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Ausbildungsjahr

„Nicht jeder Azubi hat die nötige Reife“

Wirtschaft / Lesedauer: 3 min

Das neue Ausbildungsjahr hat begonnen, doch oft wissen Azubis zu wenig über ihre Rechte und Pflichten
Veröffentlicht:25.08.2015, 14:21

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Für viele Jugendliche hat das neue Ausbildungsjahr bereits angefangen, für andere beginnt es in Kürze. Wenn die Zahlen ähnlich wie im Vorjahr sind, starten auf diesem Weg über eine halbe Million Menschen ins Berufsleben. Sie erhalten viele Rechte, aber auch Pflichten. Bei Verstößen drohen ernste Konsequenzen – bis hin zur Kündigung.

„Viele sind sich dessen gar nicht bewusst. Das wird ihnen weder in der Schule noch an den Berufsschulen erklärt“, sagt Florian Haggenmiller, Bundesjugendsekretär des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). So könnten Auszubildende nicht dazu verpflichtet werden, Überstunden zu machen, erklärte der Gewerkschafter.

„Azubis arbeiten im Betrieb, um ihren Beruf zu erlernen. Die im Vertrag festgelegte Ausbildungszeit reicht dazu aus.“ Wenn dennoch Überstunden geleistet werden, müssen diese nach dem Berufsbildungsgesetz ausgeglichen werden. „Entweder ist der entsprechende Überstundenzuschlag zu zahlen oder ein Freizeitausgleich zu gewähren“, erläutert Haggenmiller .

Überstunden und Fehlzeiten sind ein Problem

Nicht nur Überstunden, sondern auch Fehlzeiten seien ein Problem, sagt Frank Ziemer , Ausbildungsexperte von der Industrie- und Handelskammer (IHK) in Frankfurt am Main: „Junge Leute sind durchaus bereit, Leistung zu bringen; allerdings zu Zeiten, zu denen es ihnen passt.“ Ähnliches berichtet auch Lena Behmenburg, Referentin für berufliche Bildung bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA): „Wir hören von den Unternehmen häufig, dass die Jugendlichen nicht die notwendige Ausbildungsreife mitbringen.“

Das hat oft unerfreuliche Folgen: „Wenn jemand immer zu spät kommt, kann das ein Grund für eine Abmahnung oder in der Probezeit auch für eine direkte Kündigung sein. Denn Auszubildende verpflichten sich mit dem Vertrag, Arbeitszeiten einzuhalten“, sagt Haggenmiller. „Viele vergessen, dass auch die Berufsschule zur Arbeitszeit gehört, die der Ausbilder bezahlt“, ergänzt Ziemer.

Konflikte gibt es auch bei den Ausbildungsinhalten: „Die sind im betrieblichen Ausbildungsplan enthalten, die der Auszubildende zusammen mit seinem Vertrag erhalten sollte“, sagt Haggenmiller. Einer Umfrage des DGB zufolge habe jedoch gut ein Drittel der Ausbildungsbetriebe keinen Ausbildungsplan. Hinzu komme: „Auch wenn es einen gibt, kommt es leider zu Verstößen“, kritisiert Haggenmiller.

„Betriebe haben ein ureigenes Interesse daran, gut auszubilden.“

So schreibt das Berufsbildungsgesetz vor, dass Auszubildende ausbildungsfremde Aufgaben nicht ausführen müssten. „Manche denken deshalb, dass sie nicht auch mal einen Kaffee kochen oder etwas aufräumen müssen“, sagt Ziemer von der IHK . Haggenmiller hat einen etwas anderen Blick auf das Thema: Es gebe Auszubildende, die berichteten, jeden Mittag den Hund der Chefin ausführen zu müssen. „So etwas geht gar nicht“, sagte der DGB-Mann. Behmenburg hält solche Vorkommnisse für die Ausnahme, denn: „Betriebe haben ein ureigenes Interesse daran, gut auszubilden.“

„Wenn es Probleme gibt, raten wir Auszubildenden, diese beim Vorgesetzten anzusprechen. Kommen sie im Betrieb nicht weiter, sollten sie sich an ihren Ausbildungsberater bei der IHK wenden“, sagt Ziemer. Der DGB berät Auszubildende mit Problemen kostenlos auf dem Online-Portal www.dr-azubi.de . „Eine Rechtsberatung kann das aber nicht ersetzen. Dafür können unsere Mitglieder den juristischen Schutz ihrer Gewerkschaft nutzen“, so Haggenmiller.

Nicht immer können alle Konflikte gelöst werden. Nach dem aktuellen Berufsbildungsbericht des Bildungsministeriums wurden 2013 fast 150.000 Ausbildungsverträge vorzeitig gelöst – das ergibt ein Viertel. Ein großer Teil der Jugendlichen setze die Ausbildung anschließend in einem anderen Ausbildungsbetrieb oder -beruf fort. Die tatsächliche Abbrecherquote liegt laut Behmenburg bei rund zwölf Prozent.

- Beratungsportal des DGB für Auszubildende: http://jugend.dgb.de/ausbildung/beratung/dr-azubi