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„Der Schritt ist mir nicht leichtgefallen“

Politik / Lesedauer: 3 min

Der Bundesaußenminister und ehemalige SPD-Chef Sigmar Gabriel zieht eine Bilanz seiner Amtszeit
Veröffentlicht:19.03.2017, 20:41

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Bundesaußenminister und Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel (Foto: AFP) ist mit seiner Bilanz als Parteivorsitzender „mehr als zufrieden“. Das sagte Gabriel im Gespräch mit Rasmus Buchsteiner.

Herr Gabriel, nach siebeneinhalb Jahren haben Sie jetzt den Vorsitz der SPD abgegeben. Es war das Amt, das Ihnen immer das liebste war. Wie groß ist die Wehmut beim Blick zurück?

Der Schritt ist mir natürlich nicht leichtgefallen. Vorsitzender der ältesten demokratischen Partei Europas zu sein, ist schon etwas ganz Besonderes. Auf diesem Stuhl haben vorher August Bebel, Friedrich Ebert, Otto Wels, Kurt Schumacher und Willy Brandt gesessen. Menschen, die ihr ganzes Leben dem Kampf gegen Unfreiheit und Ungerechtigkeit und für Freiheit und Demokratie gewidmet haben. Ich will mich mit diesen großen Persönlichkeiten der deutschen Demokratiegeschichte nicht vergleichen, aber es hat mir viel bedeutet, zu ihren Nachfolgern zu gehören.

Sie sind mit der SPD durch einige Höhen und viele Tiefen gegangen. Welches Fazit ziehen Sie jetzt?

Ich habe der Partei viel zu verdanken. Da kann man in einer stillen Minute schon einmal wehmütig werden. Aber wenn ich auf die siebeneinhalb Jahre als Parteivorsitzender zurückschaue, bin ich mit der Bilanz mehr als zufrieden. Als ich Parteivorsitzender wurde, hatte die SPD gerade die schwerste Niederlage ihrer Nachkriegsgeschichte erlitten. Es war nicht einfach, die SPD wieder aufzurichten, ihr neues Selbstbewusstsein zu geben und die Grundlage für die neue Stärke der SPD zu legen. Ich bin stolz darauf, dass Martin Schulz jetzt hierauf aufbauen kann.

Sind Sie völlig im Frieden mit Ihrer Entscheidung, Martin Schulz den Vortritt auch als Kanzlerkandidat gelassen zu haben?

Sie glauben gar nicht, wie oft mir diese Frage gestellt wird. Scheinbar gilt es als unmöglich, dass ein Politiker ein Amt freiwillig und sogar frohen Gemüts abgibt. Aber schauen Sie: Ich wollte die Große Koalition mit der CDU/CSU. Denn für mich ist die SPD nicht zum Zuschauen in der Politik da, sondern zum Gestalten. Mindestlohn, mehr Frauenrechte, Bildungsinvestitionen, die Verdreifachung des sozialen Wohnungsbaus und vieles andere mehr wären in den letzten vier Jahren ohne die SPD nicht gekommen. Nun wollen viele Wählerinnen und Wähler etwas anderes als die Große Koalition. Da wünschen sich viele einen neuen Aufbruch, zu dem dann auch ein neues Gesicht gehört. Jemand, der neue Ideen einbringt und Menschen motiviert, sich wieder für ein modernes, erfolgreiches, aber eben auch sozial gerechtes Deutschland zu engagieren. Deshalb wusste ich relativ früh, dass Martin Schulz das repräsentiert.

Warum?

Mehr als mich macht ihn das für ehemalige Nichtwähler genauso wählbar wie für frühere Wähler der Linkspartei und der Grünen. Und wenn Sie sich die Umfragen ansehen und die Dynamik in der SPD erleben, wissen Sie, dass es der richtige Schritt war. Und was kann einem Vorsitzenden der SPD besser gefallen, als dass seine Strategie und Entscheidung erfolgreich ist?