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Millionenstrafe

Millionenstrafe wegen Unkrautvernichter

Leverkusen / Lesedauer: 3 min

Bayer und BASF sollen 265 Millionen Dollar an Pfirsichbauer zahlen – Unternehmen gehen in Berufung
Veröffentlicht:18.02.2020, 05:00

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Mit deutlichen Kursverlusten haben die Aktien der Chemiekonzerne Bayer und BASF zu Wochenbeginn auf das millionenschwere Urteil einer US-Jury reagiert. Mit Abschlägen jeweils zwischen einem und zwei Prozent gehörten die Papiere gestern zu den größten Verlieren auf dem Parkett in Frankfurt. „Vor Gericht ist man typischerweise alleine wie auf hoher See. Das gilt auch in Amerika“, sagte Thomas Schießle aus dem unabhängigen Analystenhaus Equi.ts.

Am Wochenende hatte eine Jury in Cape Girardeau im US-Bundesstaat Missouri beide Konzerne zu einer Strafe von insgesamt 265 Millionen Dollar verdonnert. Die Geschworenen sahen es als erwiesen an, dass der Unkrautvernichter Dicamba einen Teil der Pfirsischplantagen des Klägers zerstört hat. Das Pestizid ist umstritten, weil Teile davon auf benachbarte Felder wehen und dort nicht-resistente Pflanzen zerstören können.

Beide Konzerne kündigten am Montag an, gegen das Urteil in Berufung zu gehen. Der Wirkstoff Dicamba ist in unterschiedlichen Mitteln seit Jahrzehnten auf dem Markt. Bestimmte gezüchtete Pflanzen wie Sojabohnen und Baumwolle sind gegen Dicamba resistent. Andere Pflanzen lässt das Mittel eingehen.

Die US-Umweltbehörde EPA hatte Ende 2018 den Einsatz des Unkrautvernichters unter Einschränkungen für zwei weitere Jahre freigegeben. BASF erklärte, der Konzern sei „überrascht“ von der Entscheidung der Jury und werde alle zur Verfügung stehenden Rechtsmittel nutzen.

Bei Bayer hieß es, man stehe fest zu den betroffenen Produkten. Sie seien wertvolle Instrumente für Landwirte zur Ertragssteigerung und zur Bekämpfung resistenter Unkräuter. Der Pfirsischbauer Bill Bader dagegen hatte geklagt, dass er wegen des Einsatzes von Dicamba auf benachbarten Feldern Ernteeinbußen erlitten hatte. Das Urteil war das erste dieser Art in den USA. Weitere 140 ähnlich gelagerte Fälle werden in diesem Jahr noch vor Gericht kommen.

Bayer und Monsanto werfen den Landwirten vor, Dicamba nicht sachgerecht verwendet zu haben. Bereits vor der Übernahme durch Bayer habe Monsanto zudem „erheblich“ in Schulungen und andere Instrumente investiert, damit Landwirte die Technologie optimal einsetzen können. Man habe eine deutliche Verbesserung und weniger gemeldete Abdrift-Fälle registriert.

Was das Ausmaß der Klagen und der infrage stehenden möglichen Straf- und Entschädigungszahlungen angeht, rechnen Beobachter im Fall Dicamba für Bayer mit weit niedrigeren Risiken als im Fall Glyphosat. Das Pestizid Glyphosat steht unter anderem im Verdacht, Krebs zu erregen. Deswegen sieht sich Bayer in den USA mit knapp 43 000 Klagen konfrontiert. Die ersten drei Prozesse hatte Bayer verloren – und war wegen mutmaßlicher Verschleierung der Risiken zu Strafen bis in den Milliarden-Dollar-Bereich verurteilt worden. Später waren die Beträge deutlich reduziert worden, liegen aber noch im zweistelligen Millionenbereich. Der Konzern will auch hier die Schuldsprüche durch Berufungsverfahren aufheben lassen. Nun versucht Bayer, vor allem hinter den Kulissen, mit den Klägern Vergleiche auszuhandeln. Experten rechnen auch im Fall erfolgreicher Verhandlungen mit einer Vergleichssumme in Milliardenhöhe.