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Viele Banken beraten miserabel

Berlin / Lesedauer: 3 min

Warentest prangert Kreditvergabe an – Finanzberater ignorieren Vorschriften
Veröffentlicht:15.05.2012, 23:50

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Bankkunden werden bei der Kreditvergabe in den Filialen oft schlecht informiert oder von den Instituten sogar geschädigt. „Das Ergebnis unseres aktuellen Banktests ist eine Katastrophe“, sagt Hermann-Josef Tenhagen von der Stiftung Warentest . Gesetze würden nicht ernst genommen, Zinsen auf fast 20 Prozent verdoppelt und die Kreditwürdigkeit mancher Kunden geschädigt.

Die verdeckten Tester haben 85 Kreditangebote in zwölf Filialbanken und fünf Direktbanken abgefragt. Sie wollten ein Darlehen über 4000 Euro und konnten allesamt eine gute Bonität vorweisen. In den Filialen verliefen die Gespräche fast alle enttäuschend. Zehn Institute erhielten die Note „mangelhaft“, die anderen beiden ein „ausreichend“.

Hauptkritikpunkt der Warentester sind die meist fehlenden Informationen über die Kreditbedingungen. Eigentlich sieht das EU-Recht eine Standardinformation vor, die dem Verbraucher nach dem Gespräch ausgehändigt werden muss und die die wichtigsten Rahmendaten wie etwa die Kosten des Kredits umfasst. So soll den Kunden der Vergleich verschiedener Angebote ermöglicht werden.

„Unsere Tester mussten erleben, dass der Berater ihnen gar nichts ausgehändigt hat“, berichtet Projektleiterin Stephanie Pallasch, „sie mussten die Informationen selbst mitschreiben.“ Mal behauptete ein Berater, dass Computerausdrucke für Angebote unzulässig seien, mal stand die Software dafür nicht zur Verfügung. Lediglich bei der Commerzbank und der Santanderbank wurde das Formular manchmal tatsächlich übergeben.

Direktbanken gewinnen

Bei den Direktbanken sieht das Ergebnis besser aus. Vier der fünf Institute erhielten die Note „sehr gut“. Dort lassen sich die Kunden im Internet eine Offerte übermitteln. Die Bearbeitung erfolgt standardisiert. Deshalb werden die gesetzlichen Normen nach Einschätzung der Stiftung hier auch erfüllt. Die Berater verstießen im Test nicht nur gegen Informationspflichten. Einige Kunden hätten im Ernstfall sogar finanzielle Schäden davongetragen. „Einige Banken drängten ihren Kunden noch Restschuldversicherungen auf, obwohl diese bei der Kreditsumme und der guten Bonität überflüssig sind“, kritisiert Tenhagen. Das kann teuer werden.

Verhängnisvolle Neugierde

Das Kreditangebot der Berliner Volksbank verteuerte sich durch die Versicherung von 9,99 Prozent Zins auf satte 19,33 Prozent. In manchen Fällen haben die Bankangestellten auch Schufa-Anfragen gestellt, die sich auf die Kreditwürdigkeit der Kunden ausgewirkt haben. Dadurch fiel die Bonität eines Testers von der zweitbesten Stufe B um sechs Stufen auf H. Das bedeutet, dass er mehr für ein Darlehen bezahlen muss.

Die Stiftung rät den Verbrauchern, auf die Aushändigung der EU-Standardinformation zu bestehen. Unterstützung erhält sie vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv). „Ein solches Verhalten darf sich nicht mehr lohnen“, fordert Verbandschef Gerd Billen. Die Bundesregierung müsse für eine bessere Aufsicht sorgen.

Den Kunden empfiehlt die Verbraucherzentrale, Abstand von Banken, die ihrer gesetzlichen Informationspflicht nicht nachkommen. „Mit solchen Leuten sollte man keine Geschäft machen“, sagt Billen. Die Ergebnisse des Tests werden in der neuesten Ausgabe der Zeitschrift Finanztest veröffentlicht.

Hier gehts zum Test