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Patentfreigabe

Patentfreigabe bei Impfstoffen: Gut gemeint, schlecht durchdacht

Wirtschaft / Lesedauer: 2 min

Der Vorstoß der USA zur Patentfreigabe von Vakzinen bringt für die Beschleunigung der Impfkampagne nichts und gefährdet Innovationen, kommentiert Benjamin Wagener.
Veröffentlicht:07.05.2021, 08:45

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Das Ziel ist über jeden Zweifel erhaben. Die Impfkampagne muss in einer gemeinsamen Anstrengung so schnell wie möglich auf alle Nationen – und dabei vor allem auf ärmere Länder – ausgeweitet werden. Übernehmen müssen diese Mammutaufgabe diejenigen, die das Geld und die technologischen Voraussetzungen haben. Also allen voran Europa, die USA, China und Russland.

Die Forderung der USA, die globale Impfkampagne über die temporäre Aussetzung des Patentschutzes für mRNA-Vakzine, wie sie Biontech , Moderna und auch Curevac herstellen, zu beschleunigen, ist allerdings der falsche Weg.

Schließlich ist das Wissen um die Rezeptur des Wirkstoffes das eine, der Aufbau einer funktionierenden Produktion das andere. Allein Biontech hat Monate gebraucht, um sein neues Impfstoffwerk im hessischen Marburg hochzufahren.

Neben der Zutatenliste, die bei diesen neuartigen Vakzinen bis zu 300 verschiedene Komponenten auflistet, sind Experten, Know-how, pharmazeutische Produktionslinien und eine effiziente Kühlkette notwendig. Wie sollen unerfahrene Unternehmen das in ärmeren Ländern in kurzer Zeit bereitstellen?

Die Freigabe der Patente, die im Hinblick auf das Ziel nichts nutzt, wäre zudem ein fatales Zeichen für forschende Unternehmen: Bei Erfolgen, für die die Unternehmen vor allem in der Pharmazie hohe finanzielle Risiken eingehen müssen, bestünde dann immer die Gefahr, dass der Staat die geschaffenen Werte für sich in Anspruch nimmt.

Im Falle der mRNA-Vakzine wäre eine neue Technologie, in die die Rechteinhaber auch im Hinblick auf andere Medikamente und Krankheiten große Hoffnungen setzen, plötzlich Allgemeingut.

In den nächsten Monaten werden weitere Impfstoffe zugelassen, Unternehmen fahren neue Produktionsanlagen hoch. An dieser Stelle sind die reichen Staaten der Welt gefordert, sie müssen für eine gerechte Verteilung der produzierten Vakzine sorgen – zum Beispiel, indem sie Covax, die UN-Initiative zur Bekämpfung von Covid-19, finanziell noch engagierter unterstützen.