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Schraubenkonzern

Würth ärgert sich noch immer über sein Land

KÜNZELSAU / Lesedauer: 4 min

Würth ärgert sich noch immer über sein Land
Veröffentlicht:19.04.2010, 23:25

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Der Hohenloher Unternehmer Reinhold Würth hat sich in sechs Jahrzehnten ganz nach oben geschraubt. Mit seinem Schraubenkonzern ist er Weltmarktführer geworden, mehrfacher Milliardär ist er längst. Heute feiert Würth seinen 75. Geburtstag. Doch ganz so heil ist seine Welt nicht mehr, seit er mit den deutschen Behörden im Clinch liegt.

Von unserem Redakteur Burkhard Riering

Er reist auch als Rentner noch viel durch die Welt. Reinhold Würth ist mal hier, mal dort. Nur in seiner Heimat ist der „Schraubenkönig“ aus Künzelsau kaum noch: Reinhold Würth hat gebrochen mit Deutschland, mit Baden-Württemberg. Längst hat er seinen Wohnsitz nach Salzburg verlegt und obendrein die österreichische Staatsbürgerschaft beantragt. Seine Auslandsgesellschaften werden mittlerweile vom südlichen Bodenseeufer aus, dem schweizerischen Rorschach, geführt. Es ist aber nicht etwa die Liebe zu den Nachbarländern, die ihn dorthin treibt – es ist der Ärger über Deutschland.

Was der Unternehmer und Milliardär nicht fassen kann: Ihm, der nach eigenem Befinden doch viel für Deutschland getan hat, der mit seinem Konzern vielen Menschen Arbeit gibt und ein steter Förderer von Kunst und Kultur ist, ausgerechnet ihm steigt die Staatsanwaltschaft nach. Sie brummte ihm 2008 einen Strafbefehl wegen Steuerhinterziehung auf. Würth knirschte mit den Zähnen, akzeptierte, zahlte 3,5 Millionen Euro Strafe gegen Einstellung des Verfahrens und legte noch eine deutlich höhere Steuernachzahlung drauf -- und zog erbost von dannen. So eine Art „Edel-DDR“

Dass Reinhold Würth -- er ist damit vorbestraft -- jetzt auch noch das Große Bundesverdienstkreuz aberkannt werden soll, wird sein Bild vom undankbaren, unternehmerfeindlichen Deutschland verfestigt haben. Deutschland, das sei inzwischen so eine Art „Edel-DDR“, hatte er es schon im März 2008 im Interview mit der „Schwäbischen Zeitung“ unmissverständlich ausgedrückt.

Diese Woche will er das alles aber einmal vergessen. Reinhold Würth wird heute 75 Jahre alt und kehrt dafür in die Heimat Hohenlohe zurück. Recht üppig soll das Fest ausfallen, heißt es, man lässt sich nicht lumpen. Was heute genau passiert, darüber darf die Sekretärin aber nichts verraten. „Das ist doch eine Überraschungsparty!“ Soviel man weiß, wird Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus in einer internen Veranstaltung warme Worte an Würth richten, der Krach zwischen Politik und Würdenträger wird wohl geflissentlich übergangen. Gleichzeitig wird in dieser Woche auch das 65-jährige Jubiläum der Firma gefeiert, unter anderem am Sonntag mit einem großen Frühlingsfest auf dem Werksgelände, und Geier Sturzflug kommen auch.

Unternehmerisch ist Würth eine einzige Erfolgsstory. Schon mit 21 Jahren übernahm er den kleinen Betrieb des verstorbenen Vaters Adolf, dachte sich neue Vertriebswege aus und schwor seine Außendienstler auf Wachstum, Wachstum, Wachstum ein. Das Verkaufen war sein Ding, da war er unschlagbar und aggressiver als die Konkurrenz. So ist er zum Weltmarktführer für Montagetechnik aufgestiegen und hat ein Milliarden-Vermögen angehäuft. 1994 zog er sich aus dem Tagesgeschäft zurück, behielt aber die Zügel in der Hand. Tochter Bettina arbeitet im Beirat mit.

Trotz des Reichtums gab er sich heimatverbunden, war nicht nur Milliardär, auch Mäzen. Er stiftet für den Sport, für die Kunsthalle, für soziale Belange. Er hat in seinem Schrank Urkunden, Verdienstmedaillen, Ehrennadeln, die Ehrendoktorwürde der Tübinger Universität. Negative Schlagzeilen

Doch das Bild änderte sich in den vergangenen Jahren. Würth provozierte immer wieder, er schrieb an den Bundespräsidenten, weil er sich um das Land sorge. Für 2013 sagte der Unternehmer eine rot-rot-grüne Koalition voraus, die dann die „Folterwerkzeuge“ für die Wirtschaft herausholen werde. „Ich mache mir Sorgen, dass meine Arbeit, die ich in über 58 Jahren gemacht habe, umsonst war“, sagte er 2008 unserer Zeitung.

Das kam nicht bei allen gut an. Und die Schlagzeilen wurden noch deftiger: Erst die Vorwürfe wegen Steuerhinterziehung, ein Vorgang, der für die Öffentlichkeit mehr als ein Kavaliersdelikt war. (Er selbst kokettierte fortan: „Vor Ihnen steht ein Ganove, ein Gauner...“). Und dann brachte es ihm nicht minder Zorn ein, als er sich eine 100 Millionen Euro teure Luxusyacht gönnte, während sein Konzern in Künzelsau Kurzarbeit verordnete. Auf der einen Seite 85 Meter Luxus pur mit VIP-Suite und 9000 PS, auf der anderen Seite Gehaltskürzungen in bangen Arbeitnehmerzeiten.

Würth, der sich wohl im Recht sah, packte seine Milliarden ein und residiert heute im vornehmen Salzburger Stadtteil Aigen. Theodor Heuss beschrieb die Hohenloher einmal als „gescheit, aufgeweckt, etwas rechthaberisch und selbstbewusst.“ Für Würth liegt er damit richtig.