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Faktencheck: Angela Merkel und die Abstands- und Rücksichtslosigkeit

Politik / Lesedauer: 3 min

In Sozialen Medien werden Fotos geteilt, die die angebliche Scheinheiligkeit bei der Abstandsregel dokumentieren sollen.
Veröffentlicht:06.07.2020, 17:15

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In Sozialen Medien werden Fotos geteilt, die die angebliche Scheinheiligkeit von Spitzenpolitikern bei der Abstandsregel dokumentieren sollen.

BEHAUPTUNG:

Spitzenpolitiker wie Bundeskanzlerin Angela Merkel predigen Wasser, aber trinken Wein: Sie gängeln die Bevölkerung mit Corona-Maßnahmen, an die sie sich selbst nicht halten. Das zeigen aktuelle Fotos von Merkel mit Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen. Die Bilder von den Treffen am 29. Juni und 30. Juni dokumentieren sprichwörtlich per Handschlag die Scheinheiligkeit der Macht-Elite.

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FAKTENLAGE:

Die Vorwürfe sind falsch. Bei den Facebook-Posts handelt es sich um gezielte Manipulation und Stimmungsmache . Die Fotos stammen eben nicht von diesen Terminen im Juni 2020, sondern von Treffen im Januar, als es noch keine Corona-Maßnahmen gab.

Besagtes Foto mit der deutschen Kanzlerin und Frankreichs Präsidenten wurde am 19. Januar 2020 vor dem Bundeskanzleramt in Berlin vom Fotografen Kay Nietfeld für die Deutsche Presse-Agentur aufgenommen. Anlass war die Libyen-Konferenz. Auf diesen Umstand weist etwa die "Main-Post" in ihrer Bildunterschrift ausdrücklich hin.

Das Treffen am 29. Juni fand hingegen im Schloss Meseberg in Brandenburg statt. Thema war unter anderem der europäische Wiederaufbauplan von 750 Milliarden Euro in der Corona-Krise. Aufnahmen von dem Tag zeigen, dass Merkel einen beigen und keinen blauen Blazer trug .

Außerdem ist auf Fotos zu sehen, dass die beiden Politiker demonstrativ den Abstand einhielten und sich bei der Begrüßung nicht berührten, was auch Video-Aufnahmen in Nachrichtensendungen belegen.

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Ähnlich verhält es sich bei Merkels Treffen mit Ursula von der Leyen . Der Screenshot, der auf Facebook geteilt wurde, ist aus einem Beitrag der ZDF-Nachrichtensendung "heute" vom 18. Januar , der auf Youtube einsehbar ist. Die Kanzlerin hatte sich dabei im Vorfeld der Libyen-Konferenz mit der EU-Kommissionschefin getroffen, um Details zu besprechen.

Das Fake-Foto suggeriert einen körperlichen Kontakt bei einem Treffen am 30. Juni, wobei wahrscheinlich auf die Unterredung Merkels mit von der Leyen am 2. Juli im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft Bezug genommen werden soll. Allerdings fand dieses Gespräch nicht als physisches Treffen statt, die EU-Kommissionspräsidentin war lediglich per Video zugeschaltet.

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Dass für gezielte Manipulationen Fotos aus dem zeitlichen Kontext gerissen werden, ist nicht neu . Als Nutzer können Sie den Wahrheitsgehalt sogar selbst ziemlich einfach überprüfen. Dazu nutzen Sie entweder die Google-Rückwärtssuche .

So gehen Sie dazu vor:

  • Auf Android-Smartphones öffnen Sie den Artikel in Chrome oder der Google-App und lassen ihren Finger so lange auf dem entsprechenden Bild, bis sich ein Menü öffnet, in dem die Funktion "Mit Google Lens öffnen" zu sehen ist. Wenn Sie diese nutzen, können Sie herausfinden, wann und in welchem anderen Kontext das entsprechende Bild schon mal verwendet wurde. Die Funktion von Google Lens steht auch Apple-Usern mit iOS-Smartphones zur Verfügung.
  • Im Browser am heimischen PC öffnen Sie die Webseite für Google-Bilder, klicken rechts neben dem Suchfeld auf das Kamera-Symbol und geben dann in das dortige Suchfeld entweder die URL des Bildes ein, oder laden selbst ein gefundenes Bild hoch. Auch hier bekommen Sie Auskunft über die digitale Genese des Bildes.