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Downsyndrom

Willkommen im Leben, kleine Yanti

Berlin / Lesedauer: 3 min

Fabian Sixtus Körner erzählt in einem Buch über seine Tochter, die das Downsyndrom hat
Veröffentlicht:19.09.2019, 20:45

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Die drei Jahre alte Yanti hat das Downsyndrom. Mit ihren Eltern kämpft das kleine Mädchen für mehr Akzeptanz und bessere Inklusion behinderter Menschen.

„Habt Ihr das denn nicht vorher gewusst?“ Fabian Sixtus Körner weiß nicht, wie oft er und seine Frau diese Frage schon gehört haben. Mal klang sie anklagend, mal mitleidig. Mit „das“ meinen die neugierigen Frager, dass ihre Tochter Yanti das Chromosom 21 dreimal hat. Das fröhliche Mädchen hat Trisomie 21, das Downsyndrom.

Am Freitag hat sich der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Kliniken und Krankenkassen darauf geeinigt, dass der Test, mit dem schon während der Schwangerschaft bestimmt werden kann, ob ein ungeborenes Baby das Downsyndrom hat, unter bestimmten Voraussetzungen von gesetzlichen Krankenkassen bezahlt werden soll. Kritiker befürchten, dass die Kassenleistung dazu führen könnte, dass sich noch mehr Eltern für eine Abtreibung entscheiden, wenn ihr ungeborenes Baby Trisomie 21 hat. Yantis Vater hält nicht den Test, sondern den gesellschaftlichen Umgang mit Menschen mit Behinderung für das Problem.

Als Fabian Sixtus Körner unmittelbar nach der Geburt seine Tochter im Arm hielt, fiel ihm gleich auf, dass etwas anders war. Yantis Augen waren mandelförmig, ihre Zunge dick. Kurz darauf teilten die Ärzte dem damals 34-Jährigen mit, dass Yanti das Downsyndrom habe. „Für mich brach eine Welt zusammen! Das sagt viel darüber aus, wie auch ich damals über Menschen mit Behinderung gedacht habe“, gibt er zu.

Jahrelang reiste Körner als Designer, Fotograf und Filmemacher um die ganze Welt. Sein Reisebericht „Journeyman“ wurde zum Bestseller. „Meine Freiheit, meine Reisen – all das muss ich jetzt aufgeben“, schoss es ihm im Krankenhaus durch den Kopf. Das war vor drei Jahren. Vor Kurzem kehrte er aus Indonesien, Thailand und den Philippinen zurück. Drei Monate war er mit Yanti und seiner Frau mit dem Rucksack unterwegs. „Es war eine großartige Reise. Nicht trotz, sondern wegen Yanti“, sagt Körner.

Im letzten Jahr erschien sein zweites, sein wichtigeres Buch. In „Mit anderen Augen. Wie ich durch meine Tochter lernte, die Welt neu zu sehen“ beschreibt der Berliner, wie Yanti sein Leben verändert und bereichert hat, und was sich in Deutschland tun muss, damit behinderte Menschen und ihre Familien nicht weiter ausgegrenzt werden.

Genaue Zahlen gibt es nicht, aber Pränatalmediziner glauben, dass sich neun von zehn Schwangeren gegen ein Trisomie-21-Kind entscheiden. Der Bundesverband niedergelassener Pränatalmediziner warnt, dass der gesellschaftliche Druck zur Abtreibung durch einen von der Krankenkasse bezahlten Test weiter steigen könnte. „Die Tests gibt es, weil Bedarf besteht. Und dieser Bedarf gründet auf der Annahme, dass es zu vermeiden gilt, einen Menschen mit Behinderung in die Welt zu setzen. Leider gilt noch immer: Behinderung = schlecht“, so Körner. Er und seine Frau würden sich wohl auch bei einer weiteren Schwangerschaft gegen einen Test entscheiden. Mit dem offenen Umgang mit dem Downsyndrom ihrer Tochter wollen sie jetzt daran arbeiten, das Bild von Menschen mit Behinderung zu verändern.

„In Deutschland gilt das Wort ,behindert‘ als Schimpfwort. Dabei istundefinedman nicht behindert, sondern wird von etwas behindert. In den meisten Fällen ist diese Behinderung die Gesellschaft. Menschen mit Behinderung werden bemitleidet, politisch lahmgelegt und durch Sonderschulen ausgegrenzt. Die Ressourcen, die auch diese Menschen haben, werden für die Gesellschaft kaum genutzt.“

Dass Yanti viel zu geben hat, haben auf den Reisen schon viele Leute gespürt. Fabian Sixtus Körner: „Yanti scheint genau zu spüren, wem es nicht gut geht. Sie lächelt diese Menschen dann oft ganz gezielt an. Wer sich nicht schnell abwendet, kann sich ihrer positiven Energie kaum entziehen.“