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Kommentar: Es braucht klare Regeln für das digitale Erbe

Politik / Lesedauer: 2 min

Der deutsche Gesetzgeber hat den digitalen Wandel lange verschlafen. Wie schmerzhaft das sein kann, zeigt der Fall um das Facebook-Konto einer toten Teenagerin. Es ist höchste Zeit, klare Regeln zu schaffen.
Veröffentlicht:12.07.2018, 17:13

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Es gibt zwei einfache Wahrheiten zur Digitalisierung: erstens, dass sie alle Lebensbereiche umkrempelt; zweitens, dass der Gesetzgeber in Deutschland den digitalen Wandel lange verschlafen hat. Es kann sehr schmerzhaft sein, wenn diese beiden Wahrheiten aufeinander prallen. Das zeigt der jahrelange Rechtsstreit über das private Facebook-Konto einer verstorbenen Teenagerin, über den der Bundesgerichtshof am Donnerstag entschieden hat. Der Fall zeigt: Die bisherige Rechtslage ist viel zu schwammig. Der digitale Nachlass muss endlich sauber gesetzlich geregelt werden.

Es ist absurd, dass eine Mutter nach dem Tod ihrer Tochter mit ihrer Klage gegen Facebook über zweieinhalb Jahre durch alle Instanzen gehen muss – bis endlich klar ist, dass der Zugang zu den privaten Nachrichten des Mädchens tatsächlich Teil des Erbes ist. Dieser teure und bedrückende Weg muss Erben in solchen Fällen künftig erspart bleiben. Auch Menschen, die zu Lebzeiten ein digitales Testament schreiben wollen, brauchen möglichst klare, für alle verständliche Regeln.

Eine gesetzliche Regelung zum digitalen Nachlass ist auch deshalb nötig, weil der Staat Digitalkonzernen dringend ihre Grenzen aufzeigen muss. Es ist anmaßend, wie Facebook bis heute mit den Profilen verstorbener Nutzer umgeht. Wenn Facebook-Freunde dem sozialen Netzwerk den Tod des Nutzers melden, dann wird sein Profil in einen „Gedenkmodus“ versetzt. Danach kann niemand – auch nicht die rechtmäßigen Erben – auf die privaten Nachrichten des Nutzers zugreifen. Genau das war ja auch der Knackpunkt in dem Fall, über den der BGH heute entschieden hat. Das ist grotesk. Das ist so, als gingen nach dem Tod eines Mieters die privaten Briefe in seiner Wohnung an den Vermieter über. Betreibern sozialer Netzwerke muss klar sein: Ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen dürfen nicht über deutschem Erbrecht stehen.

Im Koalitionsvertrag hat die Regierung vereinbart, den digitalen Nachlass rechtssicher zu regeln. Es ist höchste Zeit, dieses Versprechen einzulösen.