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Zwielicht

Vertrauen in Facebook schwer erschüttert

London / Lesedauer: 3 min

Aktionäre in San Francisco klagen – Britische Regierung erhöht Druck auf britische Firmen
Veröffentlicht:21.03.2018, 21:42

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Im Facebook-Datenskandal hat die britische Regierung am Mittwoch den Druck auf die im Zwielicht stehenden britischen Firmen erhöht. Sie erwarte vom Marktforscher SCL und dessen Tochterfirma Cambridge Analytica (CA) „vollständige Kooperation“ mit der Untersuchung durch die Datenschutzbeauftragte, sagte Premier Theresa May im Unterhaus.

CA steht im Verdacht, sich illegal die Daten von 50 Millionen Kunden des Internet-Giganten Facebook angeeignet zu haben. Außerdem hat sich der mittlerweile suspendierte CA-Chef Alexander Nix allerlei schmutziger Tricks gerühmt, mit der sein Unternehmen Wahlkampagnen wie US-Präsident Donald Trumps Sieg im Jahr 2016 beeinflusst habe.

Die britische Datenschutzbeauftragte Elizabeth Denham ermittelt gegen Facebook und CA wegen Verstößen gegen das Datenschutzgesetz. Zu Wochenbeginn hatte die Kanadierin der US-Firma untersagt, weiterhin in Firmenräumen von CA und SCL nach dem Leck zu suchen, das die Weitergabe der Daten ermöglicht hatte.

Unterdessen haben Facebook-Aktionäre in San Francisco eine Klage gegen Mark Zuckerbergs Unternehmen eingereicht, dessen Börsenwert zu Wochenbeginn nach den Enthüllungen um rund 50 Milliarden Dollar gefallen war. Facebook habe „falsche und irreführende Mitteilungen“ über die Datensicherheit seiner Kunden gemacht, glauben Aktionär Fan Yuan und seine Unterstützer.

In Washington will die Opposition nun wissen, was Trump und sein Team wann von dem Datenmissbrauch gewusst haben. Demokraten wollen Ex-Mitarbeiter von CA vorladen und befragen. Und sie wollen wissen, ob es einen Zusammenhang mit der Wahlbeeinflussung durch Russland gibt, wurde doch aus Russland eine ganze Armee von Internet-Trollen in den US-Wahlkampf geschickt.

Geschäftsmodell infrage gestellt

Medien und Internet-Pioniere stellten zur Diskussion, ob der Facebook-Skandal nicht grundsätzlich das Geschäftsmodell vermeintlich kostenloser Kommunikation infrage stelle. Es sei „Zeit, die Privatsphäre ernst zu nehmen“, teilte WhatsApp-Mitgründer Brian Acton auf Twitter mit und machte sich die Kampagne #deleteFacebook (lösche Facebook) zu eigen. Vor drei Jahren hatte Facebook Actons Firma gekauft. Die „Financial Times“ in London verurteilte „die Kosten für die Gesellschaft“, die durch die sozialen Netzwerke entstehen: „ideologische Echoräume, Desinformation, Manipulation“.

Gegenüber Undercover-Reportern des britischen TV-Senders Channel Four hatte sich Nix nicht nur seiner häufigen Begegnungen mit Trump gerühmt, zu dessen Wahlsieg sein Unternehmen entscheidend beigetragen habe, er rühmte sich auch dubioser Methoden zur Beeinflussung von Wahlkampagnen wie Erpressungsversuche bestimmter Kandidaten mit Prostituierten und korrupten Geschäftsangeboten. Der Medienausschuss des Unterhauses hat Nix und Zuckerberg zu einer Anhörung vorgeladen.

Alle drei Unternehmen – Facebook, SCL und CA – hatten einen russischstämmigen Wissenschaftler der Universität Cambridge, Aleksandr Kogan, als Abschöpfer der Daten jener 270 000 Facebook-Kunden und ihres durchschnittlich je 185 Menschen umfassenden Kreises sogenannter Freunde bezeichnet. Kogan fühlt sich als Sündenbock missbraucht und sagte, er sei 2014 Auftragnehmer von CA gewesen und habe alle damals bestehenden Facebook-Vorschriften eingehalten. „Ehrlich, wir dachten, wir handeln vollkommen angemessen. Wir dachten, wir tun etwas völlig Normales.“ Sein einziger Fehler sei gewesen, nicht genug Fragen gestellt zu haben, sagte Kogan der BBC.

Facebook-Chef Zuckerberg hat am Mittwochabend „Fehler“ im Daten-Skandal eingeräumt.