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Haftar

Kein Kampf Gut gegen Böse: Warum die Offensive in Libyen ins Stocken geraten ist

Politik / Lesedauer: 3 min

Auf der einen Seite eine schwache Regierung, die von Extremisten verteidigt wird – auf der anderen Seite ein General mit schwierigen Verbündeten: Warum der Libyen-Konflikt so kompliziert ist.
Veröffentlicht:16.04.2019, 19:38

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In Libyen ist der Versuch von Rebellen-General Khalifa Haftar zur Einnahme der Hauptstadt Tripolis vorerst gescheitert. Die Offensive bleibt in den Außenbezirken der Millionenstadt stecken. Die Kämpfe treffen die Zivilbevölkerung schwer und verschlimmern die Lage in Libyen noch weiter: Zu den Verteidigern der Hauptstadt zählen Islamisten und mutmaßliche Menschenhändler, die mit ihrem Einsatz ihre Macht zementieren. Ein Ende der Gewalt ist nicht abzusehen.

Noch kann Haftar auf die Unterstützung ausländischer Partner wie Ägypten, Saudi-Arabien und auch Frankreich zählen. Der 75-jährige Haftar steht an der Spitze der Libyschen Nationalen Armee (LNA), der stärksten Einzeltruppe unter den vielen verschiedenen bewaffneten Gruppen und Milizen in dem Bürgerkriegsland.

Mit dem Marsch auf Tripolis im Westen Libyens greift Haftar, dessen Machtbasis im Osten des Landes liegt, nach der Herrschaft über das ganze Land. Libyen ist seit dem Kollaps der staatlichen Ordnung nach der Entmachtung des früheren Herrschers Muammar Gaddafi 2011 ohne starke Zentralregierung. Machtkämpfe rivalisierender Milizen, das Gerangel um die Verteilung der Erlöse aus den reichen Ölvorräten und die Einmischung ausländischer Staaten verbinden sich zu einem Geflecht aus Konflikten.

Beim Angriff auf Tripolis setzte Haftar auf einen Überraschungseffekt: Die international anerkannte Regierung seines Rivalen, Ministerpräsident Fayez al-Serrasch, hat keine eigenen Truppen, sondern stützt sich auf die Hilfe diverser Milizen. Doch Haftars Plan ist zumindest vorerst gescheitert. Bewaffnete Gruppen aus Tripolis und anderen Landesteilen sind Serraschs Regierung zur Hilfe geeilt und stellen sich Haftars LNA entgegen. Seit mehr als einer Woche bewege sich die Front nicht mehr, teilte die UNO mit.

Islamisten helfen der Regierung

Serraschs Helfer eint das Ziel, Haftar zu stoppen. Ansonsten verfolgen sie eigene Interessen, die häufig nicht mit denen der Regierung oder der UNO übereinstimmen. So könnte die Mitwirkung von Extremisten bei der Verteidigung der Hauptstadt langfristig zu einem Problem werden. Zwei islamistische Gruppen aus Tripolis – die Spezialkräfte Abschreckung Rada sowie die Nawasi-Brigade – kämpfen in den Vororten von Tripolis gegen Haftars LNA.

Haftar und seine Unterstützer weisen auf den zweifelhaften Ruf der LNA-Gegner hin, um den Angriff auf Tripolis zu rechtfertigen: Der General selbst und Partner wie Ägypten betonen, bei der Offensive gehe es um den Kampf gegen Terrorismus. Haftar kämpfe gegen Gruppen, von denen einige mit dem Terrornetzwerk Al-Kaida verbündet seien, ließ sich auch ein französischer Diplomat von der Nachrichtenagentur Reuters zitieren. Islamisten und Menschenhändler dürften nach einer gewonnenen Auseinandersetzung gegen Haftar kaum bereit sein, sich einer Regierung zu unterwerfen, die ihr Überleben ihrem Einsatz verdankt.

Doch es ist kein Kampf von Gut gegen Böse. Erst Haftars Offensive hat die Position der Milizen auf diese Weise gestärkt. Auch in Haftars Verbänden finden sich islamistische Extremisten. Die Lage könnte sich ändern, wenn Haftars internationale Unterstützer auf Distanz zu dem General gehen. Bisher sieht es nicht danach aus. Die bedrängte Regierung in Tripolis warf den Vereinigten Arabischen Emiraten vor wenigen Tagen vor, Haftars Truppen mit einer ganzen Flugzeugladung voller Waffen und Gerät versorgt zu haben.