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Integrationsthematik

"Integration ist keine Einbahnstraße"

Aulendorf / Lesedauer: 3 min

Landratsamt Ravensburg lädt zum Integrationskongress – Bildung und Teilhabe sind zentrale Themen
Veröffentlicht:13.06.2012, 18:45

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Integration ist schon lange kein Thema exklusiv für Großstädte und Ballungszentren mehr. Die Integrationsthematik ist längst auch im ländlichen Raum angekommen. Vor allem für die Stadt Ravensburg ein akutes Thema: Nach Schätzungen der Stadt haben 20 Prozent der Bevölkerung in Ravensburg einen Migrationshintergrund. Damit liegt die Große Kreisstadt im bundesweiten Durchschnitt. Viel, für einen ländlich geprägten Landkreis.

Darum veranstaltete das Landratsamt Ravensburg gestern einen Integrationskongress mit dem Thema „Auf dem Weg zum interkulturellen Miteinander“ im Kurhaus in Aulendorf . Geladen waren nicht nur Forscher und Politiker, sondern auch Bürger mit und ohne Migrationshintergrund. Knapp 100 Interessierte kamen dieser Einladung nach. Aulendorf sei genau der richtige Ort um einen Integrationskongress zu veranstalten, findet Bürgermeister Matthias Burth. Durch die Übergangswohnheime für Spätaussiedler, die es einst in Aulendorf gab, finde sich hier eine beachtliche Anzahl von russischstämmigen Mitbürgern. Integration ist allgegenwärtig

Aber nicht nur die Menge der Mitbürger mit Migrationshintergrund macht ein funktionierendes Integrationskonzept unabdingbar: Der demographische Wandel und der Rückgang der Bevölkerung machen es notwendig, dass auf das Potenzial der Migranten zugegriffen werden kann. So die Ergebnisse des Forschungs-Praxis-Projektes „Integrationspotenziale in kleinen Städten und Landkreisen“. Die Studie der Schader-Stiftung aus Dortmund betrachtete sechs ländliche Landkreise in ganz Deutschland – im Landkreis Ravensburg fiel positiv auf, wie viel bereits für die Integration getan wird. So haben die Städte Ravensburg und Leutkirch zum Beispiel eigene Ausländerbehörden. Im Landkreis findet außerdem jedes Jahr eine Einbürgerungsfeier statt, bei der der Landrat die Neubürger persönlich begrüßt. Dieser betonte in seinem Grußwort es sei zentral für erfolgreiche Integration, dass beide Seiten aktiv daran mitwirken: „Integration ist keine Einbahnstraße. Wir alle wollen, dass wir hier gut zusammen leben.“

Trotzdem sieht Manfred Stehle , Ministerialdirektor im Ministerium für Integration in Baden-Württemberg, dringenden Handlungsbedarf. So seien die Chancen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund auf einen höheren Bildungsweg wesentlich geringer als für Jugendliche ohne Migrationshintergrund: Von den 25- bis 35-jährigen ohne Migrationshintergrund hat fast die Hälfte Abitur, 15 Prozent einen Hauptschulabschluss. Bei derselben Gruppe mit Migrationshintergrund hat lediglich ein Drittel Abitur, ein weiteres Drittel den Hauptschulabschluss. Stehle zieht aus diesen Zahlen den Schluss: „Die Hauptschule ist derzeit die Schule der Migranten, das Gymnasium die Schule der Einheimischen.“ Durch diese Bildungsstruktur sei auch das Armutsrisiko der Zuwanderer wesentlich höher. Stehle versprach, „die Landesregierung wird ein Bündel an Maßnahmen ergreifen um dieser Entwicklung entgegenzuwirken.“ Teil dieses Bündels sollen Sprachförderung für Kinder und Mütter, mehr Plätze in Ganztagsschulen und eine individuelle Förderung von Kindern mit Migrationshintergrund sein.

Allein, die Förderung durch die Landesregierung kann nicht das einzige Mittel zur Integration sein. Ralf Zimmer-Hegmann vom Institut für Landes- und Stadtenwicklungsforschung in Dortmund gab darum dem Landkreis und den Kommunen eine Reihe von Lösungsansätzen mit auf den Weg: Unabdingbar sei es, die Integration strukturell zu verankern, also zum Beispiel gezielt Projekte zu fördern und Informationsgrundlagen zu schaffen. Eine weitere Möglichkeit könnte die Einbeziehung von Vereinen sein – diese haben zum Teil Nachwuchssorgen und könnten von der Integration profitieren. Außerdem müssten Kommunen Bildungspolitik als kommunale Aufgabe wahrnehmen. Zum Beispiel durch Bildungspartnerschaften. Durch gezielte Förderung und Vernetzung mit Migranten wären auch lokale Ausbildungsbetriebe vor einem drohenden Fachkräftemangel sicher.