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Schlepperbande

EU-Militärs sollen Schlepper angreifen

Politik / Lesedauer: 3 min

Einsatz im Mittelmeer ab Oktober geplant
Veröffentlicht:02.09.2015, 19:50

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Die EU bereitet sich auf einen kollektiven Großeinsatz gegen die Schleuser an der libyschen Küste vor. Im Oktober sollen Militärs der Mitgliedsstaaten mit sieben Kriegsschiffen, U-Booten, Drohnen und Flugzeugen gegen Schlepperbanden vorgehen, die seit Jahresbeginn 350 000 Menschen über das Mittelmeer nach Europa geschickt haben, viele davon auf seeuntauglichen Booten in den Tod.

Bereits im Juni hatten die EU-Regierungschefs einen entsprechenden Plan in drei Stufen beschlossen. Die erste Phase, in der Informationen über Fluchtrouten und Geschäftspraktiken der Schlepper gesammelt wurden, sei nun abgeschlossen, erklärte die EU-Kommission am Mittwoch. Der italienische Konteradmiral Enrico Credendino habe seinen Bericht bei der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini abgeliefert. Die Operation „Navfor Med“ habe sich außerdem an neun Rettungseinsätzen beteiligt und mehr als 1440 Flüchtlinge sicher an Land gebracht.

UN-Mandat benötigt

Nun sollen in einem zweiten Schritt Boote auf See abgefangen, wenn möglich beschlagnahmt und kriminelle Fluchthelfer festgesetzt werden. Die dritte Phase sieht die Zerstörung der Schiffe innerhalb der Zwölf-Meilen-Zone Libyens vor. Sie benötigt ein UN-Mandat, da mit dem Einverständnis der libyschen Regierung nicht zu rechnen sei, wie eine Kommissionssprecherin erklärte.

Die rechtliche Grundlage für derartige Einsätze einer Art „EU-Mittelmeerpolizei“ ist aber auch so sehr wackelig, wie die „Schwäbische Zeitung“ im Gespräch mit Expertin Nele Matz-Lück erfuhr. „Außerhalb der eigenen Zwölf-Meilen-Zone wird es schwierig“, sagt die Professorin für Internationales Seerecht an der Universität Kiel. „Man darf seine eigenen Hoheitsgewässer schützen – auch noch in der Anschlusszone, bis zu 24 Seemeilen vor der eigenen Küste, wenn damit eine Straftat abgewendet werden soll. Auf hoher See aber darf eigentlich nur der Staat eingreifen, unter dessen Flagge das Schiff fährt.“

Ausnahmen gelten nur für Piraten- oder Sklavenhändlerschiffe, nicht aber für Menschenschmuggler. Allerdings haben Schleuserschiffe meist keine Flagge, auch sei wenig wahrscheinlich, dass die Eigentümer ihre Rechte reklamieren würden, räumt Matz-Lück ein.

In Luxemburg werden sich am heutigen Donnerstag die Verteidigungsminister und morgen die Außenminister mit den komplizierten Fragen befassen, die mit einem derartigen Einsatz verbunden sind. Mitte September sollen sich die Mitgliedsstaaten in einer Konferenz festlegen, wie viel Gerät, Personal und logistische Unterstützung sie für die Mission zur Verfügung stellen können. Für das erste Jahr der Operation werden die Kosten auf etwa 11,82 Mio Euro geschätzt.

Deutschland macht mit

Deutschland hatte sich bislang zurückhaltend zum Militäreinsatz geäußert, und wie Schweden einen Prüfvorbehalt angemeldet. Da in Deutschland der Bundestag zustimmen müsse, wolle Berlin eine fundiertere Begründung für die Ausweitung des Einsatzes, sagte ein Diplomat der Agentur AFP. „Deutschland will mehr Futter für die Entscheidung.“ In Brüssel rechnet man aber mit Zustimmung aus Berlin.

Bislang beteiligen sich zwei deutsche Schiffe an den EU-Patrouillen. Deutschland stellt zudem Personal an Bord des italienischen Flugzeugträgers „Cavour“. Insgesamt sind vier Schiffe, zwei Flugzeuge und drei Hubschrauber im Einsatz.

„Mit dieser Operation greifen wir das Geschäftsmodell derjenigen an, die sich an der Not der Migranten bereichern“, erklärte Federica Mogherini Ende Juni, als das Programm von den EU-Mitgliedsstaaten beschlossen wurde. Die Zusammenarbeit mit den Behörden in Libyen, von wo die meisten Todesboote starten, wird aber immer schwieriger. Islamistische Milizen haben die vom Westen anerkannte Regierung aus der Hauptstadt Tripolis nach Tobruk vertrieben und unterstützen eine Gegenregierung.