StartseitePolitikWas Europa und den Briten nach Johnsons Sieg droht - und warum er kein zweiter Trump wird

Wahlergebnis

Was Europa und den Briten nach Johnsons Sieg droht - und warum er kein zweiter Trump wird

Ravensburg / Lesedauer: 2 min

Nach der Wahl in Großbritannien steht der Brexit praktisch fest. Trotz Populismus und Polemik wird sich der britische Premier aber nicht ganz von Europa lösen - sagt Chefredakteur Hendrik Groth.
Veröffentlicht:13.12.2019, 08:42

Artikel teilen:

Es hilft jetzt nicht über das Wahlergebnis zu lamentieren und zu betonen, dass Großbritannien tief gespalten und dass der deutliche Sieg von Boris Johnson dem Wahlsystem geschuldet sei. Fakt ist, die EU-Gegner haben sich bei dieser Unterhauswahl klar durchgesetzt.

Brüssel und die Mitgliedsstaaten sollten nun weise reagieren und nach dem wahrscheinlichen Inkrafttreten des Scheidungsvertrages im Januar kommenden Jahres konstruktiv an die Regelung der gemeinsamen Zukunft gehen. Nüchtern, kühl und professionell, denn es hängt zu viel davon ab, als es ein bilateraler Handelsvertrag auszudrücken vermag.

Denn es gibt weiterhin eine große Menge gemeinsamer politischer, wirtschaftlicher und kultureller Interessen. Nach dem Zweiten Weltkrieg haben sich stabile Freundschaften zwischen den Inselbewohnern und den Kontinentaleuropäern entwickelt. Das gilt für Privatpersonen wie für Institutionen. Europa braucht Großbritannien und das gilt auch andersherum. Boris Johnson mag ein Hallodri sein, der sein Fähnchen so in den Wind hängt, dass sein persönliches Wohlergehen davon profitiert, aber er wird sich nicht zum Trump-Junior auf europäischer Ebene reduzieren.

Es ist kaum vorstellbar, dass er alles über Bord wirft, was das Noch-Vereinigte Königreich auf europäischer Ebene stark und einflussreich gemacht hat.

Er hat nun eine stabile Mehrheit und es ist kaum vorstellbar, dass er alles über Bord wirft, was das Noch-Vereinigte Königreich auf europäischer Ebene stark und einflussreich gemacht hat.

Noch-Vereinigtes Königreich? Johnson ist mehrheitlich von Walisern und Engländern gewählt worden. Die Nordiren haben mit ihm mittlerweile Probleme und die Schotten haben mit überwältigender Mehrheit für die pro-europäische Schottische National Partei gestimmt, die eine erneute Volksabstimmung Schottlands über die Unabhängigkeit abhalten will.

Es wird spannend zu sehen sein, mit welchen Winkelzügen die Konservativen das Instrument Volksabstimmung in Schottland verhindern wollen, das sie in den vergangenen Jahren im Zusammenhang mit dem Brexit so vehement befürwortet haben. Noch ein Wort zur früher so starken Labour-Partei: Sie hat mit einem nichtqualifizierten Kandidaten und den Rezepten des 19. Jahrhunderts versucht, eine historische Wahl im 21. Jahrhundert zu gewinnen. Ein deutlicher Fingerzeig an die Genossen im Willy-Brandt-Haus in Berlin.