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Anwohner am alten Marktplatz verspüren Bauchgrimmen

Meckenbeuren / Lesedauer: 5 min

Anwohner am alten Marktplatz verspüren Bauchgrimmen
Veröffentlicht:07.12.2012, 19:30

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„Bitte schreiben Sie doch alter Marktplatz, nicht alter Schmiedeplatz“ – die Bitte der Gesprächsrunde ist vielsagend. Zum einen stellt sie ab auf die Tradition, konkret: des Platznamens. Zum anderen schlägt sie die Brücke in die hochpolitische Jetzt-Zeit – sollen mit der Namensnennung doch Meckenbeurer wie SZ-Leser gleich wissen, um was es geht: um eine Visitenkarte der Gemeinde für all jene, die von Richtung Ravensburg her zufahren.

Dass die Gestaltung des Areals rund ums Geißbock-Denkmal eine sensible ist – darin sind sich Franz und Ulrike Boos mit Verwaltung wie Gemeinderäten einig. Dass die Anwohner-Runde (ergänzt um Peter Banholzer und Gisela Hölzle sowie Stefan Hartmann) einen Gesprächstermin mit der SZ vereinbart hat, deutet aber darauf hin, dass es auch abweichende Sichtweisen gibt.

Daraus machen die Beteiligten keinen Hehl, haben sich vielmehr – vor dem Gang in die Öffentlichkeit – in Mails und Gesprächsterminen an Gemeinderäte wie Bürgermeister gewandt. Darin verschweigen sie auch ihre Überraschung nicht, dass der Investor sie bei einem Besuch mit recht konkreten Bauplänen konfrontierte.

In diesen erkannte Franz Boos als Bewohner von Haus Bahnhofstraße 6, dass eine private Tiefgarage an die Stelle der heutigen öffentlichen Parkplätze treten sollte. „Dieser Bau wird mit großer Wahrscheinlichkeit meinen Altbau beschädigen“, sorgt er sich (auch in dem Brief an die Räte von Anfang Oktober). Der Grund: Boos‘ Keller basiert auf Natursteinen, so dass sich beim Abpumpen des Grundwassers für die Tiefgarage auch der angrenzende Bau senken könnte – das ist die große Sorge.

Und: „Wo sollen die Leute parken?“ fragt das Ehepaar Boos, das beim täglichen Blick aus dem Fenster feststellen kann, wie stark das jetzige Angebot benötigt wird. Die Plätze am Bahnhof werden als zu fern eingestuft – gerade für jene, die Einzelhandel oder Gastronomie in der Hauptstraße aufsuchen wollen. Und: Mit dem Grün rund ums Geißbock-Denkmal würde eine der letzten zentralen Freiflächen verschwinden.

Hinzu kommen offenbar Dimensionen, die Bauchweh verursachen: zum einen die Höhe, zum anderen das Ausmaß. Schließlich geht es – nach dem, was Franz Boos den Plänen entnehmen konnte – nicht nur um den alten Marktplatz und um die einst an der Straße angesiedelte alte Schmiede, sondern um eine Bebauung, die beides umfasst. Von daher sind nicht nur die Anwohner gespannt, wenn Konkretes in die Öffentlichkeit gelangt…

Im Gemeinderat ist die Frage von Länge und Breite nämlich noch nicht aufgetaucht – allein die Höhenentwicklung kam zur Sprache. „Vier Vollgeschosse und ein Staffelgeschoss“ hieß es da, was Rückfragen aufwarf und zu Vergleichen Anlass gab – etwa mit der Kubatur der katholischen Kirche. Auf zwei Aussagen des Bürgermeisters können sich die Anwohner freilich stützen: Wohl gebe es eine Visualisierung auch dazu, was der Investor an Nutzungsideen hat, aber keine fertige Planung – das ist die eine. Und die andere: „Wir definieren, wo die Grenzen sind.“

Wichtig ist der Runde eine Unterscheidung – „dass keiner hier ein Problem hat, dass gebaut wird“. Nur: in welcher Verhältnismäßigkeit, mit welchen Höhen und welcher Optik? Das sind Fragen, die gerne in einer Bürgerversammlung geklärt werden dürfen – so schnell als möglich, hoffen Ulrike und Franz Boos, ehe Vorfestlegungen stattfinden. Denn: „Die Bürger sollen sich identifizieren können“, heißt es aus der Runde.

