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Direktversicherung

Was Versicherte auf die Palme bringt

Politik / Lesedauer: 3 min

Hohe Sozialabgaben auf Direktversicherungen belasten Neurentner – Linken-Antrag auf Änderung heute im Bundestag
Veröffentlicht:27.04.2016, 20:30

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Für viele Rentner, die ihre Direktversicherung jetzt ausbezahlt bekommen, ist der Schock erst einmal groß. Betrieblich angesparte Rente wird zwar von allen Politikern propagiert. Doch auf diese Rente müssen Arbeitnehmer die vollen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung abführen. Nicht nur die der Arbeitnehmer, sondern auch die der Arbeitgeber, also 15,6 Prozent Krankenversicherung und 2,35 Prozent Pflegeversicherung.

Vielen Neurentnern ist das nicht bewusst, deshalb ist der Protest groß. Kein Wunder, denn bei 100000Euro Rente aus der Direktversicherung sind fast 18000Euro weg. Die Linke fordert, dies zu ändern. Der Bundestag debattiert das heute.

Das Problem rückt immer mehr ins Blickfeld. Das Rentenniveau sinkt, private und betriebliche Altersvorsorge bekommen einen höheren Stellenwert. Doch die Profitabilität von Riester-Renten hat in der Niedrig-zinsphase gelitten, auch die private Vorsorge ist derzeit nicht attraktiv.

Da fällt umso mehr eine Belastung der Neurentner auf, die schon länger besteht. Bei der Gesundheitsreform 2004 einigten sich Gesundheitsministerin Ulla Schmidt ( SPD ) und der damalige Unionsverhandlungspartner Horst Seehofer (CSU) darauf, auf diese Lebensversicherungen den vollen Beitrag zu verlangen, um „ein Gebot der Solidarität der Rentner gegenüber den Erwerbstätigen“ einzufordern.

Gemeinsame Meinung

Die Linken-Fraktion fordert jetzt die Bundesregierung auf, die doppelte Beitragszahlung auf Direktversicherungen und Versorgungsbezüge zu beenden. Sollten bereits während der Ansparphase Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden sein, dürften in der Leistungsphase keine Beiträge mehr fällig werden.

Eine gemeinsame Meinung von Linken, FDP und Arbeitgeberverband BDA gibt es selten – doch hier ist es der Fall. Die stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann etwa sagt: „Menschen, die für ihren Lebensabend vorsorgen wollten, werden gleich mehrfach bestraft, da das Angesparte sowohl durch die Sozialabgaben als auch die Niedrigzinsen geschmälert wird. Diese Ungerechtigkeit muss umgehend behoben werden.“ Eine Chance, dass der Antrag der Linken im Bundestag eine Mehrheit findet, gibt es dennoch nicht. Denn angesichts von 7,6 Millionen Direktversicherungen spülen die Abgaben rund 2,7 Milliarden in die gesetzlichen Krankenkassen.

Änderungen möglich

Das Nachdenken über Änderungen hat aber auch bei den anderen Fraktionen eingesetzt. In der Unionsfraktion heißt es in einem Eckpunktepapier zur Weiterentwicklung der betrieblichen Altersvorsorge, dass die Doppelverbeitragung als gravierender Nachteil der betrieblichen Altersvorsorge bewertet werde. Eine Arbeitsgruppe schlägt vor, dass der Arbeitgeber in der Ansparphase obligatorisch einen Betrag in Höhe der eingesparten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung abführt. Damit werde ein Ausgleich geschaffen.

Der CDU-Rentenexperte Peter Weiß hält solche Änderungen für die Zukunft für möglich. Bis Ende des Jahres will man sich mit der SPD über eine Weiterentwicklung der betrieblichen Altersvorsorge verständigen. Ein neuer Förderansatz müsse besonders die Geringverdiener und die Verhinderung von Altersarmut im Blick haben. Peter Weiß bricht eine Lanze auch für die Riester-Rente. „Die einzige Rente mit Familienkomponente würde ich nicht kaputt machen.“

Auch in der SPD-Fraktion rückt man aber von der Doppelverbeitragung von Lebensversicherungen ab. Die SPD-Politikerin Hilde Mattheis meint, die Beschlüsse seien in sehr schwieriger Finanzlage der Krankenversicherung beschlossen worden, die obersten Bundesgerichte hätten die Regelung jedoch als verfassungsgemäß bestätigt. „Heute sehe ich diese Regelung aber durchaus kritisch“, sagt Mattheis. „Eine einfache Rückabwicklung, wie das der Antrag der Linken suggeriert, ist aber nicht möglich.“ Das Thema müsse im Zuge einer umfassenden Reform der Betriebs- und privaten Rentenvorsorge erneut aufgegriffen werden.