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Dieselnachrüstung

Dieselnachrüstung kann Schadstoffausstoß senken

Stuttgart / Lesedauer: 3 min

ADAC und Baden-Württembergs Verkehrsminister stellen Ergebnisse vor – Kosten für Umbau sollen Hersteller tragen
Veröffentlicht:20.02.2018, 19:24

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Zwei Tage vor dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu Fahrverboten wächst der Druck auf die Automobilindustrie. Diese wehrt sich dagegen, Motoren der EU-Norm 5 so nachzurüsten, dass sie weniger Schadstoffe ausstoßen. Die Eingriffe seien aufwendig und nicht erprobt. Der ADAC und das baden-württembergische Verkehrsministerium haben dem am Dienstag in Stuttgart widersprochen. Sie legten eine Studie vor. Demnach sind Nachrüstungen relativ unkompliziert und können den Schadstoffausstoß deutlich senken.

Symbolträchtiger hätte der Ort für die Präsentation der Studie nicht sein können. Der ADAC hatte in seine Geschäftsstelle am Stuttgarter Neckartor geladen. Die Kreuzung ist eine der dreckigsten Deutschlands. Regelmäßig werden dort die Grenzwerte für Stickoxide um ein Mehrfaches überschritten. Das gilt für rund 30 weitere Kommunen im Südwesten, darunter Reutlingen, Ravensburg und Friedrichshafen . Weil Land und Stadt Stuttgart es seit Jahrzehnten nicht schaffen, die geltenden Regeln einzuhalten, muss am Donnerstag das Bundesverwaltungsgericht entscheiden. Es geht dabei um die Frage, wer Fahrverbote verhängen darf (siehe Kasten oben).

Große Anteile am Problem hat die Autoindustrie. Viele Diesel erfüllen die Euro-5-Norm allenfalls auf dem Prüfstand. Damit stoßen sie mehr Schadstoffe aus, als sie dürften. „Flächendeckenden Betrug am Verbraucher“, nannte Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) das am Dienstag.

Deshalb beauftragte sein Haus den ADAC mit der aktuellen Studie und zahlte die 300 000 Euro teure Arbeit zur Hälfte. Der Automobilclub ließ in vier Dieselfahrzeuge Anlagen zur Abgasreinigung einbauen. Vor und nach dem Einbau absolvierten die Tester Runden auf dem Prüfstand und auf Straßen. Dabei wendeten sie nach dem Auffliegen des Dieselskandals verschärfte Prüfmethoden an.

Mit dem neu eingebauten System stießen die Fahrzeuge demnach auch unter ungünstigen Bedingungen rund 50 Prozent weniger Stickoxide aus. Ungünstig bedeutet: Auch, wenn ein Auto kalt startet und sich im kraftstoffzehrenden Stadtverkehr bewegte, wurde dieses Ziel erreicht. Unter günstigeren Bedingungen wurden bis zu 70 Prozent weniger Emissionen gemessen. Ähnliche Ergebnisse hatte bereits 2017 ein Versuch der Firma Twintec erbracht. Allerdings gebe es weiteren Entwicklungsbedarf, vor allem bei sehr niedrigen Außentemperaturen.

An hoch belasteten Straßen wie dem Neckartor würde aber eine Nachrüstung allein nicht ausreichen, die Belastung der Luft unter die Grenzwert zu senken. Doch sie könne ein Baustein sein, so Hermann.

Der Einbau dauerte je nach Fahrzeugtyp zwischen zwei und 15 Stunden. Kostenpunkt: 1400 bis 3300 Euro. Sollten solche Nachrüstungen zur Regel werden, würden die Kosten wohl im oberen Drittel dieser Marge liegen. Dafür müsste der Bund den Einsatz der Technik erlauben und die Hersteller müssten kooperieren.

Wer die Kosten für die Nachrüstung tragen soll, ist für ADAC und Verkehrsminister Hermann klar.: die Autoindustrie. Sie habe Fahrzeuge verkauft, die geltende Grenzwerte nicht einhielten. Deswegen müsse die nun die Umrüstung zahlen.

Dagegen wehren sich die Hersteller. Daimler-Chef Dieter Zetsche sagte zuletzt, eine Nachrüstung sei zu aufwendig, ihre Entwicklung würde Jahre dauern. Außerdem werde der Verbrauch der Autos steigen Das bestätigte die ADAC-Studie. Die Testwagen benötigten zwischen 0,07 und 0,26 Litern mehr pro 100 Kilometer, hinzu kommt der Zusatzstoff AdBlue. Das würde die Kraftstoffkosten für ein Fahrzeug um bis zu 58 Cent pro 100 Kilometer erhöhen.