Und aus Sicht der Gemeinde? „Wir gehen es hochprofessionell an“, lässt Bürgermeister Andreas Schmid keinen Zweifel, dass die Gemeinde das Ruder in der Hand hält. Zeitnah passiere dreierlei: a) Fürs städtebauliche Konzept als „Gesamtwurf“ sei der Auftrag ans Büro Pesch und Partner ergangen. „Wir haben eine Grundlogik vorgegeben“, hebt Schmid das Eigeninteresse der Gemeinde bei Grenzziehungen (Höhe) hervor. Jüngst wurden Ergebnisse in der Ratssitzung öffentlich. b) Zusammen mit dem Initiativkreis wurde ein Einzelhandels-Gutachten beauftragt, das offenbar vorliegt. c) Für Flächen am alten Marktplatz hat ein Investor Interesse bekundet (mit Nutzungsideen zu Beherbergung, Wohnen, Gastronomie, Einzelhandel). Damit sei natürlich ein gewisser Zeitdruck aufgekommen, so der Schultes, der erneut bekräftigt, dass einige Punkte noch offen seien (wie Erschließung/Parken).

Ausblick: Vorstellen kann sich Schmid, dass städtebauliches Konzept wie konkreter Bauwunsch im Februar der Öffentlichkeit in breiterem Rahmen vorgestellt werden – vorausgesetzt Lösungsansätze liegen vor und die „Realisierungswahrscheinlichkeit“ ist hoch.

Kommentar:

V orneweg: Der Gesamtrahmen ist zu bedeutsam für Schnellschüsse. Immerhin geht es um Meckenbeurens Kern, um die Hauptstraße beginnend auf Höhe Haus Schwarzenbacher bis zum „Adler“. Wenn der B30-Verkehr nicht wäre: ein Filetstück. Und die Planungen dieser Tage schauen in jene Zeiten voraus, da – vielleicht – einmal die B30-neu für Entlastung sorgt.

Angebracht, dass Bürgermeister Andreas Schmid Differenziertheit in der Betrachtung fordert. Hier die Bedeutung dieser 400 Meter für die Entwicklung der Gemeinde (festgemacht auch am links und rechts angesiedelten Einzelhandel). Dort das einzelne Bauprojekt am alten Marktplatz.

Dass unmittelbare Betroffenheit stets ungleich mehr sensibilisiert als großflächige Planung, ist nur allzu menschlich. Keiner, der da außen vor wäre. Gut deshalb, dass es übergeordnete Instanzen gibt. Gemeinderat und Verwaltung haben sich für ein Gutachten entschieden, wie der Stand des Einzelhandels ist und wie es um seine Entwicklungspotentiale bestellt ist. Zudem wurde 2011 mit dem Büro „Pesch und Partner“ ein renommierter Vertreter seiner Zunft mit dem Rahmenkonzept betraut.

Und gerade, als sich der Blick auf die großen Fragen richten sollte – just da drehte sich im Gemeinderat fast alles ums (Einzel-)Vorhaben am alten Marktplatz. Unangebracht – so mag es sich aus Verwaltungssicht dargestellt haben, zumindest ließe sich die bürgermeisterliche Reaktion so deuten.

Freilich: Unmittelbare Betroffenheit und Sorgen der Anwohner bleiben. Auflösen ließen sie sich mittels früher Bürgerbeteiligung (die einem gewissen Stand der Projekte bedarf) oder Prioritätensetzung. Dass auf „A“ (das städtebauliche Konzept) „B“ folgt – der konkrete Bauantrag. „Erst der große Rahmen, dann das dazu passende Einzelprojekt“: Unbestritten ist dabei die Gefahr, Investoren abzuschrecken. So manche Furcht aber ließe sich mindern.