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Zankapfel

Gibraltar wird wieder zum Zankapfel

Politik / Lesedauer: 3 min

Spanien droht mit einer Ablehnung zum Brexit-Deal. Grund ist der Streit um die britische Kronkolonie Gibraltar.
Veröffentlicht:20.11.2018, 20:23

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Wenige Tage vor dem EU-Sondergipfel am Sonntag droht Spanien damit, die Zustimmung zum mühsam zwischen der EU und London ausgehandelten Brexit-Kompromiss zu verweigern. Hintergrund ist der Streit um die britische Kronkolonie Gibraltar, die von Spanien beansprucht wird. Spanien besteht auf der Klarstellung, dass die Bestimmungen der Brexit-Verträge nicht automatisch auf Gibraltar übertragen werden. Die Situation müsse in bilateralen Gesprächen zwischen Madrid und London geklärt werden, fordert die spanische Regierung.

Man könne nicht hinnehmen, dass die Zukunft Gibraltars zwischen Großbritannien und der Europäischen Union verhandelt wird, sagte Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez. Wenn es im Brexit-Austrittsvertrag keine Änderung in dieser Sache gebe, werde Spanien gegen das Abkommen stimmen. Gibraltar gehöre nicht zu Großbritannien, auch wenn es von Großbritannien repräsentiert werde, sagte Sánchez. Dies wird in London freilich anders gesehen. Gibraltar sei entscheidender Bestandteil der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft Großbritanniens, bekräftigte jüngst die britische Premierministerin Theresa May.

In Gibraltar, das seit mehr als 300 Jahren zum britischen Königreich gehört, wurde Spaniens Veto-Drohung als weiteres Signal dafür gewertet, dass die Kolonie unter britischem Dach besser aufgehoben sei. Die Position der spanischen Regierung trage wenig dazu bei, gegenseitiges Vertrauen aufzubauen, erklärte Gibraltars Regierungschef Fabian Picardo. Bereits zweimal stimmten die 30 000 Koloniebewohner über ihre Zukunft ab: Stets mit einem klaren Ergebnis: 1967 sprachen sich 99 Prozent gegen einen Anschluss an Spanien aus. 2002 lehnten mehr als 90 Prozent auch eine zwischen Madrid und London geteilte Souveränität Gibraltars ab.

1713 an britische Krone abgetreten

Doch die spanische Regierung fordert hartnäckig die „Rückgabe“ Gibraltars, das 1713 in den Friedensverträgen von Utrecht an die britische Krone abgetreten worden war. Nun, mit dem Brexit, wittert Spanien eine neue Chance, Gibraltar ins spanische Königreich zurückzuholen. Deswegen drängt Madrid bereits seit Monaten darauf, die Zukunft der Felsenhalbinsel aus den Brexit-Verhandlungen explizit herauszunehmen. Das sei von Brüssel auch so zugesagt worden, beklagt sich Madrid, diese Abmachung spiegle sich nun aber nicht im vorliegenden Austrittsvertrag wieder.

Kurios ist, dass Gibraltar im Gegensatz zur britischen Mutterinsel eine proeuropäische Hochburg ist. Im Brexit-Referendum im Juni 2016 hatten 96 Prozent der Gibraltarer gegen den EU-Abschied gestimmt. Vor allem, weil die Bewohner überwiegend vom relativ freizügigen Handel und Grenzverkehr mit dem spanischen EU-Nachbarn leben. Gibraltar ist dank niedriger Steuersätze und Tausender Briefkastenfirmen ein Finanz- und Shoppingparadies.

Blockieren kann Spanien das Brexit-Austrittsabkommen nicht. Nach Artikel 50 des EU-Vertrags müssen die Staats- und Regierungschefs den Austrittsvertrag nicht einstimmig, sondern nur mit qualifizierter Mehrheit (mindestens 20 von 27 Mitgliedstaaten, die zusammen mindestens 65 Prozent der Bevölkerung der verbleibenden Mitgliedstaaten vertreten) annehmen.