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Spitzenkandidatur

CSU-Europapolitiker Manfred Weber bestätigt Bewerbung als künftiger EU-Kommissionspräsident

Brüssel / Lesedauer: 3 min

CSU-Europapolitiker Manfred Weber bestätigt Bewerbung als künftiger EU-Kommissionspräsident
Veröffentlicht:05.09.2018, 19:08

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Als Mann des Ausgleichs, der die Kluft zwischen Ost- und Westeuropäern überwinden will, hat sich Manfred Weber am Mittwoch um die Spitzenkandidatur der konservativen EVP für die Europawahl beworben. Sollte seine Partei die meisten Stimmen holen, strebt er das Amt des EU-Kommissionspräsidenten an.

Ähnlich wie der derzeitige Amtsinhaber Jean-Claude Juncker sieht auch sein Parteifreund Weber Europa „an einem Wendepunkt.“ Nachdem er seine Fraktion im Europaparlament über seine Pläne informiert hatte und auf viel Unterstützung gestoßen war, gab er eine kurze Erklärung ab. „Wir werden von außen angegriffen, aber auch von innen heraus, von Radikalen, Antieuropäern, solchen, die nicht an Partnerschaft glauben.“ Deshalb brauche Europa einen neuen Plan. Er sei der Richtige, um die Herausforderungen zu meistern. „Die EU wird von den Menschen zu sehr als bürokratische, als Elitestruktur wahrgenommen. Ich möchte Europa den Menschen zurückgeben.“

Eine breite Unterstützung aus allen politischen Flügeln der EVP garantiert Weber die Favoritenrolle, wenn die Partei im November in Helsinki den Spitzenkandidaten kürt. Das bedeutet aber keineswegs, dass ihn die Staatschefs für den Richtigen halten, um als Nachfolger von Jean-Claude Juncker die EU-Kommission zu führen. Auf Erfahrung in einem Minister- oder Regierungsamt kann er nicht einmal auf Landesebene verweisen. Er hat noch nie eine größere Verwaltung geführt, wie es jeder Oberbürgermeister tut. Sein Englisch ist hölzern.

Auch auf die Proporzlogik hat Weber wenig Einfluss. Ähnlich wie in der bayerischen CSU oder der Bundesregierung wird auch auf EU-Ebene versucht, die Jobs möglichst ausgewogen nach Herkunft und Parteizugehörigkeit zu besetzen. Zusätzlich müssen wenigstens einige Frauen in Spitzenpositionen kommen. Andernfalls stünde die EU, die sich bei jeder Gelegenheit für Chancengleichheit stark macht, recht lächerlich da. An kompetenten Frauen mangelt es derzeit nicht. Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager aus Dänemark wird so ziemlich jede Aufgabe zugetraut. Auch die sozialdemokratische Außenbeauftragte Federica Mogherini aus Italien hat sich als echtes Schwergewicht erwiesen. Allerdings haben beide Damen das Problem, dass ihre Parteizugehörigkeit den Ambitionen im Wege steht.

„La Republique en Marche“, LREM, die bewegungsähnliche Partei des französischen Staatspräsidenten, ist im Europaparlament überhaupt noch nicht vertreten. Welcher Fraktion sich die Franzosen nach der Europawahl im kommenden Mai anschließen werden, haben sie noch nicht verraten. Davon könnte entscheidend abhängen, wer im Herbst Kommissionspräsident wird. Sollte LREM sich für die Liberalen entscheiden, würden die Chancen von Vestager schlagartig steigen, EU-Kommissionspräsidentin zu werden.

Die Zeiten, in denen eine Große Koalition im Europaparlament die europäischen Posten unter sich aufteilte und sich auch den Stab des Parlamentspräsidenten nach der Halbzeit der Legislatur in schöner Vorhersehbarkeit weiterreichte, gehören der Vergangenheit an. Es ist damit zu rechnen, dass eine künftige rechtspopulistische, europaskeptische Fraktion zweit- oder drittstärkste Kraft werden könnte. Konservative und Sozialisten werden also einen dritten Partner brauchen, um die Fünfzig-Prozent-Hürde zu nehmen – da bieten sich die um LREM-Abgeordnete erweiterten Liberalen an.