StartseitePolitikDie Trump-Versteherin zieht die Reißleine

Reißleine

Die Trump-Versteherin zieht die Reißleine

Washington / Lesedauer: 3 min

Der US-Präsident verliert mit dem Weggang seiner bisherigen Kommunikationschefin eine ganz enge Vertraute. Die 29-jährige hatte zuvor vor einem Ausschuss zugegeben, manchmal für Trump zu lügen. War das zuviel der Wahrheit?
Veröffentlicht:01.03.2018, 19:43

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Im Orbit Donald Trumps gibt es zwei Kategorien von Beratern. Die einen gehören zur Familie und laufen damit keine Gefahr, bei einer Personalrochade im Weißen Haus unter die Räder zu kommen. Die anderen haben eine solche Rückversicherung nicht, weshalb sie permanent auf dem Schleudersitz sitzen. Hope Hicks (Foto: dpa), die scheidende Kommunikationsdirektorin, gehörte so gut wie zur Familie, obwohl sie mit dem US-Präsidenten nicht verwandt ist. Umso lauter dröhnte der Paukenschlag, als sie in der Nacht zum Donnerstag ihren Rücktritt ankündigte.

Die junge Frau aus Connecticut, ein ehemaliges Model, erledigte schon die Pressearbeit des Kandidaten Trump, als keiner der Auguren dem Baulöwen eine echte Chance zubilligen wollte. Zuvor hatte sie für die Modemarke Ivanka Trumps, der ältesten Tochter des Unternehmers, gearbeitet. Es war ihr erster Job nach dem Studium; im New Yorker Trump Tower war man offenbar sehr zufrieden mit ihr. Obwohl sie über keinerlei politische Erfahrung verfügte, bot ihr Donald Trump eine Stelle in seinem Wahlkampfteam an. In einer Mannschaft, die im Vergleich zur Konkurrenz nicht zuletzt durch ihre bescheidene Größe auffiel. Die junge Seiteneinsteigerin Hicks war unter anderem das Symbol einer Kampagne, die sich als Rebellion gegen den traditionellen Politikbetrieb verstand, als eine Runde von Amateuren, die es den Profis zeigen wollte.

Im vergangenen September stieg sie zur Kommunikationschefin der Regierungszentrale auf, binnen acht Monaten bereits die Nummer 4 auf diesem Posten. Ihr schriller Vorgänger Anthony Scaramucci hatte nach gerade mal elf Tagen seinen Hut nehmen müssen – das Amt gilt als eines der schwierigsten im Weißen Haus. Theoretisch haben Kommunikationsdirektoren dafür zu sorgen, dass von dort eine einheitliche Botschaft kommt. Praktisch ist das nahezu unmöglich, wenn der Präsident seine Publicity-Abteilung durch spontan dahingeschriebene Twitter-Zeilen täglich aufs Neue verwirrt, wenn sich rivalisierende Fraktionen in Machtkämpfen aufreiben und bisweilen Interna an die Medien durchstechen, um sich selber ins rechte Licht zu rücken. Das eigentlich Überraschende an der Causa Hicks ist die Tatsache, dass sie es so lange in der Schlangengrube aushielt.

Hope Hicks gehörte zu den wenigen, die dem Staatschef unter vier Augen widersprechen konnten, ohne Gefahr zu laufen, später vor versammelter Mannschaft abgekanzelt zu werden. Trump habe sie behandelt wie seine eigene Tochter, während er in Ivanka eher seine tatsächliche Ehefrau sah, schreibt der Journalist Michael Wolff in seinem Enthüllungsbuch „Fire and Fury“.

Kein Wunder, dass heftig spekuliert wird über die Gründe, die zu ihrem überraschenden Abgang führten. Es kursiert eine offizielle Version, nach der die 29-Jährige schon seit geraumer Zeit Ausschau nach beruflichen Alternativen in der Privatwirtschaft hielt. Näher liegt, dass sie gehen muss, weil sie bei einer brisanten Anhörung im Kongress die Wahrheit sagte. Ja, ihr Job habe sie gelegentlich zu Notlügen gezwungen, räumte sie während eines achtstündigen Sitzungsmarathons im Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses ein. Es war ein Moment seltener Aufrichtigkeit, dessen Folgen David Remnick, Chefredakteur der Zeitschrift „New Yorker“, so kommentiert: „Im moralischen Universum Trumps konnte nicht das Lügen die Sünde sein, sondern allein das Eingeständnis der Lüge.“