StartseiteWirtschaftMehr Taschengeld wegen Inflation? So lernen Kinder den richtigen Umgang mit Geld in Krisenzeiten

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Mehr Taschengeld wegen Inflation? So lernen Kinder den richtigen Umgang mit Geld in Krisenzeiten

Berlin / Lesedauer: 4 min

Das Deutsche Jugendinstitut veröffentlicht regelmäßig eine Tabelle mit Empfehlungen zur Höhe
Veröffentlicht:20.10.2022, 05:00

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Kleidung, Süßigkeiten und Zeitschriften – das sind laut Deutschem Jugendinstitut die Renner bei Mädchen und Jungen, wenn es darum geht, ihr Taschengeld auszugeben. Die Höhe an sich spiele dabei gar nicht die entscheidende Rolle, sondern vielmehr lehre eine kleine Summe in regelmäßigen Abständen und zur freien Verfügung in jungen Jahren den Umgang mit Geld, so Alexandra Langmeyer-Tornier, Taschengeldexpertin des Deutschen Jugendinstituts.

Taschengeld ist also für viele Kinder der erste Schritt zu ökonomischer Bildung, die wiederum die Basis für soziale Teilhabe bilde, argumentiert Roland Happ , Professor für berufliche Bildung an der Universität Leipzig. Er kritisiert, dass diese ökonomische Bildung in Deutschland oft vom Elternhaus abhängt – im allgemeinbildenden Bereich fehle es, und das beeinflusse die Chancengleichheit.

„Bei jungen Erwachsenen bemerken wir an den Universitäten, dass finanzielles Wissen oder Verständnis für wirtschaftliche Entwicklungen fehlt“, so der Wirtschaftspädagoge, der mehr Wirtschaftsunterricht an Schulen als essenziell erachtet.

Verständlich machen, dass man jetzt haushalten muss

Taschengeld in der Kindheit und Jugend sei zumindest eine Option, das Interesse an finanziellem Wissen zu fördern, so Happ. „Konzepte wie Inflation können spielerisch erlernt werden“, sagt der Professor. Das Taschengeld sofort an die Inflation anzupassen, davon hält er allerdings weniger. Schließlich sei dies bei den Einkommen der Eltern ja auch nicht sofort der Fall. Vielmehr könnte so die Realität erklärt werden, dass „man gut haushalten muss und sich eben nicht unbedingt alles weiter leisten kann“, erläutert der Experte. So könne dann das nächste Thema angesprochen werden: sparen.

Das Deutsche Jugendinstitut veröffentlicht regelmäßig eine Tabelle mit Empfehlungen zur Höhe des Taschengeldes, zuletzt 2020. An dieser können sich Eltern orientieren. Bis zum neunten Lebensjahr empfiehlt das Jugendinstitut den Betrag wöchentlich auszuzahlen, danach monatlich; bei Jugendlichen kann zudem überlegt werden, ob ein Teil bar ausgezahlt und ein Teil auf ein Konto eingezahlt wird.

Das Deutsche Jugendinstitut gibt Empfehlungen

Neben dem Taschengeld empfiehlt das Institut übrigens auch ein Budgetgeld für festgelegte Ausgaben wie Kleidung oder Schulmaterial, das entweder die Eltern selbst verwalten können oder das älteren Kindern über ein Konto zur Verfügung gestellt werden kann. Vorgesehen sind unter anderem 30 bis 50 Euro für Kleidung, zehn bis 20 Euro für das Handy, bis zu zehn Euro für Schulmaterial oder bis zu zehn Euro für Produkte zur Körperpflege.

Wenn ein Kind zum ersten Mal Taschengeld erhält, ohne Wissen über verantwortungsbewusstes Haushalten zu haben, ist das Geld schnell weg. Denn ohne Hinweise, wie richtig gespart oder budgetiert wird, können junge Menschen schnell den Überblick verlieren. Die Verbraucherzentralen NRW und Saarland haben deswegen zur Sensibilisierung für eigene Finanzen und die Gefahr von Überschuldung Anfang des Jahres gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern sowie Lehrkräften die „Budget+plus-App“ entwickelt.

Dabei handelt es sich um eine Art digitales Haushaltsbuch, in dem Kinder und Jugendliche ihre Einnahmen und Ausgaben sowie Sparziele und Ausgabenlimits festhalten können. Zudem gibt es eine Warnfunktion bei Überschreitung des Budgets und eine Wissensdatenbank, die Worterklärungen rund um das Thema Finanzen bietet. Die App steht in den Appstores kostenfrei zum Download bereit.

Taschengeld ist keine Selbstverständlichkeit

Doch Taschengeld ist aufgrund ökonomischer Möglichkeiten längst keine Selbstverständlichkeit für viele Kinder. Immerhin gibt es keinen Rechtsanspruch auf Taschengeld und viele Familien können sich die Zahlung von Taschengeld generell – oder in der empfohlenen Höhe – nicht leisten. Fast die Hälfte der Drei- bis 13-Jährigen erhält kein Taschengeld .

Das geht aus dem „Kids-Medien-Kompass 2022“ basierend auf einer forsa-Befragung von mehr als 3500 Kindern hervor. Die meisten erhalten zehn bis 20 Euro (17,5 Prozent) oder 20 bis 40 Euro (14,6 Prozent) im Monat. Nur drei Prozent der Befragten gaben „40 Euro und mehr“ an. Im Schnitt gab es 15,78 Euro monatlich.

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Während im vergangenen Jahr im „Kids-Medien-Kompass“ noch ermittelt wurde, dass Mädchen elf Prozent weniger Taschengeld als Jungen erhielten, ist der Unterschied in diesem Jahr deutlich geschrumpft. Im Schnitt erhalten bei den Kindern, die überhaupt Taschengeld erhalten, Jungen 15,81 Euro im Monat, Mädchen sieben Cent weniger.

Laut Roland Happ könne die unterschiedliche Taschengeldhöhe bereits im Kindesalter durchaus die Ursprünge des sogenannten Gender-Pay-Gaps – der niedrigeren Entlohnung von Frauen in der Arbeitswelt – zeigen. „Es ist ein sozial-gesellschaftliches Problem: Vom Kindesalter wird Männern unterstellt, dass sie ein größeres Interesse für Finanzthemen haben als Frauen.“ Und das setze sich dann im gesamten Leben fort, wie Unterschiede bei Löhnen und Gehältern und diesbezüglichen Verhandlungen zeigten.