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Südwestbank

Massive Stellenstreichungen bei der Südwestbank

Ravensburg / Lesedauer: 4 min

Dem Renditehunger des US-Finanzinvestors fallen viele Mitarbeiter zum Opfer
Veröffentlicht:23.04.2018, 20:28

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Der Südwestbank aus Stuttgart droht ein im Verhältnis zur Größe des Instituts gigantischer personeller Aderlass: Nach Informationen der „ Schwäbischen Zeitung “ aus Unternehmenskreisen soll die Mitarbeiterzahl der 1922 gegründeten Privatbank bis Ende 2019 von zurzeit rund 600 auf nur noch 350 schrumpfen. Damit würde die Belegschaft der im vergangenen Jahr von der österreichischen Bawag übernommen Südwestbank nahezu halbiert.

Auf einer Betriebsversammlung Anfang April am Stammsitz in Stuttgart seien die Personalpläne vorgestellt worden. „Aktuell laufen Einzelgespräche mit denen, die gehen sollen“, sagt ein Südwestbank-Mitarbeiter, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Seiner Darstellung nach wolle das Institut bis Ende 2018 rund 100 Arbeitsplätze abbauen, bis Ende 2019 noch einmal so viele. Dazu würden „rund die Hälfte“ der zurzeit noch 28 Geschäftsstellen geschlossen.

Seit dem offiziellen Vollzug der Übernahme durch die Bawag Anfang Dezember 2017 wehe in der Südwestbank ein neuer, ein rauer Wind und die Themen Kostensenkungen und Personalabbau dominierten – obwohl die Bank seit Jahren profitabel wachse. Doch wegen deutlich höherer Renditeforderungen würden die neuen Besitzer jetzt hart durchgreifen. Dem Vernehmen nach soll die Südwestbank auf eine Eigenkapitalrendite vor Steuern von 15 Prozent getrimmt werden. Aktuell verdiene das Institut knapp fünf Prozent.

Die Ziele machen vor dem Hintergrund der Eigentümerstruktur der Bawag Sinn. Die viertgrößte Bank Österreichs gehört nämlich mehrheitlich dem US-Finanzinvestor Cerberus, der in der als nicht gerade zimperlich geltenden Branche für seine Härte berühmt-berüchtigt ist. Cerberus hatte die Bawag nach einer existenziellen Schieflage im Mai 2007 für rund drei Milliarden Euro übernommen und 2017 einen Teil davon an die Börse gebracht.

In den Jahren dazwischen haben die Amerikaner das Institut fit und zu einer der profitabelsten Banken gemacht. So erwirtschaftete die Bawag 2017 eine Eigenkapitalrendite von 15,3 Prozent. Die Kosten-Aufwands-Quote – eine in der Bankenwelt stark beachtete Kennziffer, die Aufschluss über die Effizienz gibt – lag bei beachtlichen 41,6 Prozent. Die Österreicher mussten 2017 also 41,6 Cent ausgeben, um einen Euro einzunehmen. Die Deutsche Bank zum Vergleich, liegt bei dieser Kennzahl nahe 100 Prozent – sie muss also fast einen Euro ausgeben um einen einzunehmen. Selbst US-Banken kommen nicht an die Bawag-Werte heran, die Cerberus nun offenbar von der Südwestbank fordert.

Allerdings: Das Geschäftsmodell der beiden Häuser unterscheidet sich fundamental. Auf der einen Seite die Bawag (Bilanzsumme 2017: 46 Milliarden Euro), die vor allem im inzwischen hoch automatisierten Privatkundengeschäft tätig ist. Auf der anderen Seite die Südwestbank (Bilanzsumme 2016: 7,4 Milliarden Euro), bei der das beratungsintensive Geschäft mit Firmenkunden und vermögenden Privatkunden dominiert.

Wie zu vernehmen ist, soll der Südwestbank nun das Geschäftsmodell der Bawag übergestülpt werden – was auch den schnellen Abbau einer so großen Zahl von Mitarbeitern erklären würde. Vor gut einem halben Jahr klang das alles noch ganz anders:

Ziel ist es, die vorhandenen Mitarbeiter über Wachstum auszulasten“

sagte Südwestbank-Chef Wolfgang Kuhn, der gebürtig aus Biberach stammt, in einem Interview mit den „Stuttgarter Nachrichten“ damals. Und: „Ein großer Treiber wird nach wie vor das Kreditgeschäft mit mittelständischen Firmenkunden sein.“

Unruhe allerorten

Doch die fragen sich inzwischen, was bei der knapp 100 Jahre alten Traditionsbank los ist, seitdem Geschäfte mit dem Verweis auf „zu geringe Profitabilität“ angeblich immer öfter abgelehnt würden. Intern habe der „neue Ton“ bereits zu einem Exodus geführt: Seit Jahresbeginn hätten rund 50 Mitarbeiter das Geldhaus freiwillig verlassen. Ein Vorstand und mehrere Mitarbeiter aus der zweiten Führungsebene hätten schon im Dezember 2017 ihren Hut nehmen müssen. „So sieht es aus, wenn die Wall Street im Südwesten das Sagen hat“, sagt der Südwestbank-Mitarbeiter.

Auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“ bestätigten Südwestbank und Bawag den Stellenabbau. „Aufgrund der Notwendigkeit effizienterer Prozesse wird sich die Anzahl unserer Mitarbeiter reduzieren. Bis Ende des Jahres 2019 werden pro Jahr jeweils circa 70 Stellen (Mitarbeiterkapazitäten) abgebaut“, heißt es in einem gemeinsamen Statement. Die Zielgröße von 350 Stellen bei der Südwestbank bestätigten sie nicht. Hält man sich jedoch vor Augen, dass hinter dem Begriff Mitarbeiterkapazitäten bei einer gemischten Personalbelegung mit Teilzeitbeschäftigten in der Regel mehrere Köpfe stehen, dürfte daran nicht viel fehlen.

Erreichen wollen die neuen Eigentümer den personellen Aderlass „durch natürliche Fluktuation, das Auslaufen befristeter Verträge und freiwillige einvernehmliche Lösungen“. Angeblich will man vielen Südwest-Bankern den Abschied mit Abfindungen schmackhaft machen. Selbst das vielfältige Engagement der Bank in Sport und Kultur, heißt es, soll wegen des Renditehungers von Cerberus vor dem Ende stehen.