberg beginnt so früh wie noch nie

Stetten / Lesedauer: 4 min

Das bedeutet die vorzeitige Ernte für Winzer und die Qualität des WeinesIn Württemberg beginnt die Ernte der Trauben so früh wie nie
Veröffentlicht:29.07.2018, 19:19

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Von seinen Weinbergen hat Peter Hornstein den Säntis immer im Blick. Vom Nordufer des Bodensees oberhalb des kleinen Ortes Nonnenhorn schaut der Winzer auf das imposante Schweizer Bergmassiv. Viel Zeit, die Aussicht zu genießen, hat Hornstein nicht mehr. Denn in knapp vier Wochen beginnt bereits die Weinlese. Außergewöhnlich zeitig.

„2003 hatten wir schon eine frühe Lese, aber dieses Jahr toppt alles, was bisher war“, erzählt Peter Hornstein. Sein Weingut im Landkreis Lindau gehört zum Bereich bayerischer Bodensee im Weinanbaugebiet Württemberg . Nicht zuletzt wegen der frühen Ernte erwarten die württembergischen Winzer und ihre badischen Kollegen in diesem Jahr einen Spitzenjahrgang.

Noch niemals habe die Weinlese in Württemberg früher begonnen, bestätigt auch Hermann Hohl , Präsident des Weinbauverbandes Württemberg. „Das ist eine Premiere in unserer Weingeschichte.“ Der Grund dafür seien vor allem die optimalen klimatischen Bedingungen gewesen, in diesem Frühjahr und Sommer habe des Wetter einfach gepasst.

Auch viele badische Weinbauern rechnen mit einem vorzeitigen Erntebeginn. Voraussichtlich in der letzten Augustwoche und damit zwei bis drei Wochen früher als sonst starten die badischen Winzer mit der Lese. „Zum Monatswechsel Mai-Juni war Blütebeginn, im langjährigen Mittel haben wir den Blütebeginn am 17. Juni“, sagt der badische Weinbaupräsident Peter Wohlfarth . Eine Winzerweisheit besage, dass die Weinlese 100 Tage nach der Blüte beginne. „So kommen wir schon rein rechnerisch auf einen Beginn der Weinlese Ende August“, sagt Wohlfarth. Das durchgehend sommerliche Wetter im Juni und Juli hätte die frühe Lese zusätzlich begünstigt. „Durch einen kalten Sommer hätte sich der Vorsprung aber auch wieder relativieren können“, sagt Wohlfarth.

Winzer erwarten Spitzenjahrgang

Sowohl der Präsident des Badischen, als auch der Präsident des Württembergischen Weinbauverbandes rechnen dieses Jahr mit einem Spitzenjahrgang. „Frühe Ernten sind erfahrungsgemäß qualitativ immer sehr gut, weil dann die Vegetationsphase optimal verlief“, erklärt Wohlfarth.

Nach dem Frost im vergangenen Jahr können die Winzer jetzt also wieder etwas aufatmen. „In manchen Regionen hatten wir 70 Prozent Ernteausfall. Viele Betriebe haben mit den wirtschaftlichen Einbußen noch immer schwer zu kämpfen“, erläutert Hermann Hohl. In Baden beliefen sich die Ernteeinbußen auf bis zu 25 Prozent.

Manfred Aufricht, Winzer im badischen Stetten am Bodensee, hatte im vergangenen Jahr dagegen großes Glück: Dank des besonderen Klimas am schwäbischen Meer wurden die Trauben in seinen Weinbergen vom Frost verschont. Ein Jahr später läuft der Winzer durch seine Weinberge und betrachtet die Reben sorgfältig. „Das sieht doch ganz gut aus“, murmelt er und geht weiter. Einige Trauben färben sich von einem hellen Grün langsam dunkelblau. Aufricht, der das Weingut gemeinsam mit seinem Bruder betreibt, rechnet damit, in der zweiten Septemberwoche mit der Weinlese zu beginnen, gut eine Woche früher als im vergangenen Jahr. „Durch die besondere Höhenlage am See, ernten wir immer einige Tage später, als Winzer in anderen Regionen Badens oder Württembergs“, erklärt Aufricht. Überrascht ist der Weinbauer von der vorzeitigen Lese keinesfalls. „Durch die frühe Blüte waren wir schon vorgewarnt“, sagt er, „Wir sind darauf eingestellt und zur Weinlese bereit.“

Klima ändert Rhythmus

Noch vor 30 Jahren habe die Weinlese im Oktober begonnen. Das stelle die Winzer vor großen Herausforderungen, erklärt Hohl. „In den vergangenen 20 Jahren hat sich die Vegetationsperiode deutlich nach vorne verschoben und auch die Abstände zwischen den Ernten der einzelnen Rebsorten wird kürzer. Das zwingt die Winzerschaft zum Umdenken“, bestätigt auch Wohlfarth. Beide halten den Klimawandel für den Auslöser dieser Verschiebung. „Wir betrachten dieses Jahr erst einmal als Ausnahme. Geht es aber so weiter, müssen wir darüber nachdenken, auch bei uns Weinsorten anzubauen, die bisher nur im Süden Europas wachsen“, sagt Hohl.

Manfred Aufricht sieht den Veränderungen gelassen entgegen: „Wir Winzer müssen eben lernen damit umzugehen.“ Er freue sich jedes Jahr auf die Weinlese, egal wann sie beginnt: „Der Lesebeginn ist für uns Winzer immer ein freudiger Anlass, auf den wir eigentlich das ganze Jahr hinfiebern.“ Und mit der Hoffnung, einen Spitzenjahrgang einzuholen, ist das natürlich umso schöner.