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Mindestlohngesetz

Tourismus-Verband fordert mehr Augenmaß

Wirtschaft / Lesedauer: 2 min

Baden-württembergische Hotellerie beklagt die Bürokratie des Mindestlohngesetzes
Veröffentlicht:16.09.2015, 19:01

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Der Tourismus-Verband Baden-Württemberg fordert Änderungen bei der Umsetzung des Mindestlohngesetzes. Vor allem die Dokumentationspflichten und die starren Arbeitszeitregelungen wirkten sich bereits negativ auf den Tourismus im Land aus. So hätten Gastwirte die Öffnungszeiten ihrer Restaurants reduziert, das Serviceangebot eingeschränkt und zusätzliche Ruhetage eingeführt. Christian Unglert, seit fünf Jahren Inhaber des Hotel Altdorfer Hof in Weingarten, kann die Kritik am Mindestlohn nicht ganz teilen. „Auf unser Hotel hat das Gesetz keine unmittelbaren Auswirkungen“, sagt er.

Die Mitarbeiter von Unglert arbeiten überwiegend in Vollzeit, und er hat schon vor der Einführung des Mindestlohnes mehr als 8,50 Euro pro Stunde bezahlt – je nach Berufserfahrung und Qualifikation. Auch eine Arbeitszeitdokumentation gibt es schon seit Jahren in seinem Haus. Denn „wenn einer in einer starken Woche mehr arbeitet, soll er einen Ausgleich bekommen, oder andersherum“. Problematisch sieht der Hotelier die Pausenzeiten: Es gebe Mitarbeiter, die es vorziehen, durchzuarbeiten, um dann früher nach Hause zu gehen. Mit der Dokumentationspflicht muss Unglert den Mitarbeitern jetzt aber vorschreiben, wann sie Pausen machen sollen. „Damit nehmen wir ihnen ein Stück Freiheit“, sagt er.

Der Tourismus-Verband nimmt vor allem Anstoß an der Arbeitszeit-Aufzeichnungspflicht, von der sogar mitarbeitende Ehepartner und Familienmitglieder betroffen sind. Weniger Bürokratie und mehr Augenmaß – das müsse beim Mindestlohngesetz die Leitlinie sein. Von der Aufzeichnungspflicht ausgenommen werden müssten daher auch geringfügig Beschäftigte. Die baden-württembergische Hotellerie und Gastronomie ist von vielen kleinen und familiengeführten Betrieben geprägt.

Ferner fordert der Tourismus-Verband eine Flexibilisierung der täglichen Höchstarbeitszeit. Die derzeitige Zehn-Stunden-Grenze reiche in manchen Fällen nicht aus und entspreche auch nicht der Lebenswirklichkeit in der Gastronomie mit ihren bekannten Auslastungsschwankungen. Auch hier könne, im Einvernehmen mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, ohne Not eine flexiblere Lösung gefunden werden.

Gerade im Genießerland Baden-Württemberg dürfe die Qualität in Küche und Service nicht beeinträchtigt werden, warnt der Tourismus-Verband. Wer das Sterben der Dorfgasthäuser beklage, müsse der Bürokratie Einhalt gebieten und lebensfremden Arbeitszeitregelungen eine Absage erteilen. Dem baden-württembergischen Tourismus-Verband gehören Vertreter der regionalen Tourismusorganisationen sowie der Interessenverbände Dehoga, Heilbäderverband und IHK an.

Wie sieht es im Südwesten mit dem Mindestlohn aus? Knapp neun Monate nach Einführung hat die „Schwäbische Zeitung“ bei sieben verschiedenen Branchen, die potenziell vom Mindestlohn betroffen sind, nachgefragt. Bis zu 150000 Minijobs, so die Vermutung, sind durch den Mindestlohn weggefallen. Nach der Logistikbranche kommen heute der Tourismus-Verband sowie die baden-württembergische Hotellerie und Gastronomie zu Wort.