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Sommers Rückzug ist ein Desaster

Wirtschaft / Lesedauer: 3 min

Sommers Rückzug ist ein Desaster
Veröffentlicht:07.12.2017, 20:21

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Der Abgang von ZF-Chef Stefan Sommer ist fatal für den Friedrichshafener Automobilzulieferer, kommentiert Benjamin Wagener.

Egal, aus welchen Gründen Stefan Sommer seinen Posten als Vorstandschef nun geräumt hat. Ob es nun er gewesen ist, der undiplomatisch die Eigentümer um Friedrichshafens Oberbürgermeister Andreas Brand vor den Kopf gestoßen hat. Oder ob es Brand und die Gemeinderäte der Bodensee-Stadt gewesen sind, die es nicht dulden wollten, dass der selbstbewusste Manager seine Strategie ZF 2025 rigoros umsetzt – mit all den Zukäufen, Internationalisierungsmaßnahmen und Umstrukturierungen. Fakt ist, der Rückzug Sommers ist ein Desaster für ZF. Der Wechsel wird das Unternehmen Zeit kosten, und es ist fraglich, ob ZF einen ähnlich kompetenten Nachfolger findet.

Stefan Sommer hat den Zulieferer auf den Weg geführt, den jeder Automobilkonzern gehen muss, wenn es in den kommenden Jahren und Jahrzehnten nicht untergehen will. Sommer hat die Geschwindigkeit der Veränderung und das Ausmaß der Umbrüche erkannt, vor denen die gesamte Branche steht – und er hat begonnen, die alte Zahnradfabrik umzubauen. Natürlich hatte auch Sommer nicht auf alle Fragen Antworten, aber er wusste, dass er die Digitalisierung bei Produkten und Dienstleistungen konsequent vorantreiben, das Wissen im Hinblick auf Big Data aufbauen und ZF als Systemanbieter für das Zeitalter des autonomen Fahrens etablieren musste.

ZF muss sich wandeln

Denn eines ist klar: Allein mit qualitativ hochwertigen mechanischen Produkten wie Getrieben und Fahrwerktechnik – jahrzehntelang das Alleinstellungsmerkmal des Unternehmens – wird ZF langfristig nicht überleben können. Würde der Konzern allein auf solche Produkte – in Friedrichshafen liebevoll Heavy Metal genannt – seine Zukunft bauen, würde der Zulieferer, der auf Augenhöhe mit den großen Autobauern verhandelt und seine Getriebe Daimler, BMW und Audi direkt anbietet, mittelfristig zum Zulieferer von Zulieferern werden.

Natürlich werden auch in Zukunft noch Fahrwerktechnik und Getriebe benötigt, vor allem weil nicht klar ist, wann und in welchem Außmaß sich die Elektromobilität durchsetzt, doch alle mechanischen Produkte müssen digital regelbar sein und sich in die Systeme autonom fahrender Autos integrieren. Wenn ZF-Getriebe das nicht können, werden sich Daimler und Co. bei anderen Zulieferern umschauen, die das als Komplettangebot anbieten. Möglicherweise werden diese Zuliefer zwar ZF-Produkte nutzen, das Unternehmen wird aber Marge und den wichtigen Zugang zu Autobauern verlieren.

Sommers Weg muss fortgeführt werden

Andreas Brand steht nach der Entlassung des Vorstandschef nun vor der Aufgabe, einen Nachfolger zu finden, der den von Sommer eingeschlagenen Weg weitergeht. Ein Problem, das der Oberbürgermeister mitverursacht hat, indem er Einfluss nahm und den Führungsstreit nicht entschärfte. Die Suche nach einem Nachfolger ist nun doppelt schwierig. Denn alle Topmanager, die möglicherweise für den Chefposten in Frage kommen, haben in den vergangenen Tagen genau nach Friedrichshafen geblickt: Viele werden sich genau überlegen, ob sie Vorstandsvorsitzender bei einem Unternehmen werden wollen, in dem wichtige Schritte zur Zukunftssicherung nur schwer durchgesetzt werden können.

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