StartseiteRegionalBodenseeFriedrichshafen„TT“ und „ÜB“ abgelehnt: Der Bodenseekreis setzt kein neues Zeichen

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„TT“ und „ÜB“ abgelehnt: Der Bodenseekreis setzt kein neues Zeichen

Friedrichshafen / Lesedauer: 4 min

Kreistag lehnt die Wiedereinführung der Altkennzeichen ab – Tettnang und Überlingen geben trotzdem nicht auf
Veröffentlicht:18.12.2012, 19:40

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Tettnangs Bürgermeister Bruno Walter bezeichnet die Buchstabenkombination „TT“ in seinem Antrag als „wichtiges Symbol für die Identifikation mit unserer Stadt“. Und Sabine Becker , Oberbürgermeisterin in Überlingen und Kreisrätin, erkennt in „ÜB“ die Möglichkeit einer „differenzierteren Wahrnehmung des Bodenseekreises in seiner Vielfältigkeit“. Die Mehrheit des Kreistages hat in seiner Sitzung am Dienstagnachmittag trotzdem dagegen gestimmt, die alten Kfz-Kennzeichen wieder einzuführen.

„Ich kritisiere nicht die Antragsteller, sondern die Gesetzgeber“, betonte der CDU-Fraktionsvorsitzende Dieter Hornung. Mit der Kennzeichenliberalisierung sei etwas geschaffen worden, wonach kein Mensch gerufen habe. Mehr als 40 Jahre lang habe es niemanden interessiert, dass „TT“ und „ÜB“ zugunsten von „ FN “ von der Bildfläche verschwunden seien.

„Wir haben einen intakt funktionierenden Landkreis“, in dem die Identifikation nicht über eine Autonummer laufe. Der Kreisrat räumte ein, dass in seiner Partei keine Einigkeit herrsche, aber: „Meine Fraktion lehnt diesen Anachronismus mehrheitlich ab.“

Frank Amann, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, schloss sich Dieter Hornungs Ausführungen an. Und auch SPD-Fraktionschef Norbert Zeller sprach sich gegen „TT“ und „ÜB“ aus: Der Landkreis sei mit „FN“ zusammengewachsen, „und wir sehen keine Notwendigkeit, das wieder aufzudröseln“.

„Warum sollen wir den Städten diese Möglichkeit verwehren?“, fragte jedoch Christa Hecht-Fluhr von den Grünen. Die Identifikation hänge nicht von einem Kennzeichen ab, gab auch die Fraktionsvorsitzende zu. Es gehe vielmehr darum, dass die Menschen im Landkreis das Gefühl hätten, mit ihren Interessen ernst genommen zu werden.

Ähnlich äußerte sich FDP-Chef Dr. Hans-Peter Wetzel: „Überlingen und Tettnang haben gesagt, was sie gerne hätten, warum sollte sich der Kreis über diese Wünsche stellen?“ Und Roberto Salerno (Die Linke) gab zu bedenken: Es sei klar, was die Menschen davon hielten, „wenn diese gesetzliche Möglichkeit vom Landkreis beschnitten wird“.

Am Ende half es aber nicht einmal, dass Ingo Wörner von der FDP in Vertretung der CDU-Kreisrätin Sabine Becker, die grippekrank im Bett lag, das Wort ergriff. Wahrscheinlich habe sie in der eigenen Partei keinen Fürsprecher gefunden, erklärte der Kreisrat, um schließlich zu fordern: „Stellt die Bürger mit ihren Wünschen in den Mittelpunkt und stärkt damit den Landkreis von innen!“

Doch 16 Ja-Stimmen reichten am Ende nicht aus, die Mehrheit des Kreistages entschied sich gegen eine Neuauflage der alten Kennzeichen. Dass „TT“ und „ÜB“ damit endgültig Geschichte sind, steht damit allerdings nicht fest. Denn jetzt ist die Frage, ob die Landesregierung dem Votum des Kreistages folgt oder sich mit den Kommunen und Städten direkt auseinandersetzt.

Oberbürgermeisterin Sabine Becker betont in ihrem Antrag auf Wiedereinführung des „ÜB“-Kennzeichens jedenfalls: „Eine Mehrfertigung des Schreibens erhält das Regierungspräsidium Tübingen zur Kenntnis.“ Und auch aus dem Tettnanger Rathaus war gestern zu hören, dass die Stadt unabhängig vom Beschluss des Kreistages ihr Glück mit „TT“ auf Landesebene versuchen will.

Heute sind noch 500 Fahrzeuge mit „TT“ oder „ÜB“ unterwegs

Mit der Kreisreform 1973 wurden die Buchstabenkombinationen abgeschafft, die zuvor von den Landratsämtern in Tettnang und Überlingen ausgegeben worden waren. Das Bundesverkehrsministerium wies dem Bodenseekreis das Kennzeichen „FN“ zu. „TT“ und „ÜB“ behielten so lange ihre Gültigkeit, bis Auto, Motorrad oder Laster endgültig abgemeldet wurden beziehungsweise werden. Nach und nach verschwanden die Fahrzeuge mit Altkennzeichen, heute sind noch etwa 500 zugelassen.

Als 2010/11 Studenten der Fachhochschule Heilbronn, Studiengang Tourismusmanagement, 140 ehemalige Kreisstädte zur Wiedereinführung alter Kennzeichen befragten, sprachen sich 74 Prozent dafür aus. Die Reaktion: Es gründete sich eine Städte-Initiative, der sich auch Tettnang und Überlingen anschlossen und die von Bund und Land nicht nur die alten Lettern zurück haben wollte, sondern dazu völlig neue. Stichwort „Kennzeichenliberalisierung“.

Prominenter Unterstützer: Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer, der von einer „Herzensangelegenheit“ sprach und Städten und Gemeinden die freie Wahl bei der Gestaltung der Kennzeichen lassen will. Sein Erfolg: Nachdem der Deutsche Landkreistag noch dagegen gestimmt hatte, segnete der Bundesrat im September eine Verordnung des Bundesverkehrsministeriums zur Änderung der Fahrzeug-Zulassungsverordnung ab. Allerdings mit der Einschränkung, dass alte Kennzeichen wiederbelebt, aber auf Kreisebene keine neuen erschaffen werden dürfen.

In der Folge forderte das baden-württembergische Verkehrsministerium die Landkreise auf, zu erklären, ob sie Altkennzeichen wieder einführen wollen und den Antrag mit einem Beschluss des Kreistages zu unterlegen.