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Anschlag in Straßburg - Polizei erschießt Chérif Chekatt

Paris / Lesedauer: 4 min

Mehr als 700 Polizisten suchen in Straßburg und Umgebung nach dem mutmaßlichen Attentäter – Seine Spur verliert sich nach einer Taxifahrt
Veröffentlicht:13.12.2018, 20:23

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Der mutmaßliche Straßburger Attentäter Chérif Chekatt ist zwei Tage nach dem Terroranschlag in der elsässischen Metropole getötet worden. Das bestätigten Polizeikreise der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstagabend in Paris. Die französische Nachrichtenagentur AFP meldete, der 29-Jährige sei in Neudorf, einem Stadtviertel Straßburgs, getötet worden. Er habe auf Polizisten geschossen, die das Feuer erwidert hätten. Der Regionalzeitung „Les Dernières Nouvelles d'Alsace“ zufolge war er mit einer Schusswaffe und einem Messer bewaffnet. Näheres zum Hergang war zunächst unklar.

So verlief die Jagd auf Chérif Chekatt

Ein gelber Wohnblock mit seinen acht Stockwerken im Straßburger Stadtteil Poteries ist die letzte Adresse, unter der Chérif Chekatt lebte. Der 29-Jährige, der am Dienstagabend in der Altstadt drei Menschen getötet und 13 verletzt haben soll, war nun der meist gesuchte Mann Frankreichs.

Die Ermittler nehmen jetzt sowohl seine Familie als auch seine Freunde unter die Lupe. Die Eltern und zwei seiner Brüder sind seit Dienstagabend in Polizeigewahrsam. Die Polizei geht dem Fernsehsender France 2 zufolge aber davon aus, dass seine Angehörigen nichts von den Plänen Chekatts wussten. Am Mittwochabend veröffentlichte die Polizei ein Fahnungsfoto, auf dem ein dunkelhaariger Mann mit Bart und einem Mal auf der Stirn zu sehen ist. Es ist der Gebetsfleck der besonders gläubigen Muslime.

„Der Mann ist gefährlich, bitte nicht selbst eingreifen“, heißt es in dem auch auf Deutsch verfassten Zeugenaufruf. Chérif Chekatt, der selbst kein Wort deutsch sprechen soll, hatte in Deutschland wegen zwei Überfällen bis 2017 eine Haftstrafe verbüßt.

Weißt du, was ich getan habe? Ich habe Menschen getötet

Chérif Chekatt

Kurz vor dem Anschlag in Straßburg soll er laut RBB-Inforadio einen Anruf aus Deutschland erhalten haben, den er aber nicht annahm. Der Staatssekretär im Innenministerium, Laurent Nuñez, schloss nicht aus, dass der mutmaßliche Attentäter über die Grenze nach Deutschland geflohen ist. Die Grenzkontrollen nach Deutschland und in die Schweiz, wo der 29-Jährige ebenfalls schon im Gefängnis saß, wurden deshalb verstärkt. Mehr als 700 Polizisten sind in Straßburg auf der Spur des mutmaßlichen Angreifers, die sich im Stadtteil Neudorf hinter einer Garage verliert. Dorthin hatte ein Taxifahrer Chekatt gefahren. „Weißt du, was ich getan habe? Ich habe Menschen getötet. Als Vergeltung für unsere toten Brüder in Syrien“, sagte er auf der nur drei Minuten dauernden Tour laut Ermittlerkreisen, auf die sich France 2 beruft. „Die Polizei hat heute Morgen meine Wohnung durchsucht. Dabei haben sie eine Granate gefunden“, rühmte sich Chekatt, der dem Chauffeur eine Verletzung am Arm zeigte.

Der Taxifahrer meldete sich sofort nachdem er seinen gefährlichen Kunden abgesetzt hatte bei der Polizei. Er geht davon aus, dass sein Fahrgast ihn verschonte, weil er gläubiger Muslim ist. In seinem Auto hat er mehrere muslimische Symbole, unter anderem eine Gebetskette am Rückspiegel.

27-mal verurteilt

Chekatt war schon seit 2015 im Visier der Ermittler. Der 27 mal verurteilte Kriminelle wurde im Gefängnis zum radikalen Islamisten und galt als Gefährder, der wie rund 10 000 andere den Sicherheitsvermerk S trug. „Er wurde ziemlich ernsthaft beobachtet“, sagte Nuñez . Der Inlandsgeheimdienst soll das Telefon des Mannes abgehört und ihn beschattet haben. Unterbrochen wurde diese Beobachtung nur während der Haftzeit in Deutschland. Nach seiner Rückkehr nach Frankreich im vergangenen Jahr unternahm Chekatt im August zusammen mit drei Freunden einen Erpressungsversuch, bei dem sein Opfer schwer verletzt wurde. Die Staatsanwaltschaft Straßburg leitete Vorermittlungen wegen Totschlagsversuchs und Zugehörigkeit zu einer kriminellen Vereinigung ein.

Verhaftung stand an

Am Dienstagmorgen wollte die Polizisten die Bande festnehmen, schnappte aber nur drei der Mitglieder. Chekatt entkam. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung fanden die Beamten eine Granate, ein Gewehr, Munition und vier Messer. Zeichen, dass er im Namen der Terrormiliz „Islamischer Staat“ handelte, entdeckten die Polizisten aber nicht. Die Suche nach Chekatt erinnert die Franzosen an die Tage nach den Anschlägen auf die Satirezeitung „Charlie Hebdo“ in Paris . Damals dauerte es 53 Stunden, bis die Polizei die Täter, die Brüder Kouachi, aufgespürt hatte. Sie hatten sich in eine Druckerei in einem Vorort von Paris geflüchtet. Auch Chekatt könnte weiter in Straßburg sein. Der Taxifahrer sagte, sein Kunde habe sich gut ausgekannt, aber nicht gewusst, wo er hin solle.