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Schicksalsnacht

Silva ruft zur „nationalen Rettung“ auf

Lissabon / Lesedauer: 2 min

Der portugiesische Staatspräsident droht Neuwahlen für 2014 an
Veröffentlicht:12.07.2013, 16:05

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Es war eine Schicksalsnacht für das portugiesische Volk, das wegen des staatlichen Sparzwangs den Gürtel immer enger schnallen muss. Das sich danach sehnt, aus dem Tal zu kommen. Und das seit Monaten auf die Barrikaden geht, weil der harte Kürzungskurs der konservativen Koalitionsregierung von Ministerpräsident Pedro Passos Coelho viele Familien finanziell zu strangulieren droht. Das Land war 2011 vom Euro-Rettungsfonds mit 78 Milliarden Euro vor der Pleite bewahrt worden und muss seitdem strenge Auflagen der Gläubiger-Troika erfüllen.

Neuwahlen in 2014?

Staatspräsident Anibal Cavaco Silva trat zur Abendbrotzeit vor die Kamera und haute mit der Faust auf dem Tisch: Er machte mit bitterer Miene klar, dass er das Trauerspiel auf der politischen Bühne, wo sich die beiden Regierungsparteien untereinander und mit der linken Opposition beharken, nicht mehr akzeptieren werde. Er forderte Konservative und Sozialisten auf, endlich gemeinsam den Karren aus dem Dreck zu ziehen und einen Pakt der „nationalen Rettung“ zu zimmern. Spätestens im Jahr 2014, wenn das europäische Rettungsprogramm ausläuft, will er Neuwahlen ansetzen, obwohl die Amtszeit der Regierung eigentlich erst im Sommer 2015 endet.

Heftiger Warnschuss

Die Nation hörte erstaunt dem Staatschef zu, der in Portugal ziemlich mächtig ist und sogar die „Atombombe“ zünden kann. Damit bezeichnen die Portugiesen die Präsidentenbefugnis, das Parlament auflösen und die Regierung absetzen zu können. Die Bombe wurde zunächst noch nicht gezündet. Cavaco Silvas Aufruf war aber eine Drohung und ein heftiger Warnschuss gegen Ministerpräsident Passos Coelho, der zuvor stolz verkündet hatte, mit einer Regierungsumbildung seinen Kabinetts-Dauerkrach überwunden zu haben. Der konservative Sozialdemokrat Passos Coelho regiert seit zwei Jahren in Koalition mit der kleineren bürgerlichen Volkspartei, welche zuletzt mit dem Ausstieg aus der Koalition gedroht hatte, weil ihr der opferreiche Sparkurs zu weit geht. Um den Partner, der die absolute Mehrheit im Parlament sichert, im Boot zu halten, beförderte Passos Coelho den Volksparteichef Paolo Portas umgehend vom Außenminister zum Vize-Regierungschef, der künftig die Finanz- sowie Wirtschaftspolitik und damit alle wichtigen Reformen steuern soll. Staatspräsident Silva will aber auch eine Kooperation mit den Sozialisten. Die winkten aber bereits ab und forderten sofortige Neuwahlen. Wohlwissend, dass sie laut Umfragen gute Chancen auf einen Wahlsieg haben.

Und die EU-Kommission in Brüssel, welche nichts mehr als ein Ende der Reformen fürchtet, drängt fast flehend auf die Beibehaltung des bisherigen Sparkurses. Insgeheim wird aber auch in der EU-Zentrale schon darüber nachgedacht, dass der bisherige Reform-Musterschüler Portugal vielleicht versagen und in 2014 ein zweites Rettungsprogramm samt Schuldenschnitt benötigen könnte.