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Southside 2018: So versorgen die „Rocker-Retter“ die Besucher

Ravensburg / Lesedauer: 3 min

Von Alkoholvergiftung bis zu sexueller Belästigung - ehrenamtliche Johanniter aus Ravensburg, Weingarten und Kißlegg kümmern sich beim Southside-Festival um die Verletzten. Ein Besuch im Sanitätszentrum.
Veröffentlicht:23.06.2018, 17:41

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Sie helfen, damit andere friedlich feiern können: Fast 500 Einsatzkräfte kümmern sich beim Southside um die medizinische Versorgung der Festivalbesucher. Den größten Teil des Sanitätsdienstes decken dabei die Johanniter ab, die für den Einsatz ehrenamtliche Helfer aus ganz Baden-Württemberg in Neuhausen ob Eck (Kreis Tuttlingen) zusammenziehen. Verstärkt werden sie von den Maltesern und der DLRG. Michael Kautt ist Zugführer der dritten Einsatzeinheit aus dem Landkreis Ravensburg.

Er ist dafür zuständig, an allen Festivaltagen den Überblick in der größten Unfallhilfstelle auf dem Gelände zu behalten. In Kautts Team arbeiten neben Ravensburger und Kißlegger Johannitern auch Malteser und THW-Kräfte aus Weingarten.

IMG_1060Einsatzkräfte aus Ravensburg, Weingarten und Kißlegg sind unter anderem als Ehrenamtliche dabei.
IMG_1060Einsatzkräfte aus Ravensburg, Weingarten und Kißlegg sind unter anderem als Ehrenamtliche dabei. (Foto: Jasmin Off/Jasmin Off)

Wer zu den Johannitern kommt, hat in der Regel zu wenig Wasser getrunken - was bei Festivals im Sommer sehr oft vorkommt. „Manche Fans wollen ihre Lieblingsband sehen und harren dann stundenlang in der ersten Reihe aus. Da reicht ein Becher Wasser dann aber nicht“, sagt Kautt. Andere hingegen trinken zuviel. Während Kautt ein Blick hinter die Kulissen gewährt, wird im Aufnahmebereich der Unfallhilfsstelle ein junger Mann mit „Mischintoxikation“ eingeliefert. Zuviel Alkohol. „Im Verhältnis den 60000 Besuchern machen die Alkoholvergiftungen einen geringen Teil unserer Einsätze aus“, sagt Kautt.

Wer schlimmer verletzt ist, kommt ins Krankenhaus

Nachdem die Patienten erfasst werden und mit Edding eine Patientennummer auf ihren Handrücken geschrieben bekommen, werden sie weiterverteilt - wer nur einen Verband oder ein Pflaster braucht, kommt in eine mobile "Praxis" vor Ort, wer hingegen schwerer angeschlagen ist, kann vom Arzt durchgecheckt und versorgt werden. Wer noch umfassendere Hilfe braucht, für den wird eine Fahrt ins Krankenhaus organisiert. Mit ungefähr 60 bis 80 Transporten übers Wochenende rechnet Kautt. Beim Herumspringen vor der Bühne kann man sich durchaus schlimmere Verletzungen zuziehen - vom gebrochenen Sprunggelenk bis zur ausgekugelten Schulter.

IMG_1060Einsatzkräfte aus Ravensburg, Weingarten und Kißlegg sind unter anderem als Ehrenamtliche dabei.
IMG_1060Einsatzkräfte aus Ravensburg, Weingarten und Kißlegg sind unter anderem als Ehrenamtliche dabei. (Foto: Jasmin Off/Jasmin Off)

Die einstelligen Temperaturen in der Nacht zum Samstag haben die Johanniter hingegen nicht besonders gefordert. Die meisten Besucher waren wohl gut auf die Kälte vorbereitet. Zudem hat es nicht geregnet - es gab schon schlechteres Southside-Wetter. So etwa vor zwei Jahren, als das Festival am Freitagabend von einem heftigen Unwetter getroffen wurde. Weil die Schäden auf dem Gelände so groß waren, wurde es dann am Samstagmorgen abgebrochen. „Das war heftig“, sagt Kautt. Kein alltäglicher Einsatz für die Helfer.

"Panama" ist Codewort für sexuelle Belästigung

Gut etabliert hat sich laut Zugführer Kautt die Hilfe-Formel „Wo geht‘s nach Panama?“ Mit diesem Codewort können sich Frauen und Männer, die sich belästigt oder bedrängt fühlen, in einen geschützten Bereich bringen lassen. Die Fälle würden nicht protokolliert, sondern vertraulich behandelt, sagt Kautt. Darum gebe es keine genauen Zahlen.

Die "Rocker-Retter" sind Tag und Nacht bei Festival im Einsatz.
Die "Rocker-Retter" sind Tag und Nacht bei Festival im Einsatz. (Foto: Jasmin Off/Jasmin Off)

Kautt, der hauptberuflich als Maschinenbauingenieur arbeitet, ist am Wochenende, wie alle Johanniter, ehrenamtlich dabei  - einige nehmen sogar Urlaub. Aber auch hauptberufliche Sanitäter opfern für das Southside ihre Freizeit. Doch der Einsatz macht Kautt und seinen Kollegen großen Spaß. Denn das Southside ist ein sehr friedliches Festival - und die Besucher sind dankbar für die kostenlose und unbürokratische Hilfe.