Olympiahalle
Knapp an einem Fiasko vorbei
München / Lesedauer: 4 min
Die Harmonie des CSU-Parteitags in der Münchener Olympiahalle dauerte exakt bis 10.18 Uhr am Samstagmorgen. Dann kam der erste deftige Diskussionsbeitrag gegen die beabsichtigte Ausweitung der Frauenquote – ihm folgten immer schärfere. In 90 Minuten drohte sogar die Abschaffung der schon geltenden Frauenquoten, bis die Parteiführung die Notbremse zog und den entsprechenden Leitantrag abschwächte. Parteichef Markus Söder, der am Tag zuvor mit 91,3 Prozent als Parteichef wiedergewählt wurde, appellierte an das Parteivolk, die „Brechstange und anderes Kriegsgerät“ wieder einzupacken.
Der Zorn vieler Delegierter entzündete sich an Satzungsänderungen, die mit einem 75-Punkte-Reform-Leitantrag des Parteivorstands eingeleitet werden sollten. Demnach sollte die für den Landes- und die Bezirksvorstände geltende 40-Prozent-Frauenquote auch für die Besetzung aller CSU-Kreisvorstände verbindlich werden. Nach heftigen Gegenreden lenkte die Vorsitzende der CSU-Frauen-Union, Ulrike Scharf , ein und schlug als Kompromiss vor, aus dem „Muss“ ein „Soll“ zu machen. Der abgeschwächte Vorschlag wurde von Söder unterstützt, „auch wenn ich mir mehr hätte vorstellen können“.
Der Widerstand gegen die Ausweitung der Frauenquote war überraschend heftig. Wenn man die Grünen als Verbotspartei kritisiere, dürfe man nicht gleichzeitig eine Frauenquote einführen, sagte der Passauer Kreisvorsitzende Holm Putzke. Der schwäbische Ortsverbandsvorsitzende Manfred Krautkrämer forderte, auch die bereits bestehenden Quoten für Bezirks- und Landesvorstände abzuschaffen. Der Bundestagsabgeordnete und Dingolfinger Kreisvorsitzende Max Straubinger wetterte, er sei es leid, im Vorfeld von Wahlversammlungen Quoten berechnen zu müssen.
Doch auch unter weiblichen Delegierten regte sich Widerstand. Die stellvertretende oberbayerische JU-Vorsitzende Wiebke Hönicke forderte: „Bitte machen Sie mich nicht zur Quotenfrau.“ Hannah Lotze aus dem Kreisverband Berchtesgadener Land nannte die Quote einen „absoluten Blödsinn“, ebenso das „Narrativ von den bösen Männern“. Wenn sich nicht genügend Frauen für die Parteiarbeit fänden, so liege dies daran, dass eine Frau erst überlege, ob sie einen Posten ausfüllen könne und dann ja sage, während der Mann erst ja sage und dann überlege.
Des Parteivorstand versuchte, den Leitantrag zu retten. Wenig Erfolg hatte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer mit seinem Vorschlag, das Wort „Quote“ durch „Regelung“ zu ersetzen. Landtagspräsidentin Ilse Aigner sorgte sich um die Außenwirkung der Diskussion: „Wir sollten nicht spalten, nicht trennen, sondern zusammenführen.“ Der Europapolitiker Manfred Weber, der mit dem besten Ergebnis aller Vizes als stellvertretender Parteivorsitzender wiedergewählt worden war, sah das Signal des Aufbruchs, das von diesem Parteitag ausgehen sollte, in Gefahr. Auch Söders Staatskanzleiminister Florian Herrmann warb für die Ausweitung der Quote. Es sei „notwendig, einen gewissen Druck in die Sache zu bringen“. Generalsekretär Markus Blume erklärte die Quote gar zur „Existenzfrage“ für die CSU .
Die Warnungen bewirkten bei manchem Delegierten allerdings das Gegenteil: Es sei ein „Wahnsinn“, dass der halbe Parteivorstand antrete, um die Meinung zu drehen, sagte Laurenz Kiefer von der CSU München-Mitte. Er forderte: „Lasst euch davon nicht beeinflussen.“ Die Stimmung gipfelte in einem Antrag, über die Quote schriftlich und geheim abstimmen zu lassen – mit dem bekannten Ergebnis. Verglichen mit dem „spannenden Vormittag“ (Söder) war die Rede der CDU-Vorsitzenden und Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer geradezu harmonisch. Sie beklagte sich darüber, dass der Politik zu den Verwerfungen in Nordsyrien nichts Weiterführendes einfalle. Die ständigen Äußerungen von Besorgtheit könne sie „nicht mehr hören“, so AKK.
Werben für mehr Rüstungsausgaben
Sie warb dafür, den Zwei-Prozent-Anteil der Verteidigungsausgaben am deutschen Bruttosozialprodukt zu erhöhen. Wenn man diese Zusagen an die Nato-Partner nicht einhalte, „nimmt niemand in der Welt auch nur einen Pfifferling von uns“, so Kramp-Karrenbauer.
Noch einmal bestätigte die CDU-Chefin, dass das Kriegsbeil zwischen den beiden Unions-Schwesterparteien seit dem Amtsantritt von Söder tief begraben sei. Was 2018 passiert sei, sei „zerstörerisch“ gewesen: „Das darf uns nicht noch einmal passieren.“ Die Delegierten begrüßten und verabschiedeten die CDU-Chefin mit bravem Applaus. Tags zuvor hatten sie AKK einen Gefallen getan – und einen Antrag der Jungen Union auf Mitgliedervotum über den Unions-Kanzlerkandidaten abgeschmettert.
Söder hielt seine Erwiderung auf den Gastbeitrag der CDU-Chefin – im Gegensatz zu Seehoferschen Gepflogenheiten – kurz und freundlich. Er übergab der „lieben Freundin“ einen Blumenstrauß. „Angela“ (Merkel) habe hingegen früher nur einen virtuellen erhalten – ein kleiner Seitenhieb auf den auch am Samstag nicht anwesenden Vorgänger Horst Seehofer: „Das hat immer großen Ärger gegeben.“ Deshalb habe die CSU trotz Mittelknappheit das Geld für echte Blümchen aufgebracht.