StartseiteRegionalRegion AllgäuWangenSozialer Dienst in Wangen: Ängste nehmen, Grundvertrauen schaffen

Grundvertrauen

Sozialer Dienst in Wangen: Ängste nehmen, Grundvertrauen schaffen

Wangen / Lesedauer: 3 min

Sozialer Dienst in Wangen: Ängste nehmen, Grundvertrauen schaffen
Veröffentlicht:15.05.2013, 18:45

Von:
Artikel teilen:

Zugehender Sozialdienst. Hinter diesem, etwas unscheinbaren Begriff stecken viele menschliche Schicksale. Um die zumeist Obdachlosen, die in Wangen im Auwiesen-Areal wohnen, kümmert sich seit rund 14 Monaten Kristina Gunzelmann. Die Sozialarbeiterin erzählte unlängst im Verwaltungsausschuss über ihre Arbeit. Es war ein mitunter bewegender Bericht - über Höhen, Tiefen und kleine, aber wichtige Erfolge.

51 Einzelpersonen und 45 Familien aus sieben Nationen leben in den Holzbaracken und Wohngebäuden am Auwiesenweg und in einem Container am Herzmannser Weg. Die Unterkünfte sind klein, schlecht zu heizen und teilweise wegen des Schimmels alles andere förderlich für die Gesundheit. Der überwiegende Teil der Bewohner ist obdachlos, kommt meist schon seit Generationen aus einem sozial schwachen Milieu und ist teilweise unverschuldet in diese missliche Lage geraten: durch Schulden, Suchtprobleme, den Verlust des Arbeitsplatzes oder durch andere Lebenskrisen. „Auffallend und erschütternd ist die Armut bei Frauen, die nach der Scheidung plötzlich mittellos dastehen“, sagt Gunzelmann.

Seit gut einem Jahr betreut die Sozialarbeiterin die obdachlosen Menschen im Auwiesen-Areal, zu rund 60 von ihnen hat sie mittlerweile regelmäßig Kontakt. Nicht selbstverständlich, denn viele schotten sich ab oder haben Berührungsängste. „Ich gehe hin, suche das Gespräch, dränge mich aber nicht auf und versuche eine Ebene zu schaffen, auf der man miteinander umgehen kann“, so Gunzelmann. Und: „Das ist keine Sozialromantik, da geht es um handfeste Probleme.“

Und es geht zunächst darum, eine Vertrauensbasis zu Menschen zu schaffen, die ihren Lebensunterhalt fast alle von Arbeitslosengeld, Hartz IV, Grundsicherung oder vom Flaschenpfand bestreiten müssen. Sie zu unterstützen beim Umgang mit Behörden, zu verhindern, dass die Perspektivlosigkeit in Gewalt mündet, oder Lösungsansätze zu erarbeiten, damit diese Menschen ihre Krisen besser bewältigen können, ist die Aufgabe von Kristina Gunzelmann.

„Wenn es gelingt, dass jemand seine Suchtkrankheit überwindet, an seinem Arbeitsplatz integriert ist und das jetzt schon ein Jahr lang hält, dann ist das schon ein Erfolg, der einen in der Arbeit bestätigt“, sagt die Sozialarbeiterin. „Jeder Schritt in die Eigenständigkeit ist ein Erfolg, wenn die Leute Mut kriegen, sich zu integrieren.“ Integration ist eines der Ziele der Projektarbeit. Kooperationen mit der Bücherei (Vorlesen), dem Jugendhaus (Kürbisschnitzen) oder mit Aktionen wie Familientreff oder Elternkurse sollen auch das soziale Miteinander untereinander stärken.

Das Miteinander steht auch im Mittelpunkt bei den Planungen zur sozialen Stadt. Das städtebauliche Projekt, das im Zusammenhang mit der Landesgartenschau umgesetzt werden soll, beschäftigt auch die Bewohner des Auwiesenwegs. „Die Menschen sind unsicher, was mit ihnen geschieht“, weiß Gunzelmann. „Einerseits sind sie froh, dass sich etwas verändert, auf der anderen Seite besteht die Sorge, dass sie nicht berücksichtigt werden.“

Deshalb sei es wichtig, dass die Stadt für Transparenz sorgt, Sorgen der Bewohner ernst nimmt und sie an dem Prozess beteiligt – auch wenn dies für manchen im Auwiesenweg „Neuland“ sei: „Viele haben Berührungsängste, sie sind die Kultur der Teilnahme nicht gewohnt“, so Gunzelmann, die festgestellt hat, dass sich in dem einen Jahr ihrer Arbeit die „Wahrnehmung der Verwaltung“ geändert habe: „Ich habe das Gefühl, dass ich gehört werde.“ Wenn die Obdachlosen ebenfalls dieses Gefühl bekommen, ist schon viel gewonnen.

Deshalb sei es wichtig, dass die Stadt für Transparenz sorgt, Sorgen der Bewohner ernst nimmt und sie an dem Prozess beteiligt – auch wenn dies für manchen im Auwiesenweg „Neuland“ ist: „Viele haben Berührungsängste, sie sind die Kultur der Teilnahme nicht gewohnt“, so Kristina Gunzelmann, die auch festgestellt hat, dass sich in dem einen Jahr ihrer Arbeit die „Wahrnehmung der Verwaltung“ geändert habe. „Ich habe das Gefühl, dass ich gehört werde.“ Wenn die Obdachlosen ebenfalls dieses Gefühl bekommen, ist schon viel gewonnen.