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Erderhitzung

Wo die Erderhitzung längst Millionen Menschenleben bedroht

New York / Lesedauer: 3 min

Vor allem auf der Südhalbkugel häufen sich Dürren, Feuersbrünste und Überschwemmungen – Die Folgen sind Hunger und Massenflucht
Veröffentlicht:23.09.2019, 06:00

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An eindringlichen Worten mangelt es bei den Vereinten Nationen nicht, wenn es um den Klimawandel geht. Der Generalsekretär der UN, António Guterres , beschwört die „Schlacht unserer Leben“, in der die Menschen der Erderwärmung gegenüberstehen. „Der Klimawandel“, so warnt Guterres, „läuft schneller als wir“. Einen Schub in diesem Kampf erhofft sich Guterres am Montag. In New York treffen etliche Staats- und Regierungschefs zu einem Klimagipfel zusammen.

Die Staatenlenker sollen im UN-Hauptquartier konkret klarmachen, wie schnell und wie radikal sie den Ausstoß der klimaschädlichen Treibhausgase senken wollen. Derweil schreitet der Klimawandel immer weiter voran. Die Periode von 2015 bis 2019 wird laut der Weltwetterorganisation als der heißeste Fünfjahreszeitraum, der jemals gemessen wurde, in die Geschichte eingehen. In keinem Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen brannte die Sonne stärker auf die nördliche Halbkugel als in diesem Jahr. Und immer mehr Menschen leiden unter dem Klimawandel und seinen verheerenden Folgen. Am stärksten betroffen sind die Menschen in den armen Ländern des Südens.

Das zeigte sich auch in den ersten sechs Monaten des Jahres 2019. Stürme und Fluten verheerten große Gebiete in diesen Staaten: Indien, Bangladesch, Philippinen, Iran, Äthiopien, Mosambik, Malawi, Simbabwe, Madagaskar und Bolivien. Viele der Unwetter lassen sich auf die Erderwärmung zurückführen – das bestätigen Fachleute der Weltwetterorganisation. Sieben Millionen Menschen mussten im ersten Halbjahr 2019 vor den Gewalten der Natur fliehen. Niemals waren es nach Angaben des Genfer Beobachtungszentrums für Vertreibungen mehr. Das Beobachtungszentrums befürchtet sogar, dass die Zahl der Umweltflüchtlinge bis zum Jahresende auf 22 Millionen steigen werde. „Massenflucht vor extremen Wettersituationen wird die Norm“, erklärt Alexandra Bilak, Direktorin des Zentrums.

Zudem wird sich nach Prognosen des Roten Kreuzes die Zahl der Umweltopfer verdoppeln, die nur mit humanitärer Hilfe überleben können. Heute sind schon 108 Millionen Menschen, die von Stürmen, Dürren und Fluten heimgesucht wurden, auf Lebensmittellieferungen und andere Unterstützungen angewiesen. Zur Mitte des Jahrhunderts könnten schon mehr als 200 Millionen Kinder, Frauen und Männer zu Bittstellern für humanitäre Hilfe werden. Dieses „eskalierende Leiden“ werde zu „immer größeren humanitären Kosten“ führen, warnt der Präsident der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften, Francesco Rocca. Schon seit Jahren wächst der globale Bedarf für humanitäre Hilfe schneller als die Zuwendungen der wohlhabenden Geberländer und anderer Spender. Für Ende 2018 bezifferten die UN das Minus bei der humanitären Hilfe auf über zehn Milliarden US-Dollar.

Der Klimawandel untergräbt auch den Kampf der Weltgemeinschaft gegen Armut und Hunger – das bestätigt der Politikchef der UN-Abteilung für Wirtschaft und Soziales, Shantanu Mukherjee. „Die Lage ist trist“, sagte er bei der Präsentation eines Berichtes über die Nachhaltigen Entwicklungsziele der UN. Die ersten beiden Ziele, die Beendigung der Armut und die Beendigung des Hungers, drohen, bis 2030 verpasst zu werden. Auch aufgrund der Erderhitzung. Denn Feuersbrünste, Trockenheit, Stürme und Überschwemmungen zerstören die Lebensgrundlagen vieler Erdenbewohner. Auch deshalb steigt seit Mitte des laufenden Jahrzehnts die Zahl der hungernden Menschen wieder an: Mehr als 820 Millionen Kinder, Frauen und Männer sind es.