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Umtauschprämie

Umtauschprämien und Nachrüstungen sollen Städte sauberer machen

Berlin / Lesedauer: 4 min

Koalition legt Konzept vor – Autohersteller verweigern bislang die kostenlose Reparatur älterer Diesel-Pkw.
Veröffentlicht:03.10.2018, 18:17

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Viel gelacht wurde in der Bundespressekonferenz in Berlin am Dienstagmittag. In bester Laune haben Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) und Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) die Diesel-einigung präsentiert, die Fahrverbote entschärfen oder unnötig machen soll.

Rund 1,4 Millionen Besitzer von Diesel-Pkw und Transportern können sich demnach Hoffnung auf stark geförderten Umtausch oder kostenlose Nachrüstung machen. Letzterem haben BMW , Daimler und VW aber noch nicht zugestimmt. Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth (SPD) sagte der „schwäbischen zeitung“ jedoch, die Fahrzeughalter müssten die Reparatur nicht zahlen. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten auf einen Blick.

Was hat der Koalitionsausschuss genau beschlossen?

Städte mit leichter Stickoxid-überschreitung – etwa 50 Kommunen wie Mannheim, Offenbach, Mainz, Freiburg oder Frankfurt, in denen vor allem von Dieseln verursachte Stickoxidbelastungen zwischen 40 und 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft gemessen werden, liegen über dem Grenzwert. Es drohen aber keine unmittelbaren Fahrverbote. In diesen Städten sollen beispielsweise Handwerker und Lieferfirmen 80 Prozent der Kosten vom Bund erstattet bekommen, wenn sie ihre Transporter nachträglich mit Stickoxidkatalysatoren (SCR-Systemen) ausrüsten lassen. Das könnte bis zu 190 000 Fahrzeuge betreffen, sagte Verkehrsminister Scheuer. Kosten für die Bundesregierung: etwa eine halbe Milliarde Euro. Weil diese Renovierung für die Gewerbebetriebe ziemlich günstig ist, wird sie wohl überwiegend klappen. Außerdem will die Regierung den Kommunen mit 80-prozentiger Förderung helfen, zum Beispiel ihre Müll- und Krankenwagen nachzurüsten. Das bereits existierende Programm in Höhe von einer Milliarde Euro will die Koalition ausdehnen.

Wie sieht es in Städten mit großer Stickoxidüberschreitung aus?

In den 14 Städten, wo die Stickoxidbelastung über 50 Mikrogramm liegt, ist es komplizierter. Das sind München, Stuttgart, Köln, Reutlingen, Düren, Hamburg, Limburg, Düsseldorf, Kiel, Heilbronn, Backnang, Darmstadt, Bochum und Ludwigsburg. Fahrverbote für Dieselfahrzeuge sind dort wahrscheinlicher, teilweise sogar schon in Kraft. Für diese Kommunen, die angrenzenden Landkreise sowie Bürger, die dort wohnen und arbeiten, beschloss die Koalition, dass Diesel-Pkw der Euro-Norm 4 und 5 weiterfahren dürfen, wenn sie weniger als 270 Milligramm Stickoxid pro Kilometer ausstoßen. Das können die Halter in den 14 Städten erreichen, wenn sie ihre Fahrzeuge in etwas neuere Modelle umtauschen oder ihre älteren nachrüsten.

Wer bezahlt die Nachrüstung mit Katalysatoren?

Den Dieselbesitzern in den 14 Städten sollen die Autokonzerne das Angebot machen, Pkw der Euro Norm 5 kostenlos mit Katalysatoren auszurüsten, sagten Schulze und Scheuer. „Alle Nachrüstungen bei deutschen Herstellern müssen ohne finanzielle Beteiligung der Halter stattfinden“, so Umweltstaatssekretär Flasbarth. „Sonst hat das ganze Konzept keinen Sinn.“ Bisher sind die Unternehmen dazu offenbar nicht bereit. BMW schließt kostenlose Nachrüstungen aus. Daimler und VW sind wohl kompromissbereiter, wollen die Aufwendungen aber auch nicht alleine tragen.

Wie soll die Kontrolle in den Städten aussehen?

Die Minister Scheuer und Schulze nehmen an, dass Fahrverbote weitgehend unnötig sind, wenn man alles umsetzt. Kommt es doch zu Fahrbeschränkungen, wären nur wenige Autos betroffen. Diese sollen die Kommunen aus den Verkehrsströmen herausfischen, indem Ordnungsämter und Polizei mithilfe der Nummerschilder ermitteln, wieviel Abgase die Diesel verursachen.

Hersteller erhöhen Umtauschprämien

Wer seinen alten Diesel abgibt, bekommt im Tausch einen Rabatt auf ein neues Auto. Die Programme der Hersteller unterscheiden sich allerdings im Detail.

Bei VW etwa liegt die Prämie für den Umtausch eines Euro-4-Diesel im Schnitt bei 4000 Euro und für Euro-5-Diesel bei 5000 Euro. Auch Daimler nimmt alte Euro 4 und Euro 5 in Zahlung. Wenn Kunden sich für einen neuen Mercedes entscheiden, erhalten sie bis zu 10 000 Euro Umtauschprämie obendrauf. Für junge Gebrauchtwagen gibt es bis zu 5000 Euro.

BMW bietet allen, die einen Euro 4 oder Euro 5 von BMW fahren, pauschal 6000 Euro beim Kauf eines Neuwagens. Beim Kauf eines jungen Gebrauchtwagens gibt es noch 4500 Euro. Auch einige ausländische Autobauer bieten Umtauschprämien an. Bei Renault und Ford gibt es nun auch für Wagen mit der Euro-5-Abgasnorm Umtauschprämien. Das war in bisherigen Prämienprogrammen bisher nur für ältere Autos bis zu Euro 4 der Fall.

Der französische PSA-Konzern (Peugeot, Citroen) will erst noch entscheiden. Auch Fiat Chrysler prüft noch mögliche Maßnahmen.

Durch Umtauschprämien sollen die Luft in den 14 von Fahrverboten bedrohten Städten verbessert und neue Fahrzeuge erschwinglich werden. Die Deutsche Umwelthilfe warnt allerdings, dass umgetauschten Pkw nur vor Fahrverboten sicher seien, wenn sie die Euro Norm 6d-Temp erfüllen. (dpa