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Warum dem Zoll immer öfter Produktpiraten ins Netz gehen - und was Verbraucher tun können

Berlin / Lesedauer: 3 min

Finanzminister Scholz stellt die Jahresbilanz der Behörde vor – die wichtigsten Antworten für Verbraucher
Veröffentlicht:25.03.2019, 18:26

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Versandhändler verschicken immer mehr gefälschte Markenware. Das geht aus der Jahresbilanz 2018 des deutschen Zolls hervor. Der Kampf gegen die Markenpiraterie gehörte – neben dem Einsatz gegen Schwarzarbeit und Verstöße beim Mindestlohn – im vergangenen Jahr zu den Schwerpunkten der Arbeit des Zolls. „Gefährlich sind solche Fälschungen vor allem, wenn es sich im Kinderspielzeug oder Medikamente handelt“, sagte die Präsidentin der Generalzolldirektion, Colette Hercher, am Montag in Berlin. Auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) wies auf Gefahren der Produktpiraterie hin, lobte den Zoll aber für seine gute Arbeit. Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Warum werden immer mehr gefälschte Markenartikel entdeckt?

Der Internethandel wächst weiter. Auch deshalb ist die Zahl sichergestellter Fälschungen im vergangenen Jahr um 54 Prozent auf rund 38 000 gestiegen. Produktpiraten haben den Online-Versand längst als einen für sie idealen Vertriebsweg entdeckt. Im Geschäft fallen gefälschte Artikel dem Kunden vielleicht noch auf. Beim Online-Kauf merken Kunden erst beim Auspacken, was ihnen zugesandt wurde.

Welche Produkte werden vor allem gefälscht?

Alle, die einen großen Gewinn versprechen: Das können nachgemachte Fußball-T-Shirts großer Vereine sein, Sportschuhe, Spielwaren, Medikamente, aber auch Sonnenbrillen, Taschen und Schmuck. Nach Angaben der Zollbehörde waren im vergangenen Jahr gefälschte Schuhe die größte sichergestellte Produktgruppe (rund 12 000 Artikel), gefolgt von Kleidung (8500) und Körperpflege-Artikeln (2400). Entdeckt haben die Mitarbeiter aber auch dutzendweise schlecht kopierte Rolex-Uhren.

Woher kommen die gefälschten Produkte?

Laut Zoll-Statistik wurden im vergangenen Jahr zwei Drittel der Nachahmer-Produkte aus China nach Deutschland geschickt, eine Zunahme von 15 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr. Hongkong (9,5 Prozent, minus 5) und die Türkei 7 Prozent, plus 1,1) folgen dahinter.

Wie können sich Verbraucher schützen?

Wirksamen Schutz sehen Verbraucherschützer darin, im Internet bestellte Ware wenn möglich nur auf Rechnung oder per Lastschrift zu bezahlen. „Käufer können auf diese Weise einfach auf Mängel reagieren. Gefälschte Produkt müssen sie dann natürlich nicht bezahlen“, sagte Georg Tryba von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen dieser Zeitung. Vom Bezahlen per Überweisung oder mit der Kreditkarte rät er ab, sollten Zweifel an der Seriosität des Händlers bestehen.

Machen sich Käufer solcher Ware mitschuldig?

Zunächst einmal sind die meisten Käufer ganz einfach Opfer betrügerischer Machenschaften geworden. Aber es gibt natürlich auch Fälle, in denen der Kunde ahnt, dass ein Produkt gefälscht sein könnte und es dennoch kauft – einfach, weil es ihm gefällt oder weil der gefälschte Adidas- oder Nike-Schriftzug trotzdem etwas hermacht. „Solche Käufer müssen sich fragen, ob sie nicht durch ihr Verhalten eine Industrie erst am Laufen halten“, betonte Verbraucherschützer Tryba.

Wie erfolgreich ist der Zoll im Kampf gegen die Schwarzarbeit?

Im vergangenen Jahre wurden in rund 111 000 Fällen Ermittlungsverfahren wegen Schwarzarbeit eingeleitet – eine Zunahme von rund drei Prozent gegenüber dem Vorjahr. Mehr als 50 Millionen Euro nahm der Staat an Geldstrafen und Verwarnungsgeldern ein. Diese Zahl ist allerdings gering gegenüber dem errechneten volkswirtschaftlichen Schaden von mehr als 800 Millionen Euro. Die Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Mindestlohn nehmen ebenfalls zu. 6200 Verstöße gab es im vergangenen Jahr– fünfmal so viel wie noch vor drei Jahren.