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Journalismus als Gotteslästerung: So aggressiv verteidigt sich Saudi-Arabien im Fall Khashoggi

Limassol / Lesedauer: 3 min

Saudi-Arabien kontert Vorwürfe im Mordfall Khashoggi aggressiv – Monarchie erschüttert
Veröffentlicht:20.11.2018, 19:41

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Die Führung in Saudi-Arabien will Vorwürfe im Mordfall Khashogggi offenbar bekämpfen, indem sie diese zur Majestätsbeleidigung erklärt. Mit einem verklausulierten Hinweis auf dieses Tabu hat das Regime in Riad auf einen Bericht der „Washington Post“ reagiert. Darin war gestanden, dass laut dem US-Auslandsgeheimdienst CIA der unter dem Kürzel MBS bekannte saudische Kronprinz Mohammed bin Salman für den Mord an dem Journalisten Jamal Khashoggi verantwortlich sei. In einem Interview mit der Staatszeitung „Al Schark al-Aussat“ wies der saudische Außenminister Abdel al-Jubeir die Erkenntnisse des amerikanischen Auslandsgeheimdienstes barsch zurück und erklärte: „Wir im Königreich wissen, dass solche Behauptungen gegen den Kronprinzen völlig falsch sind, und wir weisen sie entschieden zurück.“

Hinweis auf die rote Linie

Mit diesem Dementi ließ es der Chef der saudischen Diplomatie aber nicht bewenden. Um gegen MBS gerichtete Anschuldigungen im Keim zu ersticken, betonte al-Jubeir, dass Kritik gegen die höchsten Würdenträger des Landes künftig nicht mehr geduldet werde – und warnte: „Die Führung des Königreiches Saudi-Arabien, vertreten durch den König und den Thronfolger, stellen eine rote Linie dar. Und wir werden keine Versuche zulassen, sie anzutasten, von wem auch immer und unter welchem Vorwand auch immer.“

Der saudische Außenminister vermied es in seinen Ausführungen, den Begriff Majestätsbeleidung zu verwenden. Doch bei der von Riad nun gezogenen „roten Linie“ geht es um nichts anderes. Majestätsbeleidigung gehört – neben Gotteslästerung, Homosexualität, Prostitution und Hexerei – zu denjenigen Delikten, die in dem Wüstenkönigreich mit der Todesstrafe, Auspeitschung oder lebenslanger Haft bestraft werden können. So wurde der Blogger Raif Badawi wegen Beleidigung des Islam und Majestätsbeleidigung im Mai 2014 zu 1000 Stockhieben sowie zehn Jahren Haft verurteilt.

Auch den Teilnehmern von Demokratie-Protesten im schiitischen Osten von Saudi-Arabien wurde „Aufruhr gegen die Monarchie“ vorgeworfen. Sie hätten beleidigende und verleumderische Parolen gegen das Königshaus skandiert. Dass es das saudische Königshaus mit seinen Warnungen bitterernst meint, bekräftigte der saudische König Salman bin Abdulaziz am Montagabend. Der greise Monarch hielt seine erste Rede seit dem Mord an Jamal Khashoggi. Die Tat erwähnte er freilich nicht.

Stattdessen pries er seinen ältesten Sohn für seinen Reformeifer und lobte „Gerechtigkeit und Gleichheit“ im Königreich. „Ich möchte Euch versichern, dass dieses Land niemals von der Umsetzung des Gesetzes Gottes (Scharia) abweichen wird“, rief König Salman. In einer Sendung des britischen Sendernetzwerks BBC wurde seine Rede als ein Versuch gewertet, die durch den Mordfall Khashoggi tief erschütterte saudische Monarchie zu festigen.

Alles soll bleiben, wie es ist

Änderungen, laute die Devise in Riad, werde es nicht geben. Alles bleibe so, wie es ist. Dass Saudi-Arabien nie wieder zum „status quo ante“, also der Zeit vor der Ermordung Khashoggi, zurückkehren werde, wolle das Könighaus noch immer nicht wahrhaben, betonen westliche Diplomaten in Riad. Nach ihren Informationen sollen in den vergangenen Wochen auch mehrere Mitglieder der Königsfamilie auf die Ablösung von „ MBS “ gedrängt – und Prinz Ahmed bin Abdulaziz, den 76 Jahre alten Bruder von König Salman, als Thronfolger vorgeschlagen haben.