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Impfstrategie

Nach dem großen Streit trifft Merkel den richtigen Ton

Politik / Lesedauer: 2 min

In dieser Phase der Corona-Krise bringt es nichts, wenn die Bundesregierung nur stur ihre Politik – und ihre Fehler verteidigt. Sie muss auch mehr Mitgefühl zeigen, kommentiert Claudia Kling.
Veröffentlicht:21.01.2021, 17:25

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Die Strategie von Bundeskanzlerin Angela Merkel ist klar: Nach dem nahezu missglückten Bund-Länder-Treffen am Dienstag und der anhaltenden Kritik an der Impfstrategie der Bundesregierung wählt sie die Flucht nach vorne und verteidigt ihre Corona-Politik. Zwei Tage zuvor hatten die Regierungschefs wie die Kesselflicker über Lockerungen bei Kitas und Schulen gestritten. Baden-Württemberg stellt sich mit der geplanten schrittweisen Öffnung vom 1. Februar an der Kanzlerin entgegen. Bayern hingegen bleibt auf Kurs. Die Corona-müden Bürger, Eltern, Schüler und Lehrer fragen sich entnervt, ob die Regierenden eigentlich noch so ganz genau wissen, warum sie was tun.

Die Erkenntnis, dass auch jede noch so gut gemeinte Einschränkung und Verordnung zu Verdruss führt, wenn die Regierten sie nicht nachvollziehen können, scheint im Kanzleramt angekommen zu sein. Auch die Enttäuschung vieler hochbetagter Menschen, die nicht in Heimen leben – und denen mit großem Brimborium eine rasche Impfung gegen die Krankheit in Aussicht gestellt wurde. Für über 80-Jährige, die sich noch selbst versorgen, ist jeder Tag, an dem sie nicht gegen das SarsCoV2-Virus geimpft sind, ein riskanter Tag. In Anbetracht dessen, um was es für viele geht, wirkt es wenig nachvollziehbar, wenn die Bundesregierung sich stur darauf zurückzieht, keine Fehler bei der Impfmittelbeschaffung gemacht zu haben.

In dieser Phase der Krise kommt es aber nicht mehr allein auf richtig oder falsch in der Corona-Politik an, weil Fehlentscheidungen in Krisenzeiten passieren können. Es geht auch um die Ansprache der Bürger. Dass Merkel den richtigen Ton treffen kann, zeigte sie mit ihrer Aussage, ihr breche das Herz, wenn sie sehe, wie viele Menschen in Einsamkeit gestorben sind. Solche Sätze von Politikern sind leider viel zu selten zu hören – dabei wäre es so wichtig, dass sie Mitgefühl zeigen. Denn die Corona-Pandemie ist nicht nur wirtschaftlich und schulpolitisch ein Desaster, sondern auch für Hunderttausende eine Zeit der großen Trauer und der Einsamkeit.