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Filmschnulze

Achterbahnbauer streben ins Kino

Wirtschaft / Lesedauer: 5 min

Michael Mack, der Sohn des Europa-Park-Gründers, produziert mit Mackmedia nun auch Trickfilme fürs Kino
Veröffentlicht:15.09.2017, 18:18

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In gewisse Weise ähnelt Michael Mack, der Sohn von Europa-Park-Gründer Roland Mack, dem alten Hoteldirektor aus der Filmschnulze „ Dirty Dancing “. Irgendwann, kurz bevor sich Johnny und Baby bekommen, sinniert der Inhaber des Ferienresorts: „Alles geht zu Ende – oder glaubst Du wirklich, die jungen Leute kommen noch hierher, um Foxtrott zu lernen?“ Auch Michael Mack macht sich Gedanken über die Wünsche der nachwachsenden Generation, fragt sich, ob die Attraktionen, die die Alten Jahrzehnte begeistert haben, den Jüngeren in Zukunft reichen werden. Und im Falle von Michael Mack sind die Attraktionen der Alten Achterbahnen. Und die Jungen sind im Jargon des Unternehmers die „Head-Down-Generation“.

„Der Trend ist einfach da“, sagt Michael Mack im Interview mit der „Schwäbischen Zeitung“. „Die Menschen beschäftigen sich gerne mit ihrem Handy, sie laufen mit dem Kopf nach unten durch die Gegend – egal wie spannend unsere Bahnen sind.“ Und von denen gäbe es immer mehr – auch in Deutschlands meist besuchtem Freizeitpark, dem Europa-Park in Rust bei Freiburg. Die Gefahr sei, „dass die jungen Leute irgendwann sagen, Freizeitpark und Kirmes sind langweilig, da gehen wir nicht mehr hin“.

Achterbahn für die Generation Handy

Darauf will der 39-Jährige nicht warten. Er will die Achterbahn attraktiv machen für die Generation Handy, für die Nerds, die immer nur auf dem Smartphone zocken und ein Großteil ihrer Zeit in virtuellen Welten verbringen. Deshalb sind seit zwei Jahren Karussell und Computerspiel im Europa-Park kein Gegensatz mehr: Wem das Kribbeln im Bauch bei der rasanten Fahrt durch enge Kurven und über steile Abfahrten in der Achterbahn Alpenexpress nicht mehr ausreicht, der setzt sich eine Virtual-Reality-Brille auf und rast durch virtuelle Welten. Auf dem Rücken eines Drachen zum Beispiel. Michael Mack hat dafür sogar ein neues Wort kreiert: „Coastiality“ – die Kombination aus Roller Coaster, dem englischen Wort für Achterbahn, und Virtual Reality (VR). „Für mich ist das die logische Weiterentwicklung des Freizeitparks in Zeiten der Digitalisierung“, erklärt Michael Mack.

Die Filme, die in der VR-Brille laufen, entstehen in einem eigenen Unternehmen der Mack-Gruppe: Mackmedia. Michael Mack, der schon seit Schülerzeiten mit Foto und Film experimentierte und in der Jugend Dokumentarfilme über Vater und Großvater und ihre Arbeit im Europa-Park drehte, führt die kleine Produktionsfirma, die mit zwölf Mitarbeitern einen Umsatz zwischen sechs und acht Millionen Euro erwirtschaftet. „Wir sind Marktführer für VR-Filme, die in Achterbahnen auf Freizeitparks in aller Welt laufen“, sagt Mack. 28 solcher Bahnen gibt es schon – und im vergangenen Jahr sei die Firma bereits profitabel gewesen.

Ob Mackmedia auch in diesem Jahr mit schwarzen Zahlen abschließt, entscheidet sich aber jedoch nicht im Europa-Park in Rust – und auch nicht in anderen Freizeitparks, in der die von Forschern der Universität Kaiserslautern entwickelte „Coastiality“-Technik zum Einsatz kommt. Sie entscheidet sich an den Kinokassen: Denn Mackmedia hat seinen ersten abendfüllenden Spielfilm in den Kinos: die animierte Monsterkomödie „Happy Familiy“ nach dem Roman von David Safier. Realisiert hat Michael Mack das Projekt gemeinsam mit dem Animationsstudio Ambient Entertainment aus Hannover und der Londoner Vertriebsfirma Timeless. Den Verleih übernimmt der US-Konzern Warner.

Aus Figuren werden Filme

Mackmedia geht dabei den umgekehrten Weg von Disney. Beim US-Unterhaltungskonzern erblicken die Figuren das Licht der Welt auf der Kinoleinwand und in einem zweiten Schritt baut das Unternehmen Freizeitparks, in denen Besucher die Geschichten der Figuren erleben könne. „Die Marke Happy Familiy ist bei uns aber im Freizeitpark entstanden“, erzählt Michael Mack. Zuerst sei die Geschichte ein Abenteuer während einer Achterbahnfahrt mit VR-Brille gewesen, dann konnte man die Figuren als Film aufs Handy laden, danach wanderten sie in das 4-D-Kino im Freizeitpark, in dem die Besucher, während sie Bilder sehen und Tönen lauschen, auch Wasser ins Gesicht gespritzt oder Wind durch die Haare gepustet bekommen. Nun ist „Happy Familiy“ im Kino, für Mack der „höchste Grad der Veredelung“, die im Europa-Park erschaffene Figuren erleben können.

Den gleichen Weg sollen in den nächsten Monaten auch vier Jungen nehmen, die ein Polizeichef der Zukunft über ein Computerspiel für seine Einheit rekrutiert. Gemeinsam mit dem Spielzeughersteller Simba-Dickie entwickelt Mackmedia die Geschichte der „Mod Squad P. D.“. Michael Mack und sein Team erarbeiten Story und die Filme für die VR-Brillen, das Fürther Unternehmen liefert die Merchandising-Produkte. Ausprobiert werden soll es im Europa-Park. Voraussetzung ist allerdings, dass „Happy Family“ im Kino funktioniert und für Mackmedia die Produktionskosten einspielt. „Dazu brauchen wir rund eine Million Zuschauer weltweit“, sagt Mack. Ein Viertel ist schon geschafft, nach drei Wochen hatten den Film in Deutschland rund 260 000 Kinobesucher gesehen.

Bald, das ist jedenfalls die Hoffnung des Mackmedia-Chefs, sollen diese Zuschauer auch den Wunsch verspüren, zusammen mit den „Happy Family“-Figuren im Europa-Park in Rust Achterbahn zu fahren. Es wäre ein weiterer Schritt auf dem Weg zum großen Ziel von Michael Mack: die Rettung der Achterbahn im Zeitalter der Digitalisierung.

